Fürstenfeldbruck:Gefälschter Steuerbescheid

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Amtsgericht verurteilt 42-Jährigen zu 22 400 Euro Strafe

Von Ariane Lindenbach, Fürstenfeldbruck

Zu 22 400 Euro Geldstrafe ist ein 42 Jahre alter Steuerberater aus dem östlichen Landkreis verurteilt worden, weil er einen Steuerbescheid des Finanzamts gefälscht haben soll. Der Staatsanwaltschaft zufolge wollte er einen eigenen Fehler vertuschen.

Der Mann hatte für eine Bekannte die Steuererklärung übernommen. Den Bescheid des Finanzamts ließ er dann aber offenbar liegen. Weil die Frau nicht fristgerecht ans Finanzamt zahlte, wäre eine Säumnisgebühr von 10,50 Euro fällig geworden. Um seinen Fehler zu vertuschen, soll der Steuerberater das Datum auf dem Bescheid gefälscht haben, bevor er es an die Frau schickte.

Vielleicht wäre die ganze Sache gar nicht aufgeflogen, wenn die 80-Jährige, für die der seit 20 Jahren als angestellter Steuerberater tätige Angeklagte nebenberuflich die Steuern machte, nicht ausgerechnet im relevanten Zeitraum im Sommer 2015 verstorben wäre. So aber landete das falsche Dokument in den Händen der Adoptivtochter. Da die Frau wenige Tage nach dem Tod ihrer Adoptivmutter im August nicht wusste, wer diese beerben würde, wandte sie sich wegen eines Stundungsantrags ans Finanzamt. Dort wurde man stutzig. Der Sachbearbeiter erinnerte sich im Gerichtssaal, dass er die Anruferin damals gebeten habe, ihm den Bescheid zu faxen. Ihm seien dann schnell Unregelmäßigkeiten aufgefallen. So stimmten die Daten des übermittelten Bescheids nicht mit den Aufzeichnungen des Amts überein. Die Fristen für Einspruch und Zahlungen hätten nicht zusammengepasst. Der Finanzbeamte erläuterte, dass ein Großteil der Datenverarbeitung automatisiert ist - vom Herausschicken der Bescheide bis hin zu Vermerken, etwa wenn eine Stundung gewährt oder ein zweiter Bescheid herausgeschickt wird. Zu dem fraglichen Steuerbescheid habe sich nichts im System gefunden, versicherte der Zeuge und ergänzte: "Mehrere Kollegen haben sich das angeschaut und gesagt, sie haben das Gefühl, das stimmt nicht."

Die Erläuterungen des Finanzbeamten ließen kaum mehr Zweifel am Sachverhalt - und an der Schuldfrage. Der Vorsitzende Johann Steigmayer unterbrach die Sitzung, damit der Angeklagte sich mit seinem Verteidiger beraten konnte. Dahinter stand die Hoffnung auf ein Geständnis, das sich strafmildernd für den Angeklagten auswirken würde. Doch auch das sich anschließende Rechtsgespräch der Prozessbeteiligten brachte keine Einigung.

Als weitere Zeugen vernommen wurden deshalb der Verfahrensleiter für Software in der Münchner Zentrale des Finanzamts, die für die automatischen Abläufe im Fürstenfeldbrucker Finanzamt zuständige Mitarbeiterin sowie die ermittelnde Polizistin, die mit dem Staatsanwalt die Hausdurchsuchung beim Angeklagten gemacht hatte. Alle drei belasteten den Steuerberater zusätzlich. So wurde deutlich, dass ein Bescheid laut dem zentralen Rechenzentrum des Finanzamts in Nürnberg nicht in der beim Gericht vorliegenden Form verfasst worden sein kann - weil die Fristen zeitlich nicht zusammenpassen. Auch der "exorbitante Poststreik", den der Verteidiger immer wieder als mögliche Erklärung für das verzögert zugestellte zweite, inzwischen nachweislich gefälschte Schreiben anführte, ist als Fehlerquelle eliminiert.

"Ich komme an den Fakten einfach nicht vorbei", resümierte der Staatsanwalt. Es gebe "überhaupt keinen Zweifel", dass der zweite Bescheid gefälscht ist. Und es gebe außer dem Angeklagten niemanden, der ein Motiv für eine Fälschung habe. Er beantragte 210 Tagessätze à 200 Euro. Der Verteidiger bemängelte, der Sachbearbeiter des Steuerbescheids sei nicht als Zeuge vernommen worden und forderte einen Freispruch. Doch auch der Vorsitzende hatte "keinerlei Zweifel" an der Schuld des Angeklagten. Die These, ein Sachbearbeiter am Finanzamt fälsche einen Steuerbescheid, nannte er "absurd". Mit seinem Urteil, 140 Tagessätze zu je 160 Euro, blieb er unter dem Antrag des Staatsanwalts - und betonte, dass ein Geständnis "erheblich strafmildernd" gewesen wäre.

Ob das ihm unterstellte Fehlverhalten für den Steuerberater berufliche Konsequenzen hat, darüber wird die Steuerprüferkammer in einem gesonderten Verfahren entscheiden.

© SZ vom 28.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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