Fürstenfeldbruck:Für fünf Euro die Natur retten

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Im Fußbergmoos pflegen Mitglieder des Landesbundes für Vogelschutz Wiesenflächen. (Foto: Johannes Simon)

Die Kreisgruppe des Landesbundes für Vogelschutz sammelt für die Landschaftspflege

Von Peter Bierl, Fürstenfeldbruck

"Schon mit fünf Euro können wir 50 Quadratmeter Natur im Landkreis retten." Es ist ein verlockendes Angebot, das die Kreisgruppe des Landesbundes für Vogelschutz (LBV) allen umweltbewussten Zeitgenossen macht, um ihnen eine Spende zu entlocken, wenngleich nicht so unwiderstehlich wie vor Jahren, als eine Brauerei versprach, mit jeder Flasche Bier, die man entkorke, würde ein Stück Regenwald gerettet.

Saufen gegen den Klimawandel, volle Dröhnung zur Rettung der Welt? Auch bei der LBV-Spendenaktion stellen sich ein paar grundlegende Fragen, wie das funktionieren soll. Wo soll es im Landkreis noch Natur im Sinne von wild und unberührt geben, nachdem die ganze Region seit Jahrtausenden von Menschen als Kulturlandschaft genutzt wurde. Oder ließe sich gar für etwa 43,5 Millionen Euro der ganze Landkreis wieder in einen Urwald oder eine Steppe verwandeln?

Tatsächlich verhält es sich doch etwas anders als der Slogan des LBV suggeriert. Der Naturschutzverband besitzt einige Flächen im Landkreis, teils gekauft, teils nur gepachtet, insgesamt etwa 27 Hektar. In der Regel handelt es sich nicht um Ackerboden, sondern um Wiesen, die als Weide genutzt wurden, wie die Streifen längs der Bahn zwischen Schöngeising und Grafrath, die früher von Schafen abgeweidet wurden, damit der Funkenflug von Dampfloks kein Feuer entfachte.

Die größte einzelne Fläche liegt im Fußbergmoos, dort wurde einst Torf abgebaut. Das Areal war zuerst feucht und wurde später trockengelegt. Dazu gibt es einige Parzellen bei Türkenfeld und in der Rothschwaige, erzählt Uschi Anlauf, Geschäftsstellenleiterin der LBV-Kreisgruppe. Diese Flächen sind teilweise mit Büschen wie Brombeeren bewachsen, teilweise haben sich dort Neophyten angesiedelt wie Goldrute oder Springkraut, meistens sind zu viele Nährstoffe im Boden.

Mitglieder des LBV mähen diese Flächen deshalb regelmäßig und transportieren den Schnitt ab, oder sie roden die Flächen, so dass nährstoffärmere Flächen entstehen, auf denen sich Pflanzen ansiedeln, deren Blüten Schmetterlinge und Insekten anlocken. Die Mahd muss regelmäßig wiederholt werden, damit so eine Blühwiesen erhalten bleibt. Anlauf räumt ein, dass von Natur eigentlich nicht die Rede sein kann, denn Natur ist nicht statisch, sondern verändert sich. Die natürliche Sukzession auf solchen Flächen wird durch die Eingriffe des Menschen eben gerade verhindert. Gemeint ist die zeitliche Abfolge von Pflanzen-, Tier- oder Pilzgesellschaften auf einer Fläche. Überließe man die Wiesen sich selbst, würden dort allmählich Büsche sprießen.

Der Aufwand, die Geräte und das Material, manchmal ein Zaun kosten Geld, sagt Anlauf. Dafür werden die Spenden verwendet. Korrekt müsste der Slogan des LBV also lauten, mit fünf Euro wird die Pflege von 50 Quadratmeter Kulturlandschaft im Landkreis ein Jahr lang finanziert. Klingt aber nicht so rund und grandios wie die Suggestion, mit einer kleinen Spende ließe sich tatsächlich ein Stück Natur retten. Wichtig und sinnvoll ist die Aktion dennoch.

Abgase von Autos und Fabriken sowie Stickstoffe aus der industriellen Landwirtschaft gelangen durch die Luft auf vormals karge Flächen. Die meisten seltenen Pflanzen sind jedoch gerade auf nährstoffarme Flächen wie Sümpfe, Moore oder Trockenrasen angewiesen, von ihnen leben wiederum die Insekten, deren dramatischer Rückgang unlängst nachgewiesen wurde. So müssen Naturschützer nun auch im Landkreis blühende Wiesen für Insekten von Hand anlegen. Dafür haben sie Respekt und Unterstützung verdient. Dass ihre Arbeit die fortlaufende Umweltzerstörung nicht einmal abbremsen kann, ist schließlich nicht ihre Schuld.

© SZ vom 20.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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