Fürstenfeldbruck:Frischer Wind für die Windkraft

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Landrat will Gespräche mit Bürgermeistern für ein interkommunales Standortkonzept fortsetzen

Von Gerhard Eisenkolb, Fürstenfeldbruck

Muss mit dem Urteil des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs, das die umstrittene 10-H-Abstandsregelung für rechtens erklärte, das in jahrelanger Arbeit entwickelte interkommunale Standortkonzept für den Bau von Windkraftanlagen im Landkreis in die Tonne getreten werden? Diese Ansicht vertritt der unabhängige Kreisrat Max Keil, der Umwelt- und Energiereferent des Kreistags. Landrat Thomas Karmasin (CSU) ist gegenteiliger Meinung. Er verbindet mit dem Urteil die Botschaft, "es geht weiter". Da nun Rechtssicherheit bestehe, könne zielstrebig am Windkraftkonzept weitergearbeitet werden, meint er. "Wir wollen schauen, ob es konsensfähige Standorte gibt", die die Vorgabe der 10-H-Regelung nicht einhalten, stellt Karmasin optimistisch fest.

Eingeweiht von den Bürgermeistern von Fürstenfeldbruck und Maisach, Erich Raff und Hans Seidl, und Landratsstellvertreterin Martina Drechsler. (Foto: Günther Reger)

Während Keil davon spricht, dass der Freistaat eine der wenigen regenerativen Energieerzeugungsmöglichkeiten zum Erliegen gebracht habe, hofft der Landrat, dass zu den zwei Rotoren zwischen Puch und Mammendorf weitere hinzukommen. Bei Anwendung der 10-H-Formel hätten die Windkraftanlagen der Stadtwerke Fürstenfeldbruck nicht genehmigt werden dürfen. Laut Karmasin könnte an zwei oder drei Standorten im Landkreis selbst unter Berücksichtigung der 10-H-Regelung noch gebaut werden. Wichtiger ist ihm jedoch der Hinweis, der Abstand könnte auch geringer sein, sofern es dafür in einem Gemeinde- oder Stadtrat eine Mehrheit gibt. Innerhalb des Mindestabstands können Kommunen nämlich Windkraftanlagen über ihre Planungshoheit dann genehmigen, wenn sie für diesen Zweck einen sogenannten vorhabenbezogenen Bebauungsplan aufstellen. Gegen einen solchen Bebauungsplan müssten Windkraftgegner Rechtsmittel einlegen. Nur unter Berufung auf die 10-H-Formel wäre das Vorhaben dann nicht mehr zu stoppen. Der Landrat setzt darauf, dass nun Gemeinden solche vorhabenbezogenen Bebauungspläne aufstellen. Dafür genügt die Mehrheit in einem Gemeinderat. Auf dieser Grundlage sollen die Gespräche mit den Bürgermeistern zur Weiterentwicklung des Windkraft-Standortkonzepts fortgesetzt werden. Da aber 10 H in den Köpfen drin ist, erschwert das die Debatten. "Den richtigen Glauben zu verkünden, fällt dem Pfarrer vor Ort schwer, wenn der Bischof in München 10 H sagt", stellt Karmasin dazu fest. Mit ihrer Entscheidung hat die Staatsregierung den Ärger letztlich kommunalisiert, indem sie die Verantwortung für den Bau der umstrittenen Rotoren an Gemeinden und Städte delegierte.

Bevor Ministerpräsident Horst Seehofer im November 2014 mit der 10-H-Formel die Windkraftdebatte auch im Landkreis vorläufig beendete, hatten Landratsamt, Bürgermeister, Planer und Bürger über 14 größere Flächen mit möglichen Standorten für jeweils mehrere Windräder diskutiert. Noch vor drei bis vier Jahren befanden sich drei Windräder in der Planung und weitere drei bei Kottgeisering in der Vorplanung. Der Energiewendeverein Ziel 21 verfolgte damals noch das Ziel, 22 Prozent des Strombedarfs im Kreis mit Windkraft zu decken.

Alexa Zierl, Vorsitzende von Ziel 21 und Fürstenfeldbrucker Stadträtin der Grünen, gibt sich "optimistisch", wie sie sagt. Die ersten beiden Rotoren bei Puch und Mammendorf würden nämlich belegen, dass die Anlagen nicht störten, dass Windkraft im Landkreis funktioniere und dass Gemeinden als Beteiligte damit sogar noch Geld verdienen könnten. Zierl wünscht sich, dass nach dem Urteil des Verfassungsgerichtshofs nun nach dem Vorbild des Zusammenschlusses der Stadtwerke und der Stadt Bruck mit Mammendorf und Maisach weitere interkommunale Windkraftanlagen entstehen. Interessierte Gemeinden gebe es. Eine mit der 10-H-Regel verbundene Vorgabe kippte der Verfassungsgerichtshof sogar. Der Freistaat hatte Nachbargemeinden ein Vetorecht eingeräumt, was sich als nicht haltbar erwies. Ihren Optimismus bezieht Zierl jedoch auf einen längeren Zeitraum als fünf Jahre, vorher werde sich kaum etwas tun. Wegen der Änderung der Vergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) hätten Standorte im Landkreis gegen die besseren in Norddeutschland keine Chance. Wird der Vergütungssatz über Ausschreibungen bestimmt, zieht der Landkreis laut Zierl vorerst den Kürzeren.

© SZ vom 21.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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