Fürstenfeldbruck:Flüchtlingsgeld unterschlagen

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Amtsgericht verurteilt ehemaligen Betreuer zu 900 Euro Geldstrafe

Von Ariane Lindenbach, Fürstenfeldbruck

Er sollte mit minderjährigen Flüchtlingen Kleidung kaufen. Dafür bekam ein ehemaliger Mitarbeiter des Landratsamtes Geld von seinem Arbeitgeber. In einem Fall hat der 46-Jährige jedoch das Restgeld - 234 Euro - nicht seinen Schützlingen anderweitig zugute kommen lassen oder es an die Kreisbehörde zurückgegeben. Davon ist ein Amtsrichter am Dienstag nach vier Stunden Verhandlung überzeugt. Er spricht den Familienvater, der wegen des Vorwurfs seine Beschäftigung verloren hat, wegen veruntreuender Unterschlagung schuldig und verhängt 900 Euro Strafe.

"Ich habe nie von denen Geld behalten", versichert der Angeklagte. Wie er erläutert, hatte er damals, im Sommer 2015, in kurzer Zeit etwa 300 sogenannte unbegleitete minderjährige Flüchtlinge betreut und stets Geld vom Landratsamt für sie bekommen - für Kleider, Busfahrten, Taschengeld. Das Amt habe ganz unbürokratisch Pauschalen ausgegeben und keine Quittungen verlangt. Allerdings sollte der frühere Objektbetreuer einer Flüchtlingsunterkunft von den 100 Euro Kleidergeld, das er für jeden Flüchtling zur Verfügung hatte, höchstens vier Euro bar ausbezahlen. Deshalb, erklärte der 46-Jährige, habe er, wenn von der Pauschale mehr übrig war, den Jugendlichen Geld zweckgebunden für den Friseur oder einen Döner gegeben. Einmal habe er auch von mehreren das Restgeld gesammelt und auf ihren Wunsch ein Handy besorgt, damit sie ihre Familien anrufen konnten.

"Von diesen zehn Jugendlichen haben neun ausgesagt, sie haben für weniger als 100 Euro eingekauft und der Angeklagte hat ihnen das Restgeld nicht ausbezahlt", fasst ein Polizeibeamter das Ergebnis seiner Vernehmung zusammen. Die Verteidigerin moniert, dass damals kein Dolmetscher dabei war. Einige der Flüchtlinge bestätigen vor Gericht, dass ihnen der Angeklagte das Restgeld nicht gegeben habe. Bei genauerem Nachfragen, meist durch die Verteidigerin, berichten drei, dass ihnen der 46-Jährige Geld für den Friseur gegeben hatte. Einer bestätigt, dass dieser für ein Gemeinschaftshandy Geld gesammelt hatte. Frühere Kollegen des Angeklagten schildern, dass dieser immer korrekt gewesen sei und sie sich eine Unterschlagung nicht vorstellen können. Einer spekuliert über Mobbing: "Ich weiß, dass der Angeklagte hinter Unregelmäßigkeiten gekommen ist, die von einem Kollegen in Rechnung gestellt wurden."

Der Staatsanwalt und Richter Martin Ramsauer sind mangels Belegen von der Schuld des Angeklagten aber überzeugt. "Es hat sich tatsächlich schlimmer dargestellt als ursprünglich angeklagt", verweist der Staatsanwalt auf Schilderungen der Jugendlichen, der Mann habe ihnen beim Klamottenkauf keine Zeit gelassen. Er beantragt 90 Tagessätze zu je 20 Euro. "Keiner dieser Jugendlichen hat mit der erforderlichen Sicherheit sagen können, ob das Geld den Jugendlichen auf anderem Weg zugeflossen ist", kontert die Verteidigerin und fordert einen Freispruch. Der Vorsitzende verurteilt den 46-Jährigen zwar und erhöht gegenüber dem Strafbefehl die Zahl der Tagessätze von 50 auf 60. Da er zugleich den Tagessatz von 50 auf 15 Euro senkt, fällt jedoch die Geldstrafe niedriger aus.

© SZ vom 23.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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