Fürstenfeldbruck:Flanieren statt fahren

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Das Verkehrsforum will den jahrelangem Dornröschenschlaf bei der Umgestaltung der Augsburger Straße beenden. Die soll mit beidseitigen Radwegen und Alleebäume sowie Kreisverkehren aufgewertet werden

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Radweg sowie Radschutzstreifen entlang einer durchgehend zweispurigen Augsburger Straße und Kreisverkehre anstelle der Kreuzungen rund ums Rathaus - das fordert das Verkehrsforum. Die Gruppe um Sprecher Thomas Brückner, die sich seit 1992 für Fußgänger, Radfahrer und einen attraktiven öffentlichen Nahverkehr einsetzt, belebt damit eine Debatte, die sanft eingeschlafen zu sein schien. Konzepte wurden auch im Stadtrat mehrmals vorgelegt, Entscheidungen aber immer wieder vertagt.

Gemeinsam mit den Stadträten Alexa Zierl (Die Partei und Frei) und Verkehrsreferent Mirko Pötzsch (SPD) sowie Adi Stumper vom Kreisverband des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs stellte Brückner jüngst das Konzept für die Innenstadt vor. Ein entsprechendes Schreiben ging auch Oberbürgermeister Erich Raff zu.

Brückner ist eine gewisse Frustration anzumerken. Bei zahlreichen Projekten im Verkehrsbereich gehe in Bruck nichts voran, vieles werde "verschleppt und abermals verschleppt". Mal liegt es an der monatelang nicht besetzten Stelle des städtischen Verkehrsplaners, dann wartet man vergeblich auf den großen Wurf eines Verkehrsentwicklungsplans. Oder Pläne werden als nicht praktikabel eingestuft und verschwinden in der Schublade. Brückner listet zahlreiche Baustellen auf, wie etwa das Gebiet rund ums Schulzentrum am Tulpenfeld. Pläne für den Ausbau der Augsburger Straße gebe es seit 2005, bislang ohne Aussicht auf Umsetzung.

Das soll sich nun ändern, das Verkehrsforum will Druck machen und die Politik sowie das für die Bundesstraße 2 zuständige Straßenbauamt Freising mit weit gediehenen Vorschlägen unter Zugzwang setzen. Mit eigenen Vorschlägen soll einer "schlechteren Planung" der Baubehörden zuvorgekommen werden. Auch deshalb, weil gerade die Augsburger Straße für Radfahrer als Unfallschwerpunkt ausgemacht worden ist. Brückner sieht in der Ausfahrt des Supermarkts auf Höhe des Brauhauses sowie in der nahen Kreuzung mit der Marthabräu- und Kapellenstraße, an der der einseitige Radweg Richtung Innenstadt endet, neuralgische Punkte. "Viele Kinder fahren da einfach auf dem Gehweg weiter und viele Erwachsene auch", stellt er fest.

Vor vier Jahren räumte der Verkehrsausschuss des Stadtrates dem Bereich Priorität ein. Das Bauamt empfahl, bis zur Sanierung der Augsburger Straße vorübergehend Schutzstreifen auf der Fahrbahn zu markieren. Dann aber, so erinnert sich Alexa Zierl, habe ein mit Experten aus Ordnungsamt und Polizei besetztes Fachgremium bei einer Verkehrsschau festgestellt, dass der Zustand der Fahrbahn zu schlecht für Radfahrer sei. Das Projekt wurde wieder auf Eis gelegt. Und weil beim Straßenbauamt Freising seit 2010 nichts vorangeht bei der Sanierung der Augsburger Straße, bleibe wieder alles beim Alten, stellt Pötzsch fest.

Nach Überzeugung des Verkehrsforums ist es möglich, die Augsburger Straße von Malchinger Straße/Am Ährenfeld im Norden bis Dachauer Straße/Hauptstraße im Süden mit beidseitigen, mindestens zwei Meter breiten Radwegen oder stadteinwärts zumindest mit einem Radschutzstreifen auszustatten. "Alles andere wäre Flickwerk", findet Brückner. Er räumt ein, dass das an der Augsburger Straße den Verlust mehrerer Autostellplätze bedeuten würde, hält dies aber aus Gründen der Verkehrssicherheit für vertretbar.

Das Verkehrsforum denkt über die Radwege hinaus. Es gelte, die Augsburger Straße im Innenstadtbereich attraktiver zu gestalten: aus der mehrspurigen Asphaltwüste soll ein schönes "Entree der Stadt" werden. Durch Kreisverkehre könnte der Verkehr zudem verflüssigt werden. Voraussetzung: Es fahren nicht zu viele Autos zur gleichen Zeit ein. Verkehrsexperte Christian Lademacher hatte sich da bereits 2011 vorsichtig optimistisch geäußert. Morgens und abends würden sich im Idealfall keine Staus mehr auf der Hauptstraße bilden, in denen bislang auch die Busse hängen bleiben. Vor allem direkt am Rathaus wird es für einen Kreisverkehr mit den üblichen 26 Metern Durchmesser freilich eng. Auf Höhe der Maisacher Straße wäre es einfacher. Gleiches gilt für die Kreuzungen mit der Schöngeisinger Straße und am Abzweig zur Staatsstraße 2054 Richtung Neu-Lindach, auf die Brückner das Konzept gerne ausweiten würde. Die Kreisverkehre müssten an allen Abzweigen mit Zebrastreifen nebst Mittelinseln ausgestattet werden. Ganz auf Druckknopfampeln verzichten kann man mit Blick auf Sehbehinderte aber wohl auch nicht.

Brückner, Zierl, Pötzsch und Stumper wollen Bürgern und Geschäftsleuten die Umgestaltung nebst Reduzierung auf zwei Fahrspuren schmackhaft machen. Zierl nennt die Kapuzinerstraße in München als Beispiel. Auch dort habe es von Ladenbesitzern zunächst große Vorbehalte gegen die verkehrsberuhigende Umgestaltung gegeben. Letztlich hätten sich aber auch für sie die Maßnahmen ausgezahlt - "und alle waren zufrieden".

Ähnliches Bild in der Stadt Dachau: Dort wurde die Innere Münchner Straße von vier auf zwei Fahrstreifen reduziert - es wurden Mittelinseln für querende Fußgänger eingebaut und Schutzstreifen für Radfahrer markiert. Die erste Skepsis wich nach einem einjährigen Probebetrieb der Erkenntnis, dass es kaum zu größeren Staus als bisher kommt und die Zahl der Unfälle zurückging. 62 Prozent der Bürger sprachen sich 2017 in einer Befragung für den Beibehalt der Maßnahmen aus. Dachau kam diesem Wunsch nach und will nun auch andernorts bewusst den Radfahrern Vorfahrt einzuräumen, den Autoverkehr bremsen und im Zweifelsfall auf Auto-Stellplätze verzichten.

Brückner schwebt ein ganz ähnliches Konzept vor. Er denkt bereits weiter, wünscht sich Alleebäume und breite Gehsteige an der Augsburger Straße, die zum Bummeln einladen. Und er könnte sich vorstellen, die Einmündung zur Maisacher Straße für den Durchgangsverkehr ganz zu schließen und an der Schöngeisinger und Pucher Straße verkehrsberuhigte Bereiche zu schaffen.

© SZ vom 02.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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