Fürstenfeldbruck:Fesselnde Intimität im Stadtsaal

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Duoabend mit Lena Neudauer und Paul Rivinius

Von KLAUS MOHR, Fürstenfeldbruck

Wenn es während der Musik keinen noch so kleinen Hustenreiz bei den Zuhörern gibt, dann ist dies eine klare Botschaft, dass die Interpretation so spannend sein muss, dass die Zuhörer alles neben der Musik vergessen. So war es zu erleben beim Abend der Fürstenfelder Konzertreihe am Samstag im voll besetzten Stadtsaal, zu dem die Geigerin Lena Neudauer und der Pianist Paul Rivinius gastierten. Auf dem Programm standen Werke von Wolfgang Amadeus Mozart, Maurice Ravel und Robert Schumann.

Mozarts Sonate für Klavier und Violine in G-Dur KV 379 ist ein in vielerlei Hinsicht besonderes Werk. Der Pianist stellte den Beginn im Eingangssatz (Adagio) als gewichtige Aussage vor, die wie ein Instrumentalrezitativ gestaltet war. Erst dann griff die Geige ins Geschehen ein und variierte das Gehörte, blieb aber doch die ganze Zeit im Gefolge des Klaviers. Vermutungsweise stellte Mozart die Sonate dem Wiener Publikum vor, um auf sich selbst aufmerksam zu machen. Insofern kommt dem Pianisten hier eine bevorzugte Stellung zu, und Paul Rivinius war sich seiner Führungsrolle gut bewusst. Das galt zum Beispiel für die Phrasierung in beiden Händen, die er wie Sentenzen einer textlichen Botschaft nahm. Es galt aber auch für die Begleitfiguren, die nie nebensächlich oder selbstverständlich gerieten, sondern immer mit großer Aufmerksamkeit bedacht waren. Auf diese Weise entspann sich ein hochkonzentriertes Spiel zwischen beiden Partnern, das den Zuhörer allein schon durch den Abwechslungsreichtum der Komposition in jedem Augenblick gefangen nahm.

Für den folgenden Variationensatz galt die Aufgabenverteilung in gleicher Weise, auch hier dominierte das Klavier. Beglückende Momente entstanden, als der Pianist in wunderbarer Leichtigkeit ganz perlende Spielfiguren aus den Tasten zauberte. In der Adagio-Variation entführte er seine Zuhörer unter sanften Pizzicato-Klängen der Geige ätherisch in eine ganz andere Welt. Ein ganz anderes Klangbild erwartete das Publikum in der Sonate für Violine und Klavier in G-Dur von Maurice Ravel. Zwar begann auch hier der Kopfsatz Allegretto mit dem Klavier, aber mit dem Eintritt der Violine wurde deutlich, dass hier zwei vollkommen gleichberechtigte Partner agierten. Oft schien es zunächst, als ob die Stimmen der beiden Instrumente mehr nebeneinander als miteinander komponiert wären, doch wurde an einer Art Kommentarfunktion des Klavierparts immer wieder deutlich, dass hier vielmehr eine ganz neuartige Beziehung realisiert wurde. Der zweite Satz, mit "Blues" überschrieben, war keine Anbiederung an das klangliche Vorbild, sondern eine eigenständige Auseinandersetzung auf intellektuellem Niveau mit hoher klanglicher Raffinesse. Nuancierte Spannungen ergaben sich auf rhythmischer Ebene durch die sehr klar geführte Klavierlinie und die mit gespielter Lässigkeit dagegen gesetzte Violinstimme, auf klanglicher Ebene durch die vielen Glissandi, die mit den eindeutigen Klaviertönen konkurrierten.

Robert Schumanns sehr anspruchsvolle Sonate für Klavier und Violine in d-Moll op. 121 steckte in der Interpretation hier voller Kraft und Energie, durch die Leidenschaft spürbar wurde. Das galt für den raschen Teil des Eingangssatzes genauso wie für den dritten Satz, der in seiner an der Hörgrenze angesiedelten Dynamik wie ein Gute-Nacht-Lied anmutete. Der im Programm versehentlich nicht ausgedruckte Finalsatz ("bewegt") führte in bebenden, aber nie zu lauten Klangfiguren den dramaturgischen Bogen im Stück organisch zu Ende.

Nach diesem Stück kam begeisterter Beifall auf, der durchsetzt war mit Bravo-Rufen. Mit dem Stück Syncopation von Fritz Kreisler als Zugabe rekurrierten die Musiker auf den Ragtime, der wie der Blues ein wichtiger Impulsgeber für den Jazz war.

© SZ vom 23.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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