Fürstenfeldbruck:Fallstricke im Cyberspace

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Zwei Experten machen beim Brucker Wirtschaftsempfang klar, dass viele Unternehmen bis heute die Sicherheitsrisiken unterschätzen

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Ohne Internet geht heute fast nichts mehr. Die Schattenseite: Durch Lücken bei der Datensicherheit schlüpfen Viren und Trojaner. Fachkundigen Erpressern gelingt es mit Hilfe der nötigen Technik, allzu eingängige Passwörter in weniger als einer Sekunde zu knacken. Zwei Experten haben am Donnerstag beim Wirtschaftsempfang der Kreisstadt im Veranstaltungsforum eindrucksvoll gezeigt, was geht und wie man sich wehren kann. Klar machten sie vor den etwa 130 Vertretern der örtlichen Unternehmen aber auch, dass es hundertprozentige Sicherheit nie geben wird. Denn Kriminelle sind erfinderisch und ersinnen immer neue Wege, um ihr Wissen zu versilbern - oder für politische Ziele zu missbrauchen.

Mit einem echten Aha-Effekt bereitet der Sicherheitsexperte Leon Klein von der Firma 8Com den Boden für seinen Vortrag über den "Tatort WWW": Er hat ein kleines schwarzes Kästchen mit zwei Stummelantennen mitgebracht. Damit nimmt er Kontakt zu allen eingeschalteten Handys der Besucher auf. Die Liste mit dem Modell und den teils von den Besitzern vergebenen Namen, wie etwa "Manfreds I-Phone" flirrt in grüner Schrift und endlosen Zeilen über den schwarzen Bildschirmhintergrund. Es sei ein Trugschluss, dass das Handy in der Hosentasche unsichtbar sei, sagt Klein. Richtig gefährlich wird es, wenn Hacker nicht nur an Mail-Adresse oder Benutzername bei Bezahldiensten wie Paypal oder Bankkontos kommen, sondern auch noch das Passwort ausspionieren. Dann können sie aus der Ferne die Kontrolle übernehmen. Klein rät allen Nutzern, für verschiedene Dienste zumindest leicht abgewandelte Versionen eines komplexen Passworts zu benutzen. Dieses sollte aus mindestens zwölf Zeichen bestehen, vorkommen sollten große und kleine Buchstaben, Sonderzeichen sowie Zahlen. Merken könne man sich das in Form eines Satzes, von dem man jeweils nur die ersten Buchstaben, die Zahlen sowie die Satzzeichen zum Passwort zusammenfügt.

Für Firmen kann eine Attacke existenzgefährdende Ausmaße annehmen. Vor allem für jene, die ihre Hardware auch dann noch nutze, wenn es gar keine Updates für die Software mehr gibt. Fälle von Datendiebstahl häufen sich ebenso wie Fälle von Erpressung. Eine Germeringer Firma zahlte vor einigen Jahren Lehrgeld. Nachdem ein als E-Mail-Anhang beigefügtes angebliches Bewerbungsschreiben angeklickt worden war, wurden die Daten auf den Computern blockiert. Vermutlich stammten die Erpresser aus Russland. Ein Lösegeld wurde nicht gezahlt, es dauerte aber einige Tage, bis alle Daten aus Sicherungskopien wiederhergestellt waren. Veraltete Versionen des Adobe Reader, mit denen Dokumente im PDF-Format gelesen werden können, dienen oft als Einfallstor, wenn infizierte Anhänge geöffnet werden. Sogar Kleins Vater ging einmal dem Absender einer gut gefälschten Telekom-Mahnung auf den Leim - obwohl er gar kein Telekom-Kunde war. Klein empfiehlt Unternehmen regelmäßige Softwareupdates, die Beauftragung ausgewiesener Sicherheitsexperten sowie den sensiblen Umgang mit Mails oder Datenträgern. Man solle die Technik aber auch nicht verteufeln, findet Oliver Hanka, Cyber-Security-Chef von Cyoss. Smarte Kühlschränke, die zur Neige gehende Lebensmittel via Internet nachbestellen, sind zwar noch Ausnahmen, Mäh- sowie Saugroboter oder Herzschrittmacher schon weiter verbreitet. Ob es sinnvoll ist, Aufzüge, elektrische Zahnbürsten, Babymonitore oder Barbie-Puppen mit dem Internet zu verbinden, ist aus Gründen des Datenschutzes sowie möglicher Sabotage zumindest zweifelhaft. Hanka empfiehlt, sich drei Fragen zu stellen: Bringt das einen Mehrwert? Gibt es technischen Support? Verstehe ich das Risiko?

Auch Bruck befindet sich natürlich längst auf dem digitalen Pfad, prüft Konzepte wie die "Digitale Einkaufsstadt" und informiert über Homepage und Facebook. OB Erich Raff registriert aber auch mit Sorge, dass erst vor einigen Monaten die IT der Kreisklinik lahmgelegt worden ist, etwa 95 Prozent der in der Stadtverwaltung eingehenden Mails blockiert werden müssen und monatlich etwa 50 virenverseuchte E-Mails die erste Sortierungsstufe überstehen. Dass es 2018 lediglich zu einem Teilausfall des Systems der Stadt gekommen ist, wertet Raff als großen Erfolg.

Ganz analog mit fünf Akkordeons trat das Ensemble "Les Jeunettes et leurs garcon" der Kreismusikschule unter Leitung von Günter Glauber auf. Wohltuend analog wurden auch die Gespräche am Büffet geführt.

© SZ vom 23.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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