Fürstenfeldbruck:Fahrradfahren ist in

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Gut ein Jahr nach Beginn der Pandemie hält der Trend zur aktiven und klimafreundlichen Fortbewegung an. Händler im Landkreis hätten also allen Grund zur Freude. Wenn da nicht die Lieferengpässe wären

Von Nadine Schrödl, Fürstenfeldbruck

Der Fahrradmarkt boomt. Auch die Pandemie hat ihren Beitrag zum steigenden Radl-Trend beigetragen, so dass Händler bereits Lieferengpässe beklagen. Immer häufiger wird das Rad dem Auto vorgezogen. Mit Lastenrädern oder Jobrädern steigen immer mehr Leute auf eine umweltfreundliche Fortbewegungsart um. Die Nachfrage nach Rädern ist nach Aussagen verschiedener Fahrradhändler im Landkreis sehr hoch.

"Wir hatten noch nie so ein gutes Jahr, wie das letzte", sagt Harald Hametner von der Fahrradmanufaktur Hametner in Puchheim. Einschränkungen durch die Corona-Maßnahmen habe es hauptsächlich in der Beratung gegeben. Der Germeringer Radl-Markt teilt mit, die Fahrradbranche habe mehr Geschäft gemacht, die Lieferanten seien allerdings nicht hinterhergekommen. Vielerorts könne nur noch das verkauft werden, was auf Lager ist. Dadurch bleibe bei kleinen Betrieben der Fahrradboom sogar aus, so der Fahrradladen Amper-Rad aus Fürstenfeldbruck. Selbst sei man davon nicht betroffen, aber auch hier könne nicht mehr jedes Modell angeboten werden. Eine erhöhte Nachfrage steigere nicht automatisch die Produktion. So teilt auch Alexander Altmann von Radl Altmann mit, wer im Sommer ein spezielles neues Modell erwerben wolle, habe wohl Pech: es gebe nur noch Fahrräder, die bereits vorrätig seien. Zu den gefragtesten Modellen gehöre in den letzten zehn Jahren vermehrt Elektro-Fahrräder. Eine typische Zielgruppe hat das E-Bike auch nicht mehr. Elektrische Räder seien längst nicht mehr nur etwas für alte Leute. Ob als Alternative zum Auto, für den Arbeitsweg oder für den Familienausflug mit Anhänger - sie erfreuen sich große Beliebtheit. Neben E-Bikes stieg auch die Nachfrage nach Trekking-Rädern, die sich durch ihre Ausstattung mit Schutzblech und Licht gut für alltägliche Fahrten wie Arbeitswege eigenen. Ebenso die etwas sportlichere Variante, das Gravel Bike, im Stil eines Rennrades mit breiteren Reifen und Schutzblech und Licht - auch die sind bei vielen Händlern stark gefragt und daher kaum noch vorrätig. Beliebte Modelle wie Gravel Bikes im preislichen Rahmen von 1500 bis 2000 Euro sind vorerst ausverkauft. Mit Nachschub schaue es schlecht aus, da es keine Hersteller gebe, die derzeit Räder liefern können. "Zum verfügbaren Rad, das im Laden ist, muss jetzt der passende Kunde gefunden werden", sagt Altmann. Obwohl Fahrradgeschäfte während des Lockdowns geöffnet bleiben durften, da sie als systemrelevant galten, habe man Kunden zurückweisen müssen. Nicht nur bei neuen Rädern, sondern auch bei Ersatzteilen komme es zu großen Lieferschwierigkeiten. "Ersatzteile, die nicht schon vorbestellt wurden, waren nicht da und konnten auch nicht in der nächsten Zeit geliefert werden", teilt der Fahrradhandel mit Servicewerksatt Fahrrad Aktiv in Eichenau mit. Mit sogenannten Jobrädern, die von den Kunden über den Arbeitgeber geleast werden können, legen viele ihren Arbeitsweg zurück. Im Bereich Jobräder fühlt sich Harald Hametner von der Fahrradmanufaktur Hametner in Pucheim gut aufgestellt. Viele seiner Kunden würden drei bis vier Tage im Homeoffice arbeiten und die restlichen Tage mit dem Fahrrad in die Arbeit fahren.

Um auch größere Besorgungen zu machen oder Einkäufe zu transportieren, steigen immer mehr Menschen auf Lastenräder um. Die Stadt Puchheim hat bereits im März 2020 begonnen, die Anschaffung von Lastenrädern durch Puchheimer Bürger und Vereine zu fördern. Lastenrädereignen sich hervorragend für den innerstädtischen Transport. Sie fahren leise, emissionsfrei und benötigen deutlich weniger Platz als ein Auto. Das neue Lastenrad-Förderprogramm soll einen Anreiz schaffen, kürzere Strecken mit dem Auto zu vermeiden und damit auch zur Verbesserung der Lebens- und Umweltqualität in der Stadt beizutragen. Der Fahrradhandel Fahrrad Aktiv bestätigt die gestiegene Nachfrage nach Lastenrädern: "Hauptsächlich sind es Familien, die Kinder mitnehmen wollen". Der Anstieg werde auch weitergehen, da sich immer mehr junge Menschen fragen, wozu sie ein Auto benötigen. Obwohl Lastenräder nicht das Hauptangebot des Puchheimer Fahrradladens Hametner ausmachen, seien sie im letzten Jahr etwas mehr nachgefragt worden. Ein bis drei Räder habe er im zurückliegenden Jahr verkauft. Wie alle Räder, die es bei ihm zu kaufen gibt, werden auch die Lastenräder an die individuellen Bedürfnisse der Kunden angepasst. "Ein Kunde braucht es für die Kinder, ein anderer für den Einkauf", so Hametner. Der Germeringer Radl-Markt hingegen teilt mit, dass es bei ihm kaum eine Nachfrage nach Lastenrädern gebe. Diese seien auch vermehrt in den großen Städten gefragt, wo die Wege nicht so lang seien. Außerdem sei in dem Laden kein Platz, um die recht sperrigen Räder anzubieten. Die Lagerung ist auch für Radl Altmann ein Problem. Seit diesem Monat bietet der Olchinger Fahrradladen jedoch ein Lastenrad mit zwei Kindersitzen zum kostenlosen Ausleihen an. "Ich denke, dass das gar nicht so schlecht angenommen wird", sagt Altmann. Zum Lastenrad gibt es durchaus Alternativen, so das Brucker Fahrradgeschäft Amper-Rad. Ein E-Bike mit einem separaten Anhänger sei flexibler, da das Rad auch allein verwendet oder erneuert werden könne. Auch biete ein geschlossener Anhänger mitfahrenden Kindern mehr Sicherheit.

© SZ vom 16.06.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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