Fürstenfeldbruck:Erste Anlaufstelle

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Mit den geplanten Familienstützpunkten möchte das Landratsamt Eltern und Kindern ein soziales Angebot machen. Dort sollen diese Ansprechpartner für schulische und private Probleme finden

Von Julius Nindl, Fürstenfeldbruck

Der Landkreis Fürstenfeldbruck wächst kontinuierlich. Das zeigt die Vorausberechnung des Bayerischen Landesamtes für Statistik. Im Zeitraum von 2012 bis 2032 wird den Angaben zufolge die Bevölkerungszahl im Landkreis um elf Prozent zunehmen. In Zahlen ausgedrückt sind das knapp 1100 neue Einwohner allein in der Kreisstadt Fürstenfeldbruck. Gerade mit Augenmerk auf die Familienhaushalte, die auch einen nicht unerheblichen Anteil des Bevölkerungswachstums ausmachen, plant das Amt für Jugend und Familie am Landratsamt, insgesamt acht sogenannter Familienstützpunkte in den Gemeinden im Landkreis.

Doch was ist eigentlich ein Familienstützpunkt? Diese Frage erläutert Brigitte Maier am Mittwoch den rund 80 interessierten Besuchern im Brucker Landratsamt. Die Mitarbeiterin des Amtes für Jugend und Familie zeigt die dringende Bedeutung von lokal verteilten Stützpunkten auf, die in bereits bestehende soziale Einrichtungen integriert werden sollen. In Kindertagesstätten oder auch Schulen könnten solche Anlaufstellen mit eingebunden werden, zusätzlich muss eine sozialpädagogische Stelle besetzt werden, erklärt Maier das ausgearbeitete Konzept solcher Einrichtungen.

Die Aufgaben, deren sich die neu zu schaffenden Koordinierungsstellen annehmen sollen, sind vielfältig: die Vernetzung von Eltern mit offiziellen Stellen, Hilfe bei Kommunikationsproblemen im Schulalltag, Förderung der Familien im Bereich Erziehung aber auch die Gestaltung von Freizeitprogrammen für Eltern und Kinder. Es gehe darum, die "Eltern an die Hand zu nehmen", betont Gabi Muthmann, die neben der Leitung des Schulkinderhorts in Trostberg auch die dortige Anlaufstelle für Familien betreut. Angesprochen auf ihre Erfahrungen mit der seit 2012 bestehenden Einrichtung, gibt sie einen vielseitigen Einblick in die Aufgabenfelder des Stützpunktes.

Brigitte Maier vom Amt für Jugend und Familien erläutert das Konzept der Familienstützpunkte einem interessierten Publikum. (Foto: Carmen Voxbrunner)

"Die Eltern kommen zu mir und bitten mich um finanzielle Unterstützung, damit ihr Kind mit den restlichen Klassenkameraden in das Schwimmbad gehen kann", so Muthmann. Es sind hauptsächlich finanzielle Hürden, die den erziehenden Müttern und Vätern zu schaffen machen. Hortgebühren oder auch private Schuldenberge sind die häufigsten Probleme, die Muthmann geschildert werden. Dann greift sie zum Hörer und vermittelt unbürokratisch weiter an die zuständigen Stellen, wie etwa die Schuldnerberatung. Viele Eltern würden sich scheuen, zu Ämtern zu gehen und bevorzugten lieber ein Vermittlungsgespräch mit ihr, so die Leiterin der Koordinationsstelle.

Die Einrichtung in Trostberg erfahre durchweg positive Resonanz, trotzdem bleibe die Öffentlichkeitsarbeit seit der Gründung vor knapp vier Jahren ein Problem. Die Erfahrung hat den Einrichtungsleitern gezeigt, dass wenige Hilfesuchende direkt in das Sprechzimmer des Familienstützpunktes kommen, oftmals sind es Lehrer, die familiäre Probleme erkennen und die Erziehungsberechtigten in die Trostberger Einrichtung schicken. Vergnügungsveranstaltungen für Eltern mit Kindern gehören aber ebenfalls zum Aufgabenbereich von Gabi Muthmann und ihren Mitarbeitern.

Im Freistaat Bayern wurden erstmals im Jahr 2010 in verschiedenen Kommunen Modellprojekte der Familienstützpunkte erprobt, erfolgreiche Einrichtungen soll es nun auch im Landkreis Fürstenfeldbruck geben. Unter den Besuchern der Veranstaltern im Landratsamt sind auch zahlreiche Vertreter von lokalen Sozialeinrichtungen, die ein Engagement - auch mit Hinblick auf 15 000 Euro Förderungsgeld - in Erwägung ziehen. Die Geschäftsführerin des Kinderreiches Puchheim, Alexandra Obertreis, steht schon in den Startlöchern für eine Verwirklichung des Modells in ihrer Einrichtung.

In Kürze möchte das Landratsamt die erste Beratungsstelle einrichten. Davon berichtete Brigitte Maier vom Amt für Jugend und Familie dem Publikum. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Fast einstimmig hat der Puchheimer Sozialausschuss die Umsetzung des Konzepts bewilligt. Jetzt obliegt es dem Amt für Jugend und Familie, ob ein Familienstützpunkt in der Stadt Puchheim verwirklicht wird.

Angebote durch soziale und beratende Stellen im Landkreis gibt es bereits, die Familienstützpunkte aber sind für Brigitte Maier eine Anlaufstelle für alle Familien, besonders für solche, denen die nötige Orientierung fehlt. Für Maier steht aber trotzdem im Vordergrund, dass die Familien mit dem versorgt werden, was sie am dringendsten benötigen. Ob die Hilfesuchenden jetzt eine Anlaufstelle direkt kontaktieren oder sich erst einmal im Beratungsgespräch des Familienstützpunktes Hilfe suchen, ist für Maier zweitrangig.

"Kinder erziehen und trotzdem chillen" war eine Veranstaltung des Familienstützpunktes für die Region Traunstein. Der Begriff "chillen" soll in diesem Zusammenhang den Spagat zwischen erfolgreicher Erziehung der Kinder und ausreichender Freizeit für die Eltern assoziieren.

Dieser Ansatz lässt sich gerade für alleinerziehende Mütter und Väter oftmals nur schwer realisieren, die neu zu schaffenden Familienstützpunkte könnten aber genau da ansetzen, wenn einem der zeitraubende Job und das schreiende Kind die eigene Belastungsgrenze aufzeigt.

© SZ vom 24.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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