Fürstenfeldbruck:Eine andere Form von Gottesdienst

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Eine Station bei der Langen Nacht der Christen in Fürstenfeldbruck: die Leonhardikirche (Foto: Reger)

Katholische und evangelische Christen und Mitglieder der Freikirche nehmen Krieg und Unfrieden zum Anlass, eine Nacht der Christen zu begehen

Von Lena von Holt, Fürstenfeldbruck

Mit Kerzen und Fackeln sammeln sich am Freitagabend etwa 35 Menschen vor der Klosterkirche Fürstenfeld. Zum neunten Mal findet die lange Nacht der Christen in diesem Jahr statt, die in diesem Jahr unter dem Motto "Erinnerungsorte - Friedenswege" steht und von den Pfarrgemeinden Sankt Bernhard und Sankt Magdalena, der Gnadenkirche und der Freien Evangelischen Kirche organisiert wurde. Den gegenwärtigen Unfrieden auf der Welt haben sich die verschiedenen Kirchengemeinden zum Anlass genommen, um derer zu gedenken, die im Krieg ihr Leben verloren haben oder im Kriegsgebieten leben müssen.

Im Kreis angeordnet steht die Gruppe vor dem ersten Gedenkstein auf dem Gefangenenfriedhof am Henrik-Moor-Weg, gleich neben der Klosterkirche. "Viele von hier wissen gar nicht davon", sagt Friedrich Deschauer von der Pfarrei Sankt Bernhard. "Die meisten von uns haben den Krieg nie erlebt", sagt Simone Kuhbandner. Sie ist Gemeindereferentin des Pfarrverbandes Fürstenfeld. Die Fackel in ihrer rechten Hand wirft ein warmes Licht auf die Gedenktafel, auf der den gefangenen Soldaten aus dem Zweiten Weltkrieg gedacht wird. 250 Kriegsgefangene aus Russland, Frankreich, Rumänien, Polen und Serbien liegen auf diesem Friedhof begraben. Man müsse begreifen, was damals geschehen ist. Nur so lasse sich aus Fehlern lernen und neues Unheil vermeiden. "Frieden halten ist Menschenpflicht", sagt sie, bevor die Gruppe das nächste Lied anstimmt und die Ziehharmonika zu spielen beginnt. "Es ist eine ganz andere Form des Gottesdienstes", findet Vera Gedon, Vorsitzende der Gnadenkirche. Es sei wichtig, als Christen zusammenzustehen und gemeinsam für den Frieden zu demonstrieren. Sie will ein Zeichen setzen - für den Frieden. Denn das sei dringend erforderlich.

Vor dem Stadtbrunnen bleibt die Gruppe als nächstes stehen. Auf den ersten Blick ist nicht ganz klar, was der Brunnen, der im Jahr 1992 zum 100. Bestehen der Stadtwerke gebaut wurde, mit Frieden zu tun hat. Er erinnert an die Einführung der Elektrizität in Fürstenfeldbruck, erklärt Deschauer. Damit denke er ausnahmsweise an etwas Positives, Friedliches. Bildhauer Andreas Sobeck wollte mit ihm einen Ort der Begegnung und des Friedens schaffen. Als nächstes geht es zum Kriegerdenkmal an der Leonhardikirche, das an die Gefallenen von Fürstenfeldbruck im ersten und zweiten Weltkrieg erinnert. Damals spielte die Kirche keine gute Rolle, denn der erste Weltkrieg galt als heiliger Krieg. Nächster Halt ist am Krieger-Gedächtnis-Brunnen vor dem Alten Rathaus, auf dem der Heilige Sebastian, Patron der Kriegssoldaten, thront. Der erste Weltkrieg habe gezeigt, dass Soldaten keine Helden sein können, findet Ursula Leitz-Zeilinger, Pfarrerin der Gnadenkirche. Mit der letzten Station, dem Todesmarsch-Mahnmal, endet der Friedensweg der Christen. Er erinnert an den April 1945, als kurz vor dem Zusammenbrechen des Nazi-Regimes vor allem jüdische Zwangsarbeiter durch die Pucher- und die Dachauer Straße in Fürstenfeldbruck getrieben wurden. Denkmäler sind wichtig, findet Simone Kuhbandner. Sie klagen an und mahnen. Sie wollen den Weg weisen in eine bessere Zukunft. "Wenn Menschen schweigen - schreien die Steine", diesen Satz finde man in Stutthof, einem Konzentrationslager in Polen. Das sei der Grund, warum wir sie pflegen und erhalten sollten.

© SZ vom 21.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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