Fürstenfeldbruck:Ein weltweit einmaliges Ensemble

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Am Tag des offenen Denkmals besuchen 50 Interessierte eine Führung durch den alten Schlachthof und erfahren, wie es zu dem damals hochmodernen Gebäude gekommen ist und wie dieses heute genutzt wird

Von Florian J. Hamann, Fürstenfeldbruck

Bei seiner Eröffnung im April 1911 war der Fürstenfeldbrucker Schlachthof eine der modernsten Einrichtungen seiner Art - und einer der wenigen in der Umgebung. Nur in Straubing und in Augsburg gab es ähnliche Betriebe. Dem Bau waren allerdings jahrelange Diskussionen im Magistrat des damaligen Markts Fürstenfeldbruck vorangegangen. Bereits im Jahr 1903 wurde erstmals über einen Schlachthof diskutiert. Wie es dann zur Verwirklichung gekommen ist und welche Funktion die unter Denkmalschutz stehenden Gebäude hatten, das haben etwa 50 Besucher am Tag des offenen Denkmals bei einer von der Subkultur organisierten Führung über das Gelände erfahren.

Wesentlich zum Umdenken der Lokalpolitiker habe die zunehmende Zahl der sogenannten Sommerfrischler geführt. Denn Anfang des 20. Jahrhunderts war Fürstenfeldbruck ein beliebtes Ziel für Ausflügler aus der Stadt. Die allerdings haben sich am strengen Geruch in den Straßen gestört - weil jeder Metzger einfach in seinem Hinterhof schlachten durfte. Außerdem haben sich, so geht es aus den Protokollen hervor, einige Menschen über die schlechte Qualität des teilweise nicht richtig frischen und gelagerten Fleisches beschwert, erzählt die Vorsitzende der Subkultur, Aline Pronnet, die die Führung leitet und über die Geschichte des Schlachthofs geforscht hat. Und so hat man im Jahr 1909 beschlossen, den damals erst 28-jährigen Architekten Adolf Voll mit dem modernen Großprojekt zu beauftragen.

Aline Pronnet (rechts) führt die Gruppe über das Gelände. (Foto: Günther Reger)

Heute gehören große Teile des Geländes zum Bauhof der Stadt - was bei der Besichtigung auch schnell deutlich wird. Zu allerst daran, dass die Gruppe nicht in den ehemaligen Kesselraum gehen kann, weil dort die Fundräder der Stadt gelagert werden. Und auch das angrenzende Kühlhaus ist zum Lagerraum umfunktioniert worden. Dennoch lässt sich bei einem Blick ins Innere einiges entdecken. Etwa der braune Kachelboden und teilweise noch die Originalfliesen aus der Entstehungszeit. Es sind einfache, kleine Fliesen, die nicht ganz so glatt sind, wie die modernen Industrieprodukte, wie man sie heute aus Bädern und Küchen kennt. An der Decke verläuft das Transportsystem mit dem die Tierkörper vom Schlachthaus gegenüber über den Hof ins Kühlhaus transportiert worden sind. Im Hof macht Pronnet allerdings auf ein eine denkmalschützerische Katastrophe aufmerksam. Weil die Bauhof-Fahrzeuge offenbar nicht unter der Transportschiene hindurchgekommen sind, hat man ein Stück davon rausgeschnitten. Erst auf Nachfrage durch die Subkultur wurde das Metallstück wieder eingesetzt und durch Schrauben fixiert.

Beim Bau der Anlage hat man sich für modernste Technik entschieden - begünstigt dadurch, dass es durch die nahe gelegenen Stadtwerke an der Amper Strom gab. So konnte ein Kühlhaus gebaut werden, die Maschine der Firma Linde war eine der ersten, die nicht mehr mit Dampf sondern eben elektrisch betrieben wurden. Weltweit einmalig war außerdem eine andere Idee von Architekt Voll. Neben das Kesselhaus hat er ein öffentliches Warmbad geplant, das mit dem warmen Wasser aus den Maschinen betrieben wurde. Damit die Besucher nichts im Schlachtbetrieb mitbekommen, hat er den Eingang zum Bad einfach auf die andere Seite gebaut. Und so ist über der Tür des Hauses "Auf der Lände 11" wieder der Schriftzug "Warmbad" zu lesen, weil die alte Farbe einfach überstrichen wurde, die neue langsam wieder verschwindet.

1910/11 von Architekt Adolf Voll erbaut: ein Gebäudetrakt des Alten Schlachthofs auf der Lände. (Foto: Günther Reger)

Betrieben wurde der Schlachthof bis 1990, ehe er durch den moderneren Betrieb in der Hasenheide ersetzt. Ein Teil des Geländes ging in den Besitz der Stadtwerke über. Im alten Schlachthaus veranstaltet die Subkultur seit 1999 Konzerte. Interessant ist, wie es mit dem denkmalgeschützten Gelände weitergeht. Die Stadt plant, den ganzen Bereich komplett neu zu gestalten. Wie genau, das soll ein Wettbewerb entscheiden. Allerdings soll wohl auch die Subkultur weiter in ihrem Gebäude bleiben dürfen. Eine nach der Führung geplante Podiumsdiskussion zur Zukunft des Geländes wurde aber wegen zu vieler Absagen gestrichen.

© SZ vom 10.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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