Fürstenfeldbruck:Ein Schluck zu viel

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Alkoholkonsum in der Schwangerschaft kann fatale Folgen haben. Darüber klären ein Fachtag und eine Ausstellung im Landratsamt auf. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Schon geringe Mengen Alkohol können Babys im Mutterleib schädigen. Eine Ausstellung im Landratsamt macht auf die Gefahren für das ungeborene Kind aufmerksam

Von Maximilian Neumair, Fürstenfeldbruck

Alkohol und Schwangerschaft, das geht nicht zusammen. Darauf weist jetzt das Landratsamt mit einer Ausstellung hin, das die Fetale Alkoholspektrumstörung (FASD) zum Thema macht. Dabei handelt es sich um vermeidbare gesundheitliche Beeinträchtigungen, die beim ungeborenen Kind durch den Alkoholkonsum der Mutter in der Schwangerschaft entstehen können. Mögliche Folgen können Fehlbildungen sein, Entwicklungsstörungen, Verhaltensauffälligkeiten und geistige Behinderungen. Fachleuten zufolge kommen in Deutschland jährlich etwa 10 000 Babys mit FASD zur Welt.

Die Ausstellung "Zero! Schwanger? Dein Kind trinkt mit!" soll dazu beitragen, die Früherkennung zu verbessern. Denn noch immer erhalten viele Kinder und Jugendliche die richtige Diagnose spät oder gar nicht. Im Zentrum der mobilen Ausstellung steht ein begehbares Kuppelzelt, das die Gebärmutter symbolisieren und den Besucherinnen und Besuchern ein Gefühl für den Prozess der Schwangerschaft verschaffen soll. Der Innenraum des Zeltes macht diese Zeit aus Sicht des Kindes durch Sehen, Hören und Fühlen erlebbar. So ist beispielsweise permanent das Pochen des Herzens der Mutter zu hören oder das Gewicht von Kindern in der jeweiligen Schwangerschaftswoche in Form von verschieden großen Säcken spürbar. Die Außenhülle des Zeltes vermittelt einen Eindruck vom Leben während der Schwangerschaft aus Sicht der Mutter. Dabei lernen die Besucher zahlreiche Situationen kennen, die eine Frau während dieser Zeit zum Alkoholkonsum verleiten können.

Das Gebärmutterzelt ermöglicht sowohl ein Hineinversetzen in die Rolle der werdenden Mutter, aber auch in die mit dieser untrennbar verbundene Rolle des heranwachsenden Babys. Durch die Herausstellung dieser starken Verflechtung von Mutter und Kind soll verdeutlicht werden, dass jeder Schluck Alkohol über die Nabelschnur direkt zum Baby gelangt und so die Zellteilung und das Wachstum schädigen kann. Die Konsequenzen daraus sind fatal und begleiten Kinder ein Leben lang.

Diese Folgen im Alltag von Betroffenen stellt die Ausstellung mit einer weiteren Station dar. Die Puppe "FASI", die einen optischen Eindruck der Krankheit vermittelt, liest den Besuchern aus der Lebenswelt jener Menschen vor, die an FASD leiden, und informiert über das Krankheitsbild an sich. Eine Untergrenze für vermeintlich unbedenklichen Alkoholkonsum in der Schwangerschaft gibt es nicht. Isabella Knall von der Schwangerenberatung des Gesundheitsamtes warnt daher: "Eine geringe Dosis kann schon sehr, sehr viel bewirken." Die Vorsitzende des FASD-Netzwerks und Mitentwicklerin der "Zero"-Ausstellung, Gisela Bolbecher, empfiehlt daher eindringlich, keinen einzigen Schluck Alkohol zu trinken, sobald die Verhütung einmal abgesetzt ist oder die ungeplante Schwangerschaft entdeckt wurde. Viele unterschätzten die Schädlichkeit des Zellgifts Alkohol. Nur zwei von zehn Frauen würden gar keinen Alkohol während ihrer Schwangerschaft trinken. "Jede Stunde wird ein Kind mit FASD geboren", veranschaulicht Bolbecher die Anzahl jener, die von den unheilbaren Alkoholschädigungen betroffen sind. Diese können körperlicher, seelischer oder geistiger Natur sein. Minderwuchs, Aggressivität, Depressionen und Merkschwächen gehören dazu. Auch Empathiefähigkeit und seelische Reife können auf dem Niveau eines Kleinkindes stehen bleiben.

Eine junge Betroffene, deren Erfahrungen sich die Besucher von der Puppe "FASI" erzählen lassen können, wird in der Ausstellung mit den Worten zitiert, wonach ihre Mutter "ihren Rausch auf Partys" gehabt habe, sie aber "ein Leben lang". Die Ausstellung auf der Galerie des Landratsamtes Fürstenfeldbruck ist noch an diesem Donnerstag von 8 bis 18 Uhr und am Freitag von 8 bis 16 Uhr zu sehen. Betroffene können sich außerdem kostenlos und unter Pseudonym an das FASD-Kompetenzzentrum Bayern in München wenden, um dort Beratung und Unterstützung einzuholen.

© SZ vom 20.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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