Bürgermeister zu sein, ist ein erfüllendes Amt, weil ein Rathauschef etwas gestalten und bewegen kann. Das Amt kann aber auch belastend sein und an den Kräften zehren. Die Folgen des mit ihrer Aufgabe verbundenen Stresses haben im Spätsommer 2015 der Brucker OB Klaus Pleil (BBV) erfahren, als er einen Herzinfarkt erlitt - und am vergangenen Sonntag der Gröbenzeller Rathauschef Martin Schäfer (UWG), der nach einem Schlaganfall bis zum Donnerstag im Krankenhaus lag. Der Emmeringer Bürgermeister Michael Schanderl (FW) hatte vor sechs Jahren einen Herzinfarkt. Daraus lernte er, wie er beteuert, kritische Anmerkungen von Bürgern und politischen Gegnern nicht mehr zu persönlich zu nehmen. "Man nimmt sich die Dinge zu sehr zu Herzen". Das war laut Schanderl sein Problem.
Der Emmeringer Rathauschef erklärt allerdings, nur für sich zu sprechen. Um rückblickend zu ergänzen, für ihn selbst und seine weitere Arbeit sei der "Warnschuss" im Jahr 2010 hilfreich gewesen. Der Herzinfarkt habe ihn nämlich dazu gebracht, sich mit der hohen Belastung und der eigenen Arbeitsweise auseinanderzusetzen, also mit einem Problem, das nicht nur Bürgermeister betrifft. In der Reha habe er gelernt, dass sich Risikofaktoren multiplizieren. Dazu zählen für Schanderl nicht nur das Rauchen, der Genuss von Alkohol oder Bewegungsmangel, sondern auch der Hang zur Perfektion, die Gefahr zu wenig zu delegieren oder angesichts langer politischer Entscheidungsprozesse die Geduld zu verlieren. Dazu komme das Bürgermeisterrisiko, im Zweifel 24 Stunden am Tag im Amt zu sein, sofern man sich im eigenen Ort auf der Straße oder bei Veranstaltungen aufhält. Weitere Stressfaktoren sind für Schanderl neben einem großen politischen Druck noch Querelen und politische Reibereien, die ebenfalls an den Kräften zehren. "Man kann Erholungsphasen nicht aufschieben", meint der Kommunalpolitiker und rät, sich zum Stressabbau jede Woche zumindest einige Stunden Zeit für sich selbst einzuplanen. In dieser Pause dürfe es keine Verpflichtungen geben, auch keine familiären. Noch einen Tipp hat der promovierte Landwirt Schanderl: Auf Warnhinweise von Menschen und Freunden, die es gut mit einem meinen, sollte man unbedingt hören.
Der Olchinger Bürgermeister Andreas Magg bekennt, er habe keine Zeit, sich Gedanken darüber zu machen, wie er mit Stress umgehen sollte. Die in der Familie und mit Freunden gemeinsam verbrachte Zeit nutze er, um neue Kräfte für seinen alles andere als langweiligen Beruf zu sammeln. Als Bürgermeister sei er immer im Dienst, deshalb könne er eines nie tun: sagen, jetzt ist Schluss. Auf Olchinger mit persönlichen Anliegen trifft Magg ständig und überall, selbst am einsamsten und abgelegensten Strand im Urlaub. Seine Anfangsjahre im Rathaus hat der SPD-Politiker als besonders stressig in Erinnerung. Längere Zeit im Amt zu sein empfindet er als Vorteil. "Dann weiß man, was man selbst machen muss und was man delegieren muss", sagt er. Noch etwas bezeichnet er als unvermeidbar: "Ärger bleibt nicht aus." Betroffen reagieren alle Bürgermeister auf Schäfers Schlaganfall - aber nicht jeder möchte sich dazu öffentlich äußern.
Pragmatisch sieht Sandra Meissner, die Bürgermeisterin von Kottgeisering ihre Situation. Bürgermeister zu sein, sei ein Stück Berufung, sagt sie: "Entweder man ist ein Typ der das aushalten kann, oder man stellt sich nicht zur Wahl". Den Stress in der Kommunalpolitik beschreibt sie als wesentlich emotionaler als sonst im Berufsleben. Vieles werde daher sehr persönlich genommen, doch so etwas müsse man wegschieben können. Angesichts vieler Termine, vieler Aufgaben und vieler Wünsche hilft es Meissner, dass sie gut organisiert ist. In der Familie laufe es gut, weil ihr Mann ein "präsenter Vater" sei, mit dem sich die Bürgermeisterin die Erziehung ihrer Kinder teilt.