Fürstenfeldbruck:Ein Brucker Stenz

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Stets mit frisiertem Bart unterwegs: Der Architekt Adolf Voll (Foto: OH)

Adolf Voll war nicht nur ein herausragender Architekt, sondern auch Lebemann und Politiker

Von Florian J. Haamann, Fürstenfeldbruck

Adolf Voll war das, was man in Bayern gemeinhin als Stenz bezeichnet. Natürlich nicht so überspitzt wie Helmut Dietl seinen Monaco Franze auftreten lässt, aber einer, der das Leben genießt: Stets elegant gekleidet - ein altes Foto zeigt ihn in jungen Jahren mit Zylinder und einem Gehstock mit Silberknauf - den Schnurrbart frisiert, die Haare ordentlich. Sein wichtigstes Accessoire war eine glimmende Zigarre. Als er älter und sein Haar dünner wurde, so berichten seine Enkel, hat er auf eine immer perfekt rasierte Vollglatze geachtet. Auf der anderen Seite beschreiben die Verwandten ihn, den Kunstliebhaber, als teilweise obsessiv pedantischen Menschen. Regelmäßigkeit und ein routinierter Tagesablauf waren ihm extrem wichtig. Stand etwa das Mittagessen nicht pünktlich um zwölf Uhr auf dem Tisch, wurde der Architekt sehr ärgerlich, wie es in einem Aufsatz über seine Biografie im Katalog zur Voll-Ausstellung heißt.

Geboren wurde Voll am 15. Mai 1881 in München, sein Vater war Dekorationsmaler. Über seine Jugend ist nicht viel bekannt, nur dass er als einziger Bub unter sechs Geschwistern als Stammhalter entsprechend behandelt wurde. Von 1903 an besuchte er zuerst die Königliche Baugewerkschule und studierte dann an den Technischen Hochschulen Stuttgart und München. Nach Bruck kam Adolf Voll 1907. Gleich in diesem Jahr plante er ein Haus für den Kunstmaler Eugen von Ruckteschell, welches heute noch in der Dachauer Straße 63 zu sehen ist. Bis 1910 baute er an seinem eigenen Wohnhaus, auf einem Grundstück, das ihm der Vater schenkte. Zu dieser Zeit, Anfang des 20. Jahrhunderts, lebten zahlreiche Künstler in Bruck - es war ein idyllischer Sehnsuchtsort, der so anders war als das durch die Industrialisierung so veränderte München. Und so fühlte sich auch Volls Frau Erna, die er 1910 heiratete, wohl in Bruck.

Adolf Voll organisierte dann auch die erste Fürstenfeldbrucker Kunstausstellung 1914. Zehn Jahre später gehörte er zu den Gründungsmitgliedern der Künstlervereinigung. Außerdem gründete er den Verkehrsverein, zu dessen Zielen auch ein kultureller Aufschwung der Stadt zählte. Neben der Kunst gehörten auch Politik und Umwelt zu Volls Interessen. So setzte er sich in den Zwanzigern als Vorsitzender des Verschönerungsvereins gegen die Abholzung des Emmeringer Hölzls ein. Von 1920 bis 1929 war er zudem Mitglied im Zentrum und als Zweiter Bürgermeister aktiv.

Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten löste sich die Künstlervereinigung auf, einige Mitglieder versammelten sich danach im gleichgeschalteten Kunstring. Voll weigerte sich aus Überzeugung diesem beizutreten. Auch der NSDAP trat Voll laut Katalogtext nie bei. Lediglich als Mitglied der Reichskammer der bildenden Künste wurde er anerkannt, was für eine Berufsausübung zwingend notwendig war. Bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs konnte er so auch ohne Parteizugehörigkeit weiterhin etwa 20 Projekte jährlich umsetzen.

Nach dem Krieg trat Voll der CSU bei und gehörte von 1946 bis 1948 dem Stadtrat an. Außerdem war er in dieser Zeit Kulturreferent. Bis 1953 war er auch weiter als Architekt tätig. Als damals 72-Jähriger plante er die Erweiterung einer Olchinger Metallgießerei. Zwölf Jahre später, am 22. März 1965, starb Adolf Voll dann an den Folgen einer Krebserkrankung.

© SZ vom 30.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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