Fürstenfeldbruck:Eigenes Leid als Anstoß

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Edith Binder leitet seit vielen Jahren den Gesprächskreis der Rheuma-Liga in Germering. (Foto: Günther Reger)

Edith Binder ist Mitgründerin der Rheuma-Liga in Germering

Von Lena von Holt

GermeringSeit 20 Jahren gibt es den Gesprächskreis "Mit Rheuma leben" in Germering. Als langjährige Leiterin des Gesprächskreises und Mitbegründerin der Arbeitsgemeinschaft Germering der Deutschen Rheuma-Liga ist Edith Binder für ihre ehrenamtliche Arbeit mit der silbernen Ehrennadel ausgezeichnet worden. Vor etwa 25 Jahren hat sie einen Unfall gehabt, mit dem ihre Leidensgeschichte begann. Eine Autofahrerin übersah ein Stopp-Schild und prallte in Binders Wagen. Eigentlich ein harmloser Unfall, der keine schweren Folgen erahnen ließ. Doch Binder hat starke Osteoporose, ein Symptom ihrer Rheuma-Erkrankung, erklärt sie. Das hat zur Folge, dass ihre Knochen sehr leicht brechen. Dieses Mal wäre es ihr Halswirbel gewesen. Ein Schock wie dieser könne Rheuma auslösen, erklärte ihr damals der Arzt.

Nach der Diagnose stieß Binder auf eine Anzeige für die Bildung einer Rheuma-Arbeitsgemeinschaft. Wenig später übernahm sie die Leitung des Gesprächskreises. "Wir kennen uns schon so lange", sagt die 77-Jährige. Die Frauen seien wie Freundinnen für sie. "Man hilft sich gegenseitig." Etwa 14 Mitglieder zählt der Gesprächskreis. Die meisten von ihnen kommen aus Germering, wie auch Binder selbst. Vier von ihnen sind seit der Gründung mit dabei. Einige sind inzwischen gestorben, andere neu dazu gekommen. Aber nicht jeder passe zu ihnen, erklärt Binder. Die Themen, über die sie reden, seien sehr privat. "Jeder weiß von den anderen oft alles", verdeutlicht sie. Damit man wirklich offen reden kann, sei ein geschützter Raum sehr wichtig.

Alle fünf Wochen trifft sich der Gesprächskreis mittwochnachmittags in den Räumlichkeiten der Deutschen Rheuma-Liga. Nur selten verirre sich ein Mann hierher, erklärt Binder. Die Gespräche dienen dem gegenseitigen Austausch. Es wird über Erfahrungen mit Medikamenten und Ärzten, aber auch über Ängste gesprochen. Die Krankheit ist nicht einziges Gesprächsthema bei den Treffen. Oft gibt es Probleme in der Partnerschaft. Die Krankheit verlange vom Partner viel Rücksicht, sagt Binder. Die Einschränkungen, die Rheuma mit sich bringe, seien nur schwer für andere nachzuvollziehen. Man könne auch nicht immer alles zu Hause erzählen, sagt Binder, deshalb gebe es den Gesprächskreis. Binder klagt über steife Gelenke, die sie morgens daran hindern, sich alleine anzuziehen. Sie würde dann am Abend duschen, da habe sich die Steifheit gelegt. Oder sie müsse ihren Mann um Hilfe bitten. Das ist für sie nicht einfach, obwohl sie 55 Jahre mit ihm verheiratet ist. "Ich will nicht immer die Bittende sein", sagt Binder.

Über 200 Arten von Rheuma sind heute bekannt. Rheuma ist eine Autoimmunerkrankung, bei der sich das Immunsystem gegen die eigenen Körperzellen richtet. In der Regel ist es nicht heilbar, die Ursachen der Krankheit sind bis heute nicht bekannt. Betroffene leiden unter Gelenk- und Muskelschmerzen, Kopfschmerzen oder Schlafstörungen. Auch depressive Verstimmungen gehören zu den Folgen. Bei so viel Schmerzen, erklärt Binder, müsse man auf viel verzichten. "Man ist eingeschränkt", sagt sie. Aber man dürfe sich nicht zu sehr einigeln, meint Binder. Da tut der Gesprächskreis gut.

© SZ vom 06.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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