Fürstenfeldbruck:Drei Tage Römer sein

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Gegenseitig helfen sich die Buben beim Anziehen der Togen, in denen sie Theater spielen werden. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Schüler führen Theaterstück in lateinischer Sprache auf

Von Franziska Stadlmayer

FürstenfeldbruckAugsburg soll eine unabhängige Stadt werden. Kaiser Hadrian hat das so verfügt und nun ist sein Tross unterwegs in das Amperland. Solche ungewöhnlichen Szenen spielen sich in den Osterferien im zweiten Stock des Stadtmuseum Fürstenfeldbruck ab. Elf Kinder in römischen Gewändern sitzen konzentriert im Kreis und lesen einen deutsch-lateinischen Text über Kaiser Hadrian und die Stadt Augsburg. Nun wäre der Auftritt der Wirts dran, in dessen Gasthaus die Römer auf ihrer Reise einkehren, doch der schaut gerade verträumt aus dem Fenster. Auf harschen Zuruf der Kameraden findet er in die Gegenwart zurück und die Leseprobe geht weiter. Am Ende der drei römischen Tage im Stadtmuseum wird der Text "Hoher Besuch in Ambrae" als Theaterstück aufgeführt.

Latein im Alltag erleben ist für die Sechstklässler eine neue Erfahrung. "Die Sprache ist mehr als Vokabeln auswendig lernen", erklärt Museumspädagogin Doris Hefner. Um den Kindern die römische Geschichte der Umgebung und das römische Alltagsleben zu vermitteln, veranstaltet sie bereits zum zehnten Mal die "Dies Romani". Für die drei Tage römisches Leben kommen die Sechstklässler bis aus München. So wie Victoria und Leni vom St. Anna Gymnasium im Lehel. "Wir sind mit Tram, U-Bahn und S-Bahn hergefahren", erzählt die elfjährige Victoria. Genauso wie Freundin Leni macht ihr der Einblick in die römische Kultur viel Spaß, von ihren Rollen im Theaterstück sind die Mädchen allerdings etwas enttäuscht. Als Priesterinnen haben sie nur ein paar Sätze zu sagen, die allerdings auf Latein. Anders Tobi und Paul, die beiden Sechstklässler vom Graf-Rasso-Gymnasium sind mit ihren Rollen zufrieden. Ihre Lateinlehrerin machte sie auf die Veranstaltung im Stadtmuseum aufmerksam und nun sind sie mit Begeisterung dabei. Tobi ist ein Liktor, "also so eine Art Bodyguard für den Kaiser", erklärt er. Dann muss er schnell wieder auf die Bühne, der Kaiser tritt auf. Römisches Essen, Spiele und selbst gefertigter Schmuck. Das Programm ist vielfältig. Obwohl die Inhalte spielerisch aufbereitet werden, legt HefnerWert auf historische Korrektheit. Seit einigen Jahren wird sie dabei von der ehemaligen Lateinlehrerin Inge Thiery unterstützt. Das Konzept scheint anzukommen, die Lateintage sind beliebt. Dieses Jahr nehmen elf Kinder teil, Platz wäre für höchstens sechzehn. "In manchen Jahren hatten wir schon eine Warteliste", erzählt Hefner. Auch ihr selbst als Archäologin macht es jedes Jahr wieder Spaß, in die römische Kultur einzutauchen. "Wir nutzen das ganze Museum für eine Vokabelsuche zu Alltagsbegriffen der Römer", erklärt sie. Worte wie Brückenpfeiler und was sie hier in der Gegen für eine Bedeutung hatten lernt man im klassischen Lateinunterricht eher nicht. Auch das Essen wird möglichst nach Originalrezept zubereitet. "Die Würstl, die wir überm Lagerfeuer grillen, sind natürlich keine Originalrezeptur, aber nah dran", gibt sie lachend zu. Auch für den "Mulsum" einen römischen Würzwein musste eine alkoholfreie Zubereitung erfunden werden. "Einer der Jungs hat gestern Abend gleich seinen eigenen Würzwein für die Familie gebraut", freut sich Hefner.

Am Gründonnerstag wird es ernst. In selbst gebastelten Kostümen präsentieren die Kinder ihr Theaterstück für Eltern, Freunde und Interessierte. "Jeder, der sich für Latein begeistern kann, ist willkommen", erklärt Hefner. Im Anschluss wird es ein römisches Buffet und den beliebten Gewürzwein geben. So können alle Beteiligten noch einmal anstoßen. Auf die Freiheit der Stadt Augsburg und die immer noch lebendige römische Kultur im Amperland.

© SZ vom 24.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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