Fürstenfeldbruck:Drei Minuten für den perfekten Auftritt

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Beim Deutschen Ballettwettbewerb privater Tanzschulen treten auf der Bühne des Brucker Stadtsaals an vier Tagen tausend Tänzer auf. In die Bewertung fließen Musikalität, Choreografie, Ausführung, Technik und Präsenz ein

Von Karl-Wilhelm Götte, Fürstenfeldbruck

So ein Gewusel gibt es selten im Veranstaltungsforum Fürstenfeld. Gerade hält wieder ein Bus und eine Ballettgruppe mit 19 Mädchen aus Hiltrup bei Münster steigt mit Trainerin, Müttern und einem Bär als Maskottchen aus, um am 21. Deutschen Ballettwettbewerb und Steptanz-Cup teilzunehmen. Im Foyer der Stadthalle oder in den Gängen machen sich Tänzerinnen und- Tänzer mit Dehnübungen für ihren Auftritt warm. Vier Tage lang messen sich tausend Kinder, Jugendliche und Erwachsene in allen möglichen Wettbewerben. Die Sieger sind für den World Cup in Offenburg qualifiziert.

"Die Bedingungen sind hier einfach ideal", sagt Korinna Söhn und lobt die große Bühne in der Stadthalle und das Ambiente. Die Tanzlehrerin mit eigener Ballettschule in München hatte die Veranstaltung 1983 aus der Taufe gehoben. "Damals fand das mit 150 Kindern aus 20 Tanzschulen in einem Theater am Hasenbergl in München statt", erzählt Söhn. Seit 2001 veranstaltet sie die Meisterschaft privater Tanz- und Ballettschulen jährlich. 2004 rief sie eine Deutsche Meisterschaft ins Leben. Inzwischen verzeichnet das Programmheft 67 Ballettschulen aus der gesamten Republik. Söhn, 66, ist nach wie vor als Moderatorin auf der Bühne im Dauereinsatz. Etwa alle 90 Minuten ehrt sie Sieger.

Gerade ruft Söhn die Kindergruppe von der Ballettschule International aus Bonn auf, die den Wettbewerb im sogenannten Nationaltanz gewonnen hat. Die Kinder jubeln und der Saal kreischt mit. Die Gruppe der Sieben- bis Neunjährigen zeigte den Tanz "Russki Preplas" und erhielt mit 95,3 Punkten die höchste Wertung. Die elf Mädchen tragen rote Kleidchen und weiße Schleifen im Haar, zeigen völlig synchron Pirouetten und bewegen sich auch sonst gekonnt. Als der einzige Junge einen Kasatschok tanzt, erntet er Szenenapplaus im vollbesetzten Stadtsaal. "Das Niveau ist sehr hoch", sagt Korinna Söhn. Sie verweist darauf, dass es fünf Regionalentscheide gab, bei denen 50 Prozent ausschieden.

Dass das Leistungsniveau hoch bleibt, dafür sorgen strenge Juroren. Söhn engagierte internationale Wertungsrichter aus Spanien, Italien, England oder Tschechien, die die dreiminütigen Auftritte bewerten. Sie waren oder sind professionelle Tänzerinnen oder Tanzlehrer, also profilierte Sachverständige, die etwa 600 Darbietungen bewerten müssen. "Technik, Ausführung, Musikalität, Choreografie und Bühnenpräsenz sind die Kriterien, die bewertet werden", zählt die Veranstalterin auf. Maximal hundert Punkte können die vier Wertungsrichter zusammen vergeben. Mit der Höchstnote hundert wird jedoch sparsam umgegangen. "Die gab es seit 1983 nur dreimal", erinnert sich Söhn. 2017 hat in der Zwischenwertung am Samstagmittag die Erwachsenen-Ballettgruppe aus Freiburg mit 97,3 Punkten bisher die Spitzenposition inne. "Rausch der Sinne" lautete ihr Thema. Zu Ballett und Steptanz haben sich Hip-Hop, Jazz-Show-Dance oder Wettbewerbe mit Kombinationen aus Gesang und Tanz oder Tanz und Akrobatik dazugesellt. Insgesamt finden an den vier Tagen 102 Wettbewerbe statt.

Lilo Wetzel, 14, und ihr Duettpartner Philip Honig, 16 aus Potsdam bekommen 85,7 Punkte und gewinnen im Jazz-Show-Dance. Sie starten für die Potsdamer Pirouette Dance Company. Sie haben ein ernstes Thema, nämlich häusliche Gewalt, dargestellt. Am Ende des "Beziehungskrieges" und der Gewalt Philips beschließt Lilo, sich von Philip zu trennen und läuft weg.

Die jungen Ballettmädchen der Ballettschule Atelier Danse aus Freilassing gehen es nicht so schwermütig an. Sie machen sich auf dem Flur warm. Die 13-jährige Emmely übt den Spagat. "Disziplin, Ausdauer und Technik sind wichtig", meint die zwölfjährige Julia, und "Respekt vor der Lehrerin". Das gefällt Valerie Yrle natürlich. Drei-, viermal in der Woche trainieren die Kinder in ihre Ballettschule. "In der Pubertät wird es mit ihnen schwieriger", sagt Yrle, eine gebürtige Französin. Bei der Probe auf der Bühne, die jeder Gruppe zusteht, klappt alles ziemlich perfekt. Yrle dirigiert die Gruppe. "Streckt die Arme", ruft sie den 18 Ballettmädchen lautstark zu. Die zeigen Pirouetten und Sprünge. "Die Tanzschulen müssen Farbe bekennen", bekräftigt Korinna Söhn. "Für die Schulen ist das eine Auszeichnung, hier zu gewinnen - und natürlich auch eine prima Werbung."

© SZ vom 10.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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