Fürstenfeldbruck:Drehen im Nirgendwo

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Leere Akkus, schimpfende Autofahrer: Trotz aller Probleme bleibt das Filmteam entspannt. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Filmproduktion macht an Mammendorfer Landstraße Halt

Von Valentina Finger

MammendorfGerade hat der Ministerpräsident eigentlich perfekt geschimpft. Doch alles war umsonst. "Der Akku vom Ton ist leer", sagt Maurice Back, der bei Schmidbauer-Film für die Tonaufnahmen zuständig ist. Das siebenköpfige Team aus dem Chiemgau besteht aus jungen Filmliebhabern zwischen 22 und 26 Jahren. 2014 haben sie sich mit dem Heimatfilm "Hinterdupfing" einen Namen gemacht. Hierzulande schaffte er es bis an die Spitze der Kinocharts deutscher Filme. Vor zwei Wochen haben die sieben Filmemacher nun mit den Dreharbeiten zu ihrem neuen Projekt "Austreten" begonnen. In der Komödie äußert sich der bayerische Ministerpräsident öffentlich so missverständlich, dass er in den Medien eine hitzige Diskussion um einen möglichen Austritt des Freistaats aus Deutschland lostritt. Der Politiker flieht vor dem Trubel aufs Land - und die Handlung nimmt ihren Lauf.

Los ging es am ersten Drehtag im Landkreis Rosenheim an einer alten Mühle bei Nußdorf am Inn. Anschließend zog das Team in die Holledau, nach München und in die Chiemgauer Heimat. Doch nun steht der Ministerpräsident auf der Landstraße zwischen Eitelsried und Mammendorf, ganz in der Nähe des Feldes, das durch seinen Kornkreis kürzlich für Aufregung sorgte. Gespielt wird die Hauptfigur von Markus Böker, der durch seine frühere Rolle als Ermittler Ulrich Satori in der Serie "Die Rosenheim-Cops" bekannt ist. Die gerade gedrehte Schimpf-Szene am Straßenrand müssen Böker und das Team wegen des Tonproblems gleich noch einmal wiederholen. So will es Andreas Schmidbauer.

Der 26-Jährige steht hinter der Kamera, beim Film-Projekt und auch hauptberuflich. Er ist "Stereoscopic Technician" bei der Landsberieder Firma Stereotec. Mit deren Geräten können 3D-Effekte auch ohne Computer erzeugt werden. Es braucht dafür zwei Kameras und spezielle Vorrichtungen, auf denen sie montiert werden. Dafür ist Andreas Schmidbauer zuständig, mit Kameras kennt er sich also aus. Die Szenen in Mammendorf werden sowohl am Boden als auch mit einer Drohne gefilmt. Jene ist ein futuristisch anmutendes Flugobjekt, das zu dem Alien-Hype um den Kornkreise nebenan passt.

Bevor die Dreharbeiten weiter gehen können, springen alle Teammitglieder zum Ministerpräsidenten an den Straßenrand: schon wieder ein Auto, schon wieder ein Kommentar der Fahrerin. "Die Straße ist schon eng genug", beschwert sie sich und fährt weiter. Der Kameramann zuckt nur mit den Schultern. Solche Kommentare kennt er.

Niemand hat erwartet, dass die Straße im ländlichen Nirgendwo so stark befahren ist. Andreas Schmidbauers Cousin Thomas Schmidbauer wird langsam unruhig. Er, der als Teenager mit den Geschwistern Andreas und Tanja Schmidbauer seine Leidenschaft fürs Filmemachen entdeckte und auch in "Austreten" wieder eine Rolle spielt, arbeitet im echten Leben als Polizist. Skeptisch beobachtet er den kleinen Stau, der sich vor ihrem Lieferwagen, an dem die Szene spielt, bildet.

"Wenn das so weitergeht, müssen wir uns überlegen, ob das hier überhaupt Sinn macht", sagt er. Tanja Schmidbauer sieht es gelassen. "Meistens freuen sich die Leute auf dem Land, wenn bei ihnen was los ist", sagt sie. In Landshut allerdings seien die Passanten von den Dreharbeiten nicht gerade angetan gewesen. Wer sich aufregen will, regt sich eben auf.

Tanja Schmidbauer ist mit ihrem Bruder die Einzige im Team, die nicht bloß in der Freizeit Filme macht. Sie studiert Produktion an der Münchner Filmhochschule. Ihr Bruder hat in Stuttgart Audiovisuelle Medien studiert. Angefangen hat alles vor mehr als zehn Jahren mit einer Lego-Kamera. Mit der Zeit sind die Filme, die die Freunde als Schmidbauer-Film produzieren, immer professioneller geworden.

Immer wenn Andreas Schmidbauer von der Arbeit in Landsberied zum Essenholen nach Mammendorf fährt, kommt er jene Straße entlang, an der sie nun drehen. Die Feldkulisse und die Windräder haben ihm so gut gefallen, dass er sie im Film haben wollte. Weitere Szenen werden in der Fürstenfeldbrucker Innenstadt gedreht. Ob sie im Film auch im Landkreis spielen, lässt er offen. "Wer die Orte kennt, soll gerne davon ausgehen, dass wir im Film dort sind. Es ist möglich, aber nicht festgelegt", sagt er. Dann wartet er ab, bis der nächste Laster vorbei ist, taucht hinter der Kamera ab und ruft: "Und bitte!" Es muss wieder schnell gehen. Das nächste Auto ist schon in Sicht.

© SZ vom 13.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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