Fürstenfeldbruck:Disput um die Biotonne

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Die Kreisräte Jakob Drexler und Johann Thurner werben für eine Änderung beim Einsammeln von organischen Abfällen. Aus dem Material wollen sie Biogas erzeugen. Der Landrat hält dies für unwirtschaftlich

Von Andreas Ostermeier, Fürstenfeldbruck

Die Kreisräte Johann Thurner (Freie Wähler) und Jakob Drexler (UBV) fordern Landrat Thomas Karmasin (CSU) auf, seine ablehnende Haltung gegenüber der Einführung der Biotonne im Landkreis zu überdenken. Vor allem um die Energiewende zu beschleunigen, sei es wichtig, mehr Bioabfälle einzusammeln, schreiben die Kreispolitiker in einem offenen Brief. Diesen haben sie in Abstimmung mit dem Fachbereich Bioenergie des Energiewendevereins Ziel 21 verfasst. An diesem Dienstag soll das Schreiben an Karmasin sowie an Dieter Rubenbauer (CSU) übergeben werden, den Abfallreferenten des Kreistages Fürstenfeldbruck.

Das aus dem Biomüll gewonnene Biogas kann nach Aussage von Thurner und Drexler "eine entscheidende Rolle" für das Gelingen der Energiewende im Landkreis spielen. Bislang sei Biogas die einzige erneuerbare Energiequelle, die gespeichert werden könne, heißt es in dem Schreiben. Sie müsse nur genutzt werden. Am besten geschieht dies laut der Verfasser durch das Aufstellen einer Biomülltonne. Momentan werfen die Einwohner der Städte und Gemeinden im Landkreis ihre Küchenabfälle in kleine Säcke aus Papier oder Maisstärke, die wöchentlich von der Müllabfuhr geholt werden.

Die kleinen Säcke haben aber nicht nur den Nachteil, dass sie leicht aufreißen, mit ihnen wird auch weniger Bioabfall gesammelt, als möglich wäre. Jedenfalls erhoffen sich Thurner und Drexler größere Mengen an Biomüll, würden Tonnen zum Sammeln verwendet. Drexler ist sicher, dass es noch "genügend Potenzial nach oben" gibt. Denn derzeit werden Abfälle aus der Küche häufig in den Restmüll geworfen. Die beiden Kreispolitiker schätzen das Potenzial des Biomülls, der landkreisweit eingesammelt werden könnte, auf 15 000 Tonnen pro Jahr. Umgerechnet auf die Einwohnerzahl des Landkreises sind das jährlich 73 Kilogramm je Einwohner, was nahe am bayerischen Durchschnitt von gut 69 Kilogramm liegt. Bislang sammelt der Abfallwirtschaftsbetrieb (AWB) lediglich 24 Kilogramm an Gemüse- und Obstresten, Kartoffelschalen, Tee- und Kaffeesatz oder kompostierbaren Papierhandtüchern ein. Der Rest des Bioabfalls werde in den Gärten kompostiert oder gelange in den Restmüll und könne deshalb "nicht energetisch genutzt" werden, kritisieren Drexler und Thurner.

Neben den 15 000 Tonnen Bioabfällen aus den Haushalten könne der Landkreis auch etwa 10 000 Tonnen Grüngut, also Äste, Laub oder Grasschnitt nutzen, um Biogas zu erzeugen. Zusammen ergibt das eine Menge von 25 000 Tonnen an Bioabfällen pro Jahr. Damit lasse sich eine Vergärungsanlage "wirtschaftlich betreiben", sagen Drexler und Thurner. Die beiden Kreisräte widersprechen damit den Angaben des AWB. Der sieht eine wirtschaftliche Verarbeitung der Bioabfälle erst gegeben, wenn mindestens 30 000 Tonnen davon eingesammelt werden. Drexler und Thurner führen dagegen an, dass die Vergärungsanlage in Warngau im Landkreis Miesbach sogar mit 13 000 Tonnen an Abfällen pro Jahr auskommt.

In diesem Zusammenhang kritisieren die beiden Kommunalpolitiker auch, dass Karmasin und Rubenbauer die Bedeutung von speicherbarer Energie aus nachwachsenden Rohstoffen außer Acht ließen. In den Äußerungen der CSU-Politiker komme der volkswirtschaftliche Nutzen einer Vergärungsanlage nicht vor, und dies, obwohl sich der Landkreis bereits im Jahr 2000 zum Ziel gesetzt habe, seine Energieversorgung vollständig auf erneuerbare Energien umzustellen, sagen Thurner und Drexler. Stattdessen werde "ein falsches Bild gezeichnet", das nur den "wirtschaftlichen Interessen des AWB" entspreche.

Auch die von Karmasin, Rubenbauer und dem AWB vorausgesagte Erhöhung der Müllgebühren stellen die Kreisräte in ihrem offenen Brief in Abrede. Die Einführung einer Biotonne sowie die energetische Nutzung des eingesammelten organischen Materials würde die Gebühren um 18,5 Prozent, also fast um ein Fünftel, steigen lassen, hatten Karmasin und Rubenbauer kürzlich in einer Pressekonferenz gesagt und daraus geschlossen, dass sich das bisherige System "verschlechtern" werde.

Drexler und Thurner führen aber niedrigere Zahlen an als der Landrat, halten seine Angaben für "wesentlich zu hoch angesetzt". Während der Abfallwirtschaftsbetrieb kalkuliere, dass eine Tonne Biomasse 98 Euro kostet, berechneten andere Dienstleister lediglich 45 Euro pro Tonne, sagen die beiden Kreisräte. Sie schlagen deshalb vor, die tatsächlichen Kosten einer Nutzung der Bioabfälle aus Haushalten und Gärten zur Gewinnung von Biogas ermitteln zu lassen. Dazu solle der Kreistag eine "unabhängige Machbarkeitsanalyse" in Auftrag geben, fordern Drexler und Thurner.

© SZ vom 02.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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