Fürstenfeldbruck:Digitalisierung als Gemeinschaftsaufgabe

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Wie sollen die Schulen künftig mit Hard- und Software ausgestattet werden? Wo jetzt noch jede Kommune ihr eigenes Ding macht, wollen sie künftig zusammenarbeiten und damit auch Versäumnisse aufholen

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

"Wir müssen mit dem kommunalen Geld den Bildungsturbo einschalten und aufholen, was in den letzten Jahren versäumt wurde", sagt Hans Seidl fast schon flehentlich. Der CSU-Kreisrat und Bürgermeistersprecher im Landkreis wirbt eindringlich dafür, dass sich Städte und Gemeinden sowie der Landkreis selbst zusammentun sollen, um ihre Schulen digital aufzurüsten. Nach kontroverser Diskussion findet er Gehör. Gegen die Stimmen von Christoph Maier (SPD), Martin Runge und Ingrid Jaschke (beide Grüne) stimmt der Kreisausschuss für das Projekt, ein digitales Kompetenzzentrum für die Schulen zu gründen. Das endgültige Wort hat der Kreistag.

Die Corona-Pandemie macht deutlich, dass Deutschland bei der Digitalisierung hinterherhinkt. Auch an den Schulen. Mittlerweile gibt es zwar staatliche Förderprogramme. Für die Städte und Gemeinden und den Landkreis - die als sogenannte Sachaufwandsträger die Computer anschaffen, am Laufen halten und wieder erneuern müssen -, ist die Aufgabe, sich durch alle Details zu arbeiten, aber bisweilen eine knifflige. Auch machte bisher jede Kommune die Arbeit für sich allein. Mit der Folge, dass IT-Ausstattung und -Infrastruktur uneinheitlich sind. Deshalb müsse man diese Dinge bündeln, fordert Hans Seidl: "Einmal machen, und alle 23 Kommunen können darauf zurückgreifen."

Die geplante gemeinsame Einrichtung soll Ansprechpartner sein und Unterstützung bieten bei konkreten Fragen zur Digitalisierung der Schulen. Ziel ist, durch das Bündeln von Ressourcen und Erfahrungen Synergien nutzen zu können: beim Umgang mit Förderprogrammen, bei der Implementierung von IT-Systemen und -Infrastruktur, bei Service und Support. Im Idealfall können dabei auch Kosten eingespart werden. Geplant ist, dass sich die Kommunen, die sich an dem Projekt beteiligen, zum Verein "Digitale Schule FFB" zusammenschließen. Die "digitale Schule FFB" ist bislang ein privates Projekt der beiden IT-Spezialisten Thomas Geiger und Guido Grotz, die das ehrenamtlich betreiben. Pro Jahr soll das neue, auf drei Jahre angelegte Projekt mit einer halben Million Euro ausgestattet werden, wie den Unterlagen an die Kreisräte zu entnehmen ist. Die sollen die Kommunen beisteuern, indem sie 18 Euro pro Schüler bezahlen. Im Landkreis werden insgesamt 27 800 Schüler von 1800 Lehrern unterrichtet. Ob sie dem Kompetenzzentrum beitreten wollen, entscheiden die Stadt- und Gemeinderäte.

Unterstützung bei seinem Plädoyer erhält Hans Seidl von seinem Fraktions- und Bürgermeisterkollegen aus Türkenfeld, Emanuel Staffler: Deutschland würde für gewöhnlich ein "Macher-Gen" fehlen, hier aber seien Leute, "die einfach machen", betont er und meint damit die beiden IT-Spezialisten. Er neige dazu, diesem Vorgehen eher "das Wort zu reden als dem Pessimismus", so Staffler. Auch Sandra Meißner (Freie Wähler) bekräftigt, dass es "mit Hinstellen von Hardware nicht getan ist" bei der Digitalisierung. Derzeit würde jede Schule "ihr eigenes Süppchen kochen. Das ist ein Unding." Deshalb sei sie gerne bereit, "einen neuen Weg mitzugehen".

Christoph Maier will die Notwendigkeit des Projekts nicht so recht einleuchten. Der SPD-Kreisrat ist der Ansicht, dass damit ein Konstrukt geschaffen würde, "dessen Effizienz in keinster Weise erkennbar wird". Maier warnt vor "einem hohen Risiko, viel Geld zu investieren, wo dann bei Schülern und Lehrern wenig ankommt". Er sieht zudem eine "Verquickung privatwirtschaftlicher und kommunaler Struktur". Auch Martin Runge (Grüne) gibt sich skeptisch und bedient sich einer Argumentation, wie sie bisweilen Landrat Thomas Karmasin (CSU) verwendet. "Wir sind nicht zuständig", sagt Runge: Es sei die Staatsregierung, die "ihren Aufgaben nicht nachgekommen ist." Und es gebe Kommunen, die bei ihren Digitalisierungsvorhaben "schon sehr weit" seien. Gerade die kleinen Gemeinden aber werde es überfordern, wenn sie jährlich Hard- und Software austauschen müssten, wirft Hans Seidl ein: "Und dass Bildung abhängig ist von der Leistungsfähigkeit einer Kommune, das kann doch nicht unser Ziel sein!"

Die Grünen sind gespalten. Runge und Ingrid Jaschke stimmen dagegen, Angelika Simon-Kraus und Andreas Birzele dafür. "Vor Ort ist die gleiche Qualität der Ausstattung notwendig", sagt Birzele. "Wir müssen alle an einem Strang ziehen!"

© SZ vom 06.12.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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