Fürstenfeldbruck:Die Wucherer

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Efeu und Misteln wachsen sich für die heimischen Laubbäume zu einem Problem aus

Von Christian Hufnagel, Fürstenfeldbruck

Wer nach Anzeichen des Klimawandels sucht, der muss in den Wintermonaten nur Bäume ansehen. Die kahlen Äste geben den Blick frei auf zwei Pflanzen, die laut Brucks Forstamtsleiter Hans-Jürgen Gulder im Landkreis immer mehr auf dem Vormarsch sind, was eben Indiz dafür sei, dass es immer wärmer werde. Efeu und Mistel stammen nämlich ursprünglich aus gemäßigteren Meereszonen, breiten sich hier aber zunehmend aus. Das mag in der laublosen Jahreszeit für Naturliebhaber zwar eine kleine Freude sein, schließlich bleiben am Stamm und im Astwerk immergrüne Stellen. Doch dem Experten erfasst angesichts dieser Veränderung ein Unbehagen: Beide Pflanzen könnten für die heimischen Bäumen zum Problem werden, sagt Gulder, wenn auch in unterschiedlichem Maße.

Den Efeu sei für die heimischen Wälder zwar noch kein dramatisches Problem, das Araliengewächs muss für Waldbauern seiner Ansicht nach aber schon ein Thema sein. Denn: "Es kann Bäume zu Tode bringen." Was Gulder damit meint, lässt sich etwa im Emmeringer Hölzl stellenweise beobachten. Die grüne lianenartige Pflanze ummantelt bereits ganze Stämme und wuchert bis zur Krone empor. Damit würden die Blätter verschattet und die Assimilation gestört, so der Forstexperte. Kurz: Der Baum wird in seiner Vitalität geschädigt. Da der Efeu allerdings kein Parasit ist und selbst wurzelt, gibt es Abhilfe: "Abschneiden, was am Boden rauskommt", sagt Gulder und betont: "Ich würde das in meinem Wald machen."

Schwieriger verhält es sich mit der Mistel, der der Forstamtschef eine "rasante Entwicklung" zuschreibt. Fatal daran ist, dass es sich bei dieser immergrünen Pflanze um einen Parasiten handelt, der seinem Wirt Wasser und Nährstoffe entzieht und ihn somit nachhaltig zusetzt. Deshalb treibt Gulder wirklich die Sorge um die Laubbäume im Landkreis um. Schließlich: "Man kann nichts dagegen machen." Der Waldbesitzer müsste schon auf den Baum hinaufklettern und die kugelartigen Gebilde vorsichtig herausschneiden. Das sei durchaus gefährlich: "Wer macht das schon?" Und die Verbreitung der Mistel ist ebenfalls nicht zu verhindern, werden die Samen der Mistel doch von Vögeln weitergetragen.

Wenig Trost mag es für betroffene Waldbauern sein, dass sich um die beiden Pflanzen viel Mystisches rankt. So glaubten die Verehrer des Gottes Dionysos, reichliches Efeu-Vorkommen sei ein sicheres Zeichen für die Anwesenheit des Gottes. Oder: Dichter bekränzte man mit Efeu, weil dieser eine heilige Pflanze des Gottes Apoll und der Musen war. Und auch die Mistel wurde als heilig verehrt, seinerzeit von den Römern. Ins moderne Allgemeinwissen fand sie unzweifelhaft durch die Asterix-Bände. Schließlich verleiht erst die Mistel als Zugabe in den berühmten Zaubertrank des Druiden Miraculix dem Comic-Helden jene unglaublichen Kräfte, mit denen die vielen bösen Römer kinderleicht verprügelt werden konnten.

© SZ vom 19.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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