Fürstenfeldbruck:Die Suche nach der Stimme

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Bach-Nacht in der Pfarrkirche Sankt Bernhard

Von KLAUS MOHR, Fürstenfeldbruck

Am Samstag jährte sich Johann Sebastian Bachs Geburtstag zum 330. Mal. Im Gegensatz zu anderen längst Verstorbenen ist es bei Komponisten eher so, dass sie immer wieder eine Art Wiedergeburt erleben: Da ihre Werke nur als Notenschrift überliefert sind, muss ihre Musik durch die Interpreten stets neu zum Leben erweckt werden. So war es auch bei der Bach-Nacht in der Pfarrkirche Sankt Bernhard. Unter der Leitung des früheren Kirchenmusikers an Sankt Magdalena und der Klosterkirche Fürstenfeld, Roland Muhr, der auch das Orgelcontinuo spielte, musizierten Walter d'Arcangelo (Orgel), Adelheid Maria Thanner (Sopran), Alexandra Muhr (Flöte) und Florian Adam (Oboe).

Der Konzertabend folgte insgesamt einem unausgesprochenen Motto: Obwohl nur eine Sängerin zu hören war, war der Zielpunkt fast aller Musik die menschliche Stimme. Das galt insbesondere für die beiden Blasinstrumente, die veritable Kantilenen auf beständigem Atemfluss zauberten, aber auch für die Orgel, die in Melodieführung und Registrierung oft dieses Ideal ansteuerte. Das mit Pause zweieinhalbstündige Konzert war in sieben Programmblöcke aufgeteilt, wobei sich jeweils eine Gruppe aus zwei bis drei solistischen Orgelwerken mit Kammermusikwerken und Arien aus Kantaten abwechselten.

Der Italiener Walter d'Arcangelo verfügt über ein souveränes technisches Können, das ihm eine sehr plastische Darstellung der kompositorischen Strukturen der Werke ermöglicht. Den Beweis erbrachte er bereits im Eingangsstück, der dreiteiligen Fantasie in G-Dur BWV 572: Den ersten Abschnitt nahm er in obertonreicher Registrierung und setzte damit auf einen ganz klaren Klangcharakter. Später fügte er profunde Pedalklänge hinzu, so dass ein ganz machtvoller Klang entstand. In der Fantasia super "Komm, Heiliger Geist, Herre Gott" BWV 736 entstand eine gewisse klangliche Lücke zwischen den Manualen und den ganz tiefen Pedalklängen, so dass man den Eindruck hatte, dass der Heilige Geist nicht von oben herabschwebt, sondern eher aus der Tiefe emporsteigt.

Flöte und Oboe wetteiferten den ganzen Abend um den schönsten Ton, wobei weniger die virtuose Spielfreude, sondern mehr die sorgsam entwickelte Klangqualität im Vordergrund stand.

Roland Muhr erwies sich dabei einmal mehr als hochsensibler Musiker, der sich wunderbar auf seine Partner einlässt, ihnen aber, wo immer nötig, den klanglichen Primat überlässt. In den Arien entspann sich zwischen der Sopranistin und den Bläsern oft eine rege Zwiesprache, so dass dadurch klar wurde, dass der musikalisch beeindruckendste Klang noch immer von der menschlichen Stimme selbst kommt. Schade, dass nur etwa 35 Zuhörer die Gelegenheit genutzt haben, sich wieder neu auf Bachs Musik einzulassen. An der Qualität der Interpretationen jedenfalls lag es sicher nicht, wie auch der sehr freundliche Applaus am Ende allen noch einmal bestätigte.

© SZ vom 25.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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