Fürstenfeldbruck:Die Revolution der Kunstwelt

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Der Eichenauer Künstler Roland Helmer gehört zu den bedeutenden Vertretern der konkreten Kunst. (Foto: Günther Reger)

Eine großartige Ausstellung im Haus 10 zeigt, wie die Seriengrafik den Markt demokratisiert hat

Von Florian J. Haamann, Fürstenfeldbruck

Es war eine kleine Revolution des Kunstmarktes, als in den Sechzigerjahren immer mehr Künstler damit begonnen haben, ihre Werke durch neue technische Entwicklungen nicht nur einmal, sondern in großer Zahl zu produzieren. Verbunden ist diese Entwicklung vor allem mit dem Namen Andy Warhol, der als einer der ersten Künstler mit dem Siebdruck-Verfahren seine Werke in großer Stückzahl anbot. Revolutionär war das nicht nur, weil jedes Werk auf einmal mehrfach zu erhalten war, sondern vor allem, weil die Kunst dadurch günstiger wurde: Auch Normalverdiener konnten plötzlich Werke berühmter Künstler kaufen, der elitäre Markt wurde durch das Aufkommen serieller Grafiken demokratisiert.

Auch für die konkrete Kunst war die Möglichkeit zur Serienproduktion ein Glücksfall. Die grafischen Werke, die sich vor allem auf Farben und geometrischen Figuren konzentrieren, sind wie gemacht für größere Stückzahlen. Einen Überblick über die Werke, die dabei entstanden sind, zeigt die aktuelle Ausstellung im Kunsthaus, die Grafiken von zahlreichen international wichtigen Vertretern dieser Gattung präsentiert. Alle gezeigten Werke gehören der Kulturstiftung Derriks.

Die Ausstellung arbeitet dabei unter anderem wunderbar heraus, dass viele konkrete Künstler sich ähnlicher Motive bedienten - was natürlich auch durch die limitierte Zahl einfacher geometrischer Formen bedingt ist. So ist für Max Bill und Ben Muthofer das Dreieck als zentrale Figur charakteristisch. Und dennoch werden in der Gegenüberstellung auch schnell die Unterschiede deutlich. Während bei Bill die Dreiecke eher den Rahmen für die Farbigkeit bilden, sozusagen den Raum schaffen, in dem die Farben wirken, sich aufeinander ziehen, wird der Blick bei Muthofer viel stärker auf die Geometrie gelenkt.

Wie wichtig es den Künstlern war, sich trotz aller Ähnlichkeiten voneinander zu unterscheiden, zeigen die Werke von Günter Fruhtrunk und dem Eichenauer Künstler Roland Helmer. Beide arbeiten viel mit Linien. "Ich arbeite vor allem mit waagerechten und senkrechten Linien. Die Diagonale habe ich dagegen eher gemieden, weil sie schon immer mit Fruhtrunk verknüpft war, quasi als sein Markenzeichen galt", erzählt Helmer, der zu den 19 ausgestellten Künstlern gehört.

Die Ausstellung zeigt aber nicht nur die Ähnlichkeiten, Entwicklungen und Unterschiede der Motive und Formen konkreter Grafiken. Sie ist auch aus technischer Sicht spannend. Denn sie zeigt, wie sich der moderne Grafikdruck entwickelt hat. Maßgeblich sind dafür vier Techniken: Zinkografie, Siebdruck, Giclée-Druck und der Schablonendruck. Dabei ist die Zinkografie die älteste Technik. Meisterhaft beherrscht wurde sie von Ludwig Wilding, von dem drei Werke zu sehen sind, die alle den Anschein erwecken, als würden sich die Motive bewegen.

Die Ausstellung wirft alleine schon mit ihrem Namen viele Fragen über Kunst, den Kunstmarkt und Zugang zu Kunst auf. Sie präsentiert aber auch viele Antworten und führt den Besucher klug durch eine spannende Epoche, die nach dem Zweiten Weltkrieg den Kunstbegriff neu definieren und besetzen wollte und deren Ideen bis heute aktuell sind.

Ausstellung "Grafik - Große Kunst zu kleinen Preisen?", Kunsthaus Fürstenfeldbruck. Vernissage am Freitag, 11. November, von 19.30 Uhr an, danach bis zum 27. November zu sehen.

© SZ vom 10.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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