Fürstenfeldbruck:Die Milch macht's

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Behörden und Gewerkschaften versuchen, den Ruf des Naturprodukts aufzubessern. Der Brucker aber bevorzugt Bier

Von Peter Bierl, Fürstenfeldbruck

Die Milch ist in jüngster Zeit etwas in Verruf geraten: Laktoseunverträglichkeit, Allergien, Verschleimung, gar Krebs werden dem Getränk zugeschrieben. Eine namhafte Boulevardzeitung titelte gar: "Drei Gläser Milch am Tag können tödlich sein." Höchste Zeit solchen Fake News entgegenzutreten, dachten sich Experten des Kompetenzzentrums für Ernährung der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft in Freising. Unter dem Titel "Freispruch für die Milch" publizierten sie einen Überblick über die aktuelle wissenschaftliche Literatur. Ihr Fazit lautet: "Ein Großteil der Vorwürfe entbehrt jeder wissenschaftlichen Grundlage."

So sieht das auch Sabine Mehring. "Milch ist wichtig. Sie liefert wertvolles, leicht verdauliches Eiweiß und Kalzium und ist deshalb als Lebensmittel nicht wegzudenken", sagt die Ökotrophologin und Seminarleiterin der Hauswirtschaftsschule in Bruck. Dass es derzeit keine Schulmilch gibt, hänge nicht mit Allergien und Intoleranzen zusammen, sondern mit laufenden EU-Programmen, denen zufolge Schüler ab 1. Februar 2018 außer Obst und Gemüse auch wieder Milch bekommen könnten, sagt Mehring.

"Die Milch macht's", verkündet im Einklang damit die Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten (NGG) zum Auftakt der Tarifverhandlungen für die etwa 17 000 Beschäftigen der Milchwirtschaft in Bayern. Um für eine Lohnsteigerung von 5,8 Prozent in der Lokalpresse zu werben, hat ein Gewerkschaftssekretär ausgerechnet, dass die Fürstenfeldbrucker im vergangenen Jahr etwa 113 000 Hektoliter Milch getrunken haben sollen, etwa 53 Liter pro Kopf.

Die Milch sei ein Wirtschaftsfaktor im Freistaat, betont die Gewerkschaft, etwa 20 Prozent würden von Bayern in den Rest der Welt exportiert, beim Käse seien es sogar zwei Drittel. Die Bauern im Landkreis widmen sich aufgrund der Bodenbeschaffenheit zwar vorwiegend dem Ackerbau und bei den großen Krisen der Branche haben etliche Milchbauern aufgegeben. Dennoch hat das Amt für Landwirtschaft und Ernährung (AELF) in Fürstenfeldbruck noch 79 Bauern mit insgesamt etwa 3500 Kühen registriert. Bei den Höfen handelt es sich überwiegend um kleine und mittlere Betriebe.

Nach Angaben des AELF gab jede dieser Kühe im Jahr 2015 im Durchschnitt etwa 7300 Liter Milch ab. Ziehe man ab, was die Kälber saufen, blieben noch etwa 6800 Liter pro Kuh, macht insgesamt also um die 238 000 Hektoliter. Nun könnte man meinen, dass der Landkreis Fürstenfeldbruck etwa die Hälfte seiner Milch exportiert. Aber weit gefehlt, ein großer Teil der Milch werde vorher zu Butter, Käse oder Joghurt verarbeitet. Wie viel das ist, darüber führt das AELF keine Statistik.

Sowohl was die ökonomische als auch die gesellschaftliche Bedeutung betrifft, von den gesundheitlichen Folgen ganz zu schweigen, wird die Milch allerdings schwer überschätzt. Statistisch betrachtet konsumiert jeder Landkreisbewohner nämlich fast doppelt so viel Bier: über 104 Liter sollen es 2016 gewesen sein. Der Verbrauch ist allerdings tendenziell rückläufig. 1980 waren es noch fast 146 Liter. Und überhaupt, in erster Linie wären die Fürstenfeldbrucker Kaffeetrinker, wenn sie denn den deutschlandweiten Durchschnitt von 162 Liter erreichten. Fest steht, dass dafür jede einzelne Kaffeebohne aus fernen Ländern importiert wird.

© SZ vom 13.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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