Fürstenfeldbruck:Die Finte mit der Erbsensuppe

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Unter den erhabenen Blicken der drei Fliegerasse in Öl auf Leinwand begrüßt Brigadegeneral Michael Traut das neue Jahr und die Gäste. Von links: Landrat Thomas Karmasin, Sparkassenchef Klaus Knörr, Landtagsvizepräsident Reinhold Bocklet, Landratsstellvertreterin Martina Drechsler und Bezirksrätin Gabriele Off-Nesselhauf. (Foto: Johannes Simon)

Beim Neujahrsempfang auf dem Fliegerhorst verrät Brigadegeneral Traut, wie man Befehle aus Berlin ins Leere laufen lässt. Und er benennt den Mann, der 2022 am Standort das Licht ausmachen und den Schlüssel umdrehen soll

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Alles hat seine Ordnung bei der Bundeswehr. So auch beim Neujahrsempfang am Donnerstag auf dem Fliegerhorst, im ehrwürdigen Saal der Offizierheimgesellschaft. Von zwei außergewöhnlichen Begebenheiten wird am Ende freilich zu berichten sein. Im Gegensatz zu dem in Öl auf Leinwand gebannten, streng blickenden Flieger-Dreigestirn Max Immelmann, Manfred von Richthofen und Oswald Boelcke fallen die aus dem Rahmen des Gewohnten.

Es geht um zivile Melodien und umsatzsteuerpflichtige Suppen. Davon ahnen die geladenen Gäste zunächst nichts, als sie sich in die lange Schlange einreihen, um von Brigadegeneral Michael Traut, 53, einzeln per Handschlag begrüßt zu werden. Traut weiß eine ansehnliche Hausmacht mit funkelndem Metall auf den Schultern hinter sich - in makellosen blauen Ausgehuniformen und blitzblanken Schuhen. Einer kann mithalten und hat die in der Einladung vermerkte Kleiderordnung ("Dienstanzug/Straßenanzug") besonders genau studiert: Landrat Thomas Karmasin (CSU), der den perfekt sitzenden schwarzen Slim-Fit-Anzug nebst blütenweißem Hemd mit einem entwaffnenden, spitzbübischen Grinsen krönt. Während draußen der Winter dicke Flocken tanzen lässt, haben sich im Schein der drei Kronleuchter abermals Landtagsabgeordnete, Bürgermeister sowie Bezirks-, Kreis- und Stadträte ebenso eingefunden wie hochrangige Vertreter von Polizei, Banken und Kirche. Weil die Luftwaffe bei einem Gläschen Sekt mit dem ganzen Spektrum der Zivilgesellschaft ins Gespräch kommen will, dürfen auch Christian Franke, der Kreischef des Lehrerverbands, und dessen Ehrenvorsitzende Inge Heining nicht fehlen.

Auf einem Bildschirm ganz hinten im Saal sind Luftaufnahmen einer Drohne zu sehen. Sie belegen, dass die Neubauarbeiten für die Offizierschule in Roth seit dem ersten Spatenstich Ende Juni gut vorankommen und neben dem "Großparkplatz der OsLW" schon einige Häuser in die Höhe gewachsen sind. So schnell, wie das Walter Schwarz von der SPD letztens im Stadtrat ankündigt hat, wird es mit dem Umzug der Offizierschule und dem Abzug der ganzen Bundeswehr vom Standort Buck aber wohl nicht gehen. Oberbürgermeister Erich Raff (CSU) kann sich in seiner Rede einen Seitenhieb auf Schwarz denn auch nicht verkneifen und bekommt Schützenhilfe von Traut: Der Schulbetrieb werde wohl mindestens noch vier Jahre in Bruck aufrechterhalten. Der Standort Roth soll bis 2021 halbwegs fit gemacht sein und bis Herbst 2022 in vollem Umfang nutzbar. 2020, wie von Schwarz in Aussicht gestellt, würde sich wohl nur machen lassen, wenn ein wundersamer "Schnellbinderbeton" erfunden werde, scherzt Traut.

Eine zentrale Rolle kommt einem anderen Brucker Stadtrat zu: Herwig Bahner (FDP) leitet das Dienstleistungszentrum der Bundeswehr am Standort Bruck, das wohl als letzte Einrichtung dicht gemacht wird. Bahner, so Traut, müsse nicht nur "das Licht ausmachen", sondern - dann wohl schon von Dunkelheit umfangen - anschließend "den Schlüssel umdrehen". Zurücklassen wird die Luftwaffe ihr Blaues Palais, das angesichts der wachsenden Zahl der Offiziersschüler (zurzeit zwei Jahrgänge mit insgesamt mehr als 500 angehenden Offizieren) voll belegt ist und das zum Jahresende von einer Spezialfirma von der Patina befreit wurde, die 40 Jahre Zeit hatte, sich auf blauen Stahlfassaden und in Fensterfugen auszubreiten. Nachdem Landrat Karmasin sich bei den "Freunden" für die Unterstützung bei der Einrichtung der Asyl-Erstaufnahme und bei den Planungen, im alten Tower einen Erinnerungsort einzurichten, bedankt hat, zeigt sich die Bundeswehr plötzlich von einer überraschend beschwingten Seite. Das wird doch nicht ...? Und ob: Das Heeresmusikkorps aus Ulm hat jeden Marsch dieser Welt drauf. Nun zeigt sich, dass Heeresmusikkorps auch Henry Mancinis Pink Panther kann. Da geht anerkennendes Raunen durch die Gästeschar. Die wendet sich um so wohlgemuter der Gulaschsuppe zu - während Traut über den dampfenden Schüsseln ein Geheimnis lüftet: Berlin habe letztens gegen den traditionellen Verkauf von Erbsensuppe auf dem Brucker Weihnachtsmarkt interveniert, weil dafür streng genommen Umsatzsteuer abgeführt werden müsse. Um weiterhin Einnahmen für gute Zwecke zu erschließen, wurde Ende 2017 kurzerhand die Schlachtordnung umgestellt: Die Suppe wird nicht mehr verkauft, sondern gegen eine Spende ausgegeben. Am Ende sei damit sogar mehr in die Kasse gekommen, verrät der bestens gelaunte Standortkommandant.

© SZ vom 02.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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