Fürstenfeldbruck:Die Braut macht Zicken

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Emmerings Bürgermeister Michael Schanderl (links) präsentiert Klaus Pleil den Forderungskatalog. (Foto: Günther Reger)

Eingemeindung? Emmering gibt Fürstenfeldbruck einen Korb

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Auf der Galerie vor dem Büro des Brucker Oberbürgermeisters Klaus Pleil im ersten Stock des Rathauses stehen Biertische und -bänke. Es gibt Weißwürste und Brezen. Schließlich gibt es Grund zum Feiern. Pleil hatte ganz offiziell verlauten lassen, die Gemeinde Emmering werde eingemeindet. Hinter den Bierbänken klebt schon ein Foto vom neuen Ortsschild. Darauf ist schwarz auf gelb zu lesen: "Emmering - Große Kreisstadt Fürstenfeldbruck". Bürgermeister Michael Schanderl aus dem neuen Ortsteil stößt mit einem Weißbier an. Gleichwohl ist der Freie-Wähler-Politiker auf Krawall gebürstet, macht er doch deutlich, dass die Sache mit der Eingemeindung längst noch nicht beschlossene Sache ist. "Da besteht weiterer Verhandlungsbedarf", sagt er kühl und verweist auf einen dicken Forderungskatalog. Zum einen will er nicht akzeptieren, dass Pleil aus dem Emmeringer Rathaus eine Kulturbühne macht. Nix da, sagt Schanderl, wenn schon, dann müsse Pleil mit seinen Leuten in Emmering einziehen. Außerdem will Schanderl dem Werben des Brucker Bräutigams nur dann nachgeben, wenn dieser künftig alle Lasten trägt und (Ex-) Emmering den Nutzen hat. Die Braut macht also Zicken. Klar, Bruck zahlt an diesem Tag schon Brotzeit und Getränke. Ein erster Schritt in die richtige Richtung. Aber Schanderl blickt weit über den Schaum hinaus. Ihm geht es um die Vermarktung des Fliegerhorsts. OB Pleil will da nichts versprechen. Wahrscheinlich auch deshalb, weil ihm sonst Leute wie der Schwarz Walter von der SPD wieder eigenmächtiges Handeln über die Köpfe der Gremien hinweg vorwerfen würden. Eines meint Pleil immerhin auf die eigene Kappe nehmen zu können: Man sei bereit, eine Deichenstegtrasse durchs Hölzl zu bauen, das müsse aber wirklich genügen. Wegen ihm könne Schanderl auch Ortsteilbürgermeister bleiben. Überraschende Zugeständnisse, nachdem die Stadt einst Puch sowie Teile von Aich, Malching und Biburg ohne viel Federlesens geschluckt hatte.

Eine Besucherin, deren Eltern in Emmering leben, unterbricht die Verhandlungen, über denen der Geist der deutschen Wiedervereinigung schwebt - oder eher der von unterkühltem Diplomatengeplänkel an der Demarkationslinie zwischen Nordkorea und dem südkoreanischen Klassenfeind. Emmering wäre "das Brucker Grünwald", sagt die Frau. Dort also leben die, die es geschafft haben. Credo: Die Kreisstadt mit ihren 36 500 Einwohnern kann sich glücklich schätzen, wenn es die 7000 Emmeringer und damit Glanz und Reichtum mit einem Federstrich einsacken kann.

Als die Weißwürste aufgegessen sind und das Bier ausgetrunken ist, kommt es zum Eklat: Schanderl lässt den hinter den Kulissen so sorgsam eingefädelten Deal platzen. Seine billige Ausrede: Es sei der 1. April, dies sei ein Aprilscherz. Und Grünwald sei ja auch kein Ortsteil Münchens, sondern selbständig. Damit wiederholt sich Geschichte. Denn schon 1978 hatten die Emmeringer den herausgeputzten Brucker Bräutigam abblitzen lassen. Im Zuge der Gebietsreform war damals - ernsthaft - über eine Eingemeindung Emmerings nach Bruck diskutiert worden. Schanderls Vorgänger, Bürgermeister Lorenz Kiener, musste letztlich lediglich einen kleinen Aderlass hinnehmen: der Ortsteil Wagelsried wurde an die Gemeinde Alling abgegeben, ansonsten durfte Emmering unabhängig bleiben.

© SZ vom 02.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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