Fürstenfeldbruck:Dialog zweier Künstlerinnen

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Sabine Kraemer (links) und Stafanie Brüning bei den letzten Vorbereitungen zu ihrer Ausstellung. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Stefanie Brüning und Sabine Kraemer zeigen im Haus 10 ihre Papierarbeiten

Von Valentina Finger, Fürstenfeldbruck

Begonnen hat die Zusammenarbeit von Stefanie Brüning und Sabine Kraemer wie eine Art Domino-Spiel. Weil sie nicht in derselben Stadt wohnen, haben sich die befreundeten Künstlerinnen gegenseitig Aufnahmen ihrer Arbeiten per E-Mail geschickt. Aktuelle und ältere, immer ein Bild als Reaktion auf das andere. Obwohl sie bereits wussten, dass es zwischen ihren Werken gewisse Anknüpfungspunkte gibt, entdeckten sie auf diese Weise allerdings noch weitaus mehr Verwandtschaften als angenommen. Diese Synergieeffekte sind die Basis ihrer gemeinsamen Ausstellung "Eins nach dem Anderen", die von Samstag an in der Kulturwerkstatt Haus 10 im Klosterareal zu sehen ist.

Brüning und Kraemer arbeiten beide vorwiegend mit Papier. Während erstere daraus bevorzugt geometrische, Netz- oder Gitterstrukturen schafft, sind die Objekte letzterer bunter, wilder, vielleicht verspielter. Dabei steht in beiden Fällen das Dreidimensionale im Vordergrund, die Oberfläche des eigentlich flachen Materials wird aufgebrochen und beansprucht Präsenz im Raum. Bei Krämer zeigt sich das zum Beispiel an ihren sogenannten "Zeilenbüchern", deren Seiten so in Streifen geschnitten sind, dass sie dem Betrachter, einer Collage ähnlich, entgegen flattern. Brüning geht bei ihren Objekten skulptural vor: Linie für Linie schneidet sie aus ihren Papierbögen aus, bis am Ende nur noch ein feines Skelett übrig bleibt. "Auf diese Weise integriere ich den Raum, denn wenn das Papier am Ende an der Wand hängt, bleibt es nicht mehr flach", sagt Stefanie Brüning, die unter anderem Bildhauerei und Kunsterziehung studiert hat.

Für die gebürtige Kölnerin, die lange in München gelebt hat und mittlerweile Lehramtsstudierende an der Universität Koblenz in der künstlerischen Praxis unterrichtet, ist die Auseinandersetzung mit Räumlichkeit zentral. In ihren Arbeiten beschäftigt sie sich viel mit Kartografie, Raumvermessung und Sprache. Oft integriert sie dabei Gedanken an abstrakte, ihr unbegreifliche Phänomene, wie die Unendlichkeit des Horizonts oder die Idee einer vierten Dimension. Ein Sinnbild für diese Faszination ist ein vierdimensionaler Hyperwürfel, ein sogenannter Tesserakt, der auf eine Zinkplatte geprägt ist. Denn seit einiger Zeit experimentiert Stefanie Brüning neben Papier auch mit Metall und Glas als Arbeitsmaterial. Wie bei ihren Papierskulpturen entfaltet sich das Gesamtkunstwerk dabei oft erst im Zusammenspiel mit dem Ausstellungsraum: Die, ein paar Zentimeter von der Wand entfernt hängenden, Objekte werfen Schatten, die ihnen Tiefe verleihen oder sie, wie bei einer feinen Glasgravur, sogar erst richtig präsent machen.

In Brünings neueren Arbeiten spielt die Reflexion über Sprache, beispielsweise durch die Verkettung von Worten und Buchstaben, eine zunehmende Rolle. Die Liebe zu Literatur und Lyrik zieht sich bei Sabine Kraemer, die in München lebt, aber in Braunschweig geboren ist, hingegen schon durch ihren gesamten Werkkorpus. Sie fertigt sogenannte "Taschenbücher" an, Bücher also, die sie tatsächlich zu Handtaschen verformt hat, oder stellt übermalte Kinderbücher so zusammen, dass sie wie eine Blütenskulptur aussehen. Wenn Brüning die konzeptionelle Denkerin ist, ist Kraemer diejenige, die aus dem Durcheinander die größten Gefühle schöpft. Ausgebildet ist sie zur Sprecherin, Buchhändlerin, Schneiderin und Zeichnerin, zudem ist sie als Performance-Künstlerin tätig. All diese Facetten sind auch in die ausgestellten Werke eingeflossen. "Ich bin sehr vielseitig", sagt Kraemer. "Wie ein Baum, der sich in viele Äste verzweigt, verfolge ich oft aus dem Moment heraus eine ganz neue Richtung."

Ausstellung "Eins nach dem Anderen" in der Kulturwerkstatt Haus 10, Vernissage am Freitag, 31. Mai, um 19.30 Uhr, anschließend bis 16. Juni freitags von 16 bis 18 Uhr sowie samstags und sonntags von 10 bis 18 Uhr geöffnet

© SZ vom 29.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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