Fürstenfeldbruck:Der Wanderprediger des Blues

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Von Jörg Konrad, Fürstenfeldbruck

Die Gitarre klebt förmlich an ihm, als sei sie Teil seines Körpers. Seine Finger jagen gelenkig über das Griffbrett. Und mit seiner Stimme umgarnt er das Publikum, als sei er ein erfahrener Wanderprediger. Jimmy Reiter, der geborene Bluesman, spielt seine Musik hingebungsvoll und dabei ganz dem Slogan seines letzten Albums verpflichtend: "High Priest Of Nothing". Man spürt seine Begeisterung, man erkennt seine Leidenschaft und das Publikum folgt ihm - hypnotisiert. Jimmy Reiter lebt mit Haut und Haar in der stilistischen Enklave des Blues. Mögen die Fahrten zu seinen Auftritten auch noch so strapaziös und ermüdend sein - am Abend stehen er und seine Band hungrig auf der Bühne. Hungrig nach dem zwölftaktigen Schema, nach endlosen Improvisationen und dem wohltuenden Bad in der Menge. So, wie am Donnerstag in Fürstenfeld.

Sein Konzept auch an diesem Abend: Keine trennenden Grenzen errichten. Boogie, Electric Blues und Rhythm & Blues sind keine Gegensätze. Was die vier spielen klingt frisch und unverbraucht, zeichnet sich aus durch Geradlinigkeit und Energie. Das vitale Feuerwerk mitreißender Melodien, egal ob Eigen- oder Fremdkompositionen, der lässig treibende Groove (Jasper Mortier am Bass und Björn Puls am Schlagzeug), die harmonischen Spitzfindigkeiten des elektrischen Pianos (Mo Fuhrhop) - alles klingt nach einer erlösenden Alternative zum täglichen Hitformat in den meisten Radiosendern. Jimmy Reiter weiß mit schneidenden und ruppigen Gitarrenlicks zu beeindrucken, seine Stimme ist kraftvoll, mit der passenden Dosis Schwermut. Und dass er Humor besitzt ist fast unabänderlich, um aus Osnabrück kommend, überhaupt eine Blues-Karriere anzustreben. Auch hier trägt ihn sein unerschütterlicher Glaube an die Musik und die daraus resultierende spürbare Spielfreude. Dieser Funke springt fast zwangsläufig auf das Publikum über - egal wo und egal bei welchen Temperaturen.

© SZ vom 07.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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