Fürstenfeldbruck:Der Traum von einer gerechten Welt

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Ökonom Christian Kreiß spricht auf Einladung von Sozialforum Amper und Katholischer Arbeitnehmerbewegung über eine von Konzernen bestimmte Politik

Von Moritz Glas, Fürstenfeldbruck

Im Pfarrheim der Pfarrei Sankt Bernhard ist kein freier Platz mehr zu finden. Dort stehen die verschiedensten Stände. An manchen wird Essen verkauft, an anderen wird mit großen Plakatwänden informiert. Die Tische sind gepflastert mit Flyern und Prospekten von den verschiedensten Vereinen. Auf den ersten Blick lässt sich hier kein eindeutiges Muster erkennen. Doch zwei Sachen haben alle gemeinsam. Erstens gehören sie alle zur Vereinigung "Bündnis FFB im Wandel". Zweitens haben sie alle das selbe Ziel vor Augen: Wege in eine gerechte Zukunft sollen erschlossen werden. Das ist auch der Titel der Veranstaltung, die das Sozialforum Amper in Zusammenarbeit mit der Katholischen Arbeitnehmerbewegung organisiert hat. Neben den Informationsständen werden Vorträge und Gesprächskreise angeboten.

Unumstrittener Höhepunkt des Aktionstages ist der Vortrag von Professor Christian Kreiß. In dem erklärt der Ökonom, warum er das aktuelle Wirtschaftssystem für unsozial und unnachhaltig hält. Der Kaufpreis jedes Produkts, setze sich aus zwei Komponenten zusammen, den Arbeitskosten und den Kapitalkosten. An einem Beispiel fest gemacht: Ein Bauer bestellt ein Feld. Dazu braucht er Saatgut und Maschinen, die er erst einmal erwerben muss. Das sind Arbeitskosten. Da der Bauer keinen eigenen Grund besitzt, ist er gezwungen, den Grund zu pachten oder einen Kredit aufzunehmen und dafür Zinsen zu zahlen. Grundbesitzer oder Bank verdienen also mit, ohne selbst dafür zu arbeiten. Dieser ständige Geldfluss schafft auf Dauer eine soziale Ungleichverteilung, die auch noch exponentiell ansteigt. Der Verpächter aus dem Beispiel kann sich nach einiger Zeit weiteren Grund zum Verpachten kaufen.

Auf der gesamten Welt ist die Ungleichverteilung mittlerweile so weit vorangeschritten, dass ein Prozent der Weltbevölkerung 99 Prozent aller Güter besitze. "Das Problem ist, unser Wirtschaftssystem funktioniert nur, wenn das Kapital fließt. Einige wenige Reiche sparen aber den größten Teil auf privaten Konten und geben ihn nicht aus. Es ist also immer weniger Kapital im Umlauf", so Kreiß. Gehe es so weiter, könne das System so kollabieren, wie es bereits zwei Mal geschehen ist. Und zwar in der Form von zwei Weltkriegen. "Die derzeitigen ökonomischen Zustände auf der Welt ähneln nämlich sehr denen, die vor dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg geherrscht haben", warnt Kreiß.

Die Politik müsse wieder dem Gemeinwohl dienen und "nicht den Interessen der Konzerne." Im Moment ist das nicht der Fall. Konzerne machten mit Hilfe ihrer Lobby mittlerweile selbst Politik. Es werde also nicht mehr, wie es eigentlich sein sollte, das Interesse der Bürger in den Vordergrund gestellt, sondern das der Firmen, die höhere Gewinne erzielen wollen. Ein gutes Beispiel seien die Freihandelsabkommen TTIP und Ceta. Beide Abkommen stünden im Interesse der Konzernen. Wie ein großer Teil der Bürger dazu steht, konnte man schon auf vielen Demonstrationen sehen, die sich gegen TTIP oder Ceta richteten. "Natürlich kann eine so grundlegende Frage wie die Umgestaltung des Wirtschaftssystems nicht in einem einzigen Vortrag ausgeführt werden," räumt Kreiß ein. Sein Ziel sei es, Menschen dazu zu bringen, sich mit dem Thema ausführlicher zu beschäftigen. Nur so könne es eine wirkliche Veränderung geben.

© SZ vom 15.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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