Fürstenfeldbruck:Der Landkreis kontrolliert wieder selbst

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1999 wurde die Schlachttier- und Fleischbeschau an eine Privatfirma übertragen. Die Entscheidung wird nun rückgängig gemacht, aber nicht mit der Schlachthof-Affäre begründet

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Der Landkreis wird die Schlachttier- und Fleischbeschau, die seit 1999 von privaten Firmen erledigt worden war, in Zukunft wieder selbst übernehmen. Das ist Aussagen aus dem Landratsamt zufolge allerdings keine unmittelbare Konsequenz aus der Affäre um den Fürstenfeldbrucker Schlachthof, der nach Verstößen gegen das Tierschutzgesetz seit Mitte Mai geschlossen ist. Stattdessen gebe es "derzeit keine Alternativen", sagt der für den im Urlaub befindlichen Landrat Thomas Karmasin (CSU) amtierende Stellvertreter Johann Wieser (FW): "Es sind uns keine Firmen bekannt, die diese Aufgaben übernehmen könnten." Um die Kontrollen wieder selbst durchführen zu können, wird der Landkreis nun amtliche Tierärzte einstellen.

Fürstenfeldbruck war damals der erste Landkreis in Bayern, der nach einer Gesetzesänderung von der Möglichkeit Gebrauch machte, die Fleischbeschau einem Privatunternehmer zu übertragen. Grüne und SPD sowie die Bayerische Landestierärztekammer hatten dies damals heftig kritisiert. Zunächst war die Firma Kaspar aus Markt Indersdorf tätig, seit 2008 kontrolliert die Hygiene- und Prüf-GmbH (H&P) aus Vierkirchen im Auftrag des Landkreises. Die Firma selbst hatte den Beleihungsvertrag nun zum 31. 12. 2017 gekündigt. Wieser betont, dass das Unternehmen diesen Schritt "aus wirtschaftlichen Gründen" gegangen sei. Landratsamtssprecherin Roellecke weist darauf hin, dass die Aufgabe der Fleischbeschau selbst nie privatisiert gewesen, sondern stets hoheitliche Aufgabe geblieben sei, die allerdings von privaten Firmen durchgeführt wurde - ähnlich wie beim Tüv.

Zuständig sein werden die neu einzustellenden Tierärzte für die Schlachttier- und Fleischbeschau im Schlachthof, bei ambulanten Metzgerschlachtungen, bei etwa 60 Hausschlachtungen pro Jahr, die es noch im Landkreis gibt, und für Hygienekontrollen in zugelassenen EU-Betrieben, wie es offiziell heißt. Die Stellen sind bereits als Teilzeitstellen ausgeschrieben. Wie viele es sein werden, ist indes noch unklar, weil auch "der Umfang der Tätigkeit noch nicht genau klar ist" und weil es im Schlachthof normalerweise ohnehin nur einzelne Schlachttage gebe, sagte Roellecke der SZ. Die neuen Stellen muss der Fürstenfeldbrucker Kreistag im Rahmen des Stellenplans bei den Haushaltsberatungen für 2018 genehmigen.

Unterdessen gehen die Vorbereitungen für eine Wiedereröffnung des Schlachthofs im Fürstenfeldbrucker Gewerbegebiet Hasenheide weiter. Er soll unter der Leitung der Metzger Engelbert Jais (Luttenwang), Bernhard Huber (Jesenwang) und Hermann Eberle (Karlsfeld) fortgeführt werden. Wann er genau eröffnet werden kann, ist noch unklar. Hubert Ficker, CSU-Kreisrat und als Vertreter des Landkreises Teilnehmer der jüngsten Kommanditistenversammlung des Schlachthofs, nennt den 2. Oktober. Jais, der auch Innungsobermeister ist, zweifelt das Datum indes an: "Die Firmen sind noch in Urlaub, und erst müssen alle Umbaumaßnahmen fertig sein. Vorher fangen wir nicht an."

Die angemahnten Umbauten vor allem im tierschutzrelevanten Bereich müssten zunächst fertig gestellt werden, später ist Jais zufolge auch an eine Vergrößerung des Gebäudes gedacht. Zunächst aber müsse man sehen, wie sich die Geschäfte entwickelten, sagt Jais. Künftig sollen die Metzger, die in der Brucker Einrichtung schlachten lassen, wieder ihr eigenes Personal für die Schlachtungen mitbringen. So war das auch in den Anfangsjahren üblich gewesen. Jais dringt zudem darauf, dass in Zukunft dort ein Tierarzt mehr Dienst tun soll als bisher. Zuletzt seien zwei Tierärzte im Einsatz gewesen, sagt Jais. Der Metzgermeister hatte mit dafür gesorgt, dass Fürstenfeldbruck vor knapp 20 Jahren einen eigenen regionalen Schlachthof erhielt. Es ist ihm ein Anliegen, dass es weitergeht. Und er betont auch: "Wir sind keine blutrünstigen Monster!" Allerdings müssten Tiere für die Fleischproduktion eben nach wie vor geschlachtet werden.

Die neuen Betreiber befinden sich derzeit in regelmäßigen Gesprächen mit dem Landratsamt. Über eine Wiederzulassung der Genehmigung für den Schlachthof würde noch bis Jahresende die Regierung von Oberbayern entscheiden. Das Landratsamt würde dann parallel dazu das verhängte Schlachtverbot aufheben, erklärt Roellecke. Verschiebt sich eine Wiedereröffnung ins neue Jahr, wäre eine neu gegründete Behörde für Zulassung und Überwachung zuständig: die Bayerische Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen mit Sitz in Kulmbach und Erding. Sie wird dem Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) unterstehen und ist Bestandteil der Neustrukturierung der staatlichen Lebensmittelüberwachung. Aufgaben aus den Landratsämtern werden künftig auf die neue Kontrollbehörde verlagert.

© SZ vom 24.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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