Fürstenfeldbruck:Der Fürsprecher

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Der Brucker Jan Halbauer ist einer von zwei Behindertenbeauftragten des Bezirks

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Menschen mit Behinderung brauchen Fürsprecher, solange Inklusion noch nicht verwirklicht ist. Behindertenbeiräte können solche Fürsprecher sein, Behindertenbeauftragte auch. Der wohl bekannteste Vertreter im Brucker Land ist Herbert Sedlmeier, der Behindertenbeauftragte des Landkreises. Relativ neu in der Wahrnehmung der Interessen von Menschen mit Handicap ist der Brucker Grünen-Bezirksrat Jan Halbauer, seit drei Jahren einer von zwei ehrenamtlich tätigen Behindertenbeauftragten des Bezirks Oberbayern. Mit seiner CSU-Kollegin Claudia Hausberger kann er gut. "Das klappt hervorragend. Wir verstehen uns auch menschlich gut", sagt Halbauer über diese Form der schwarz-grünen Koalition. Menschen mit Behinderung, die auf Hilfeleistungen angewiesen sind, über die sogenannte Eingliederungshilfe finanzielle Unterstützung zu gewähren, ist ohnehin eine der Hauptaufgaben des Bezirks Oberbayern als überörtlichem Sozialhilfeträger.

Die Eingliederungshilfe soll im Rahmen des noch zu verabschiedenden Bundesteilhabegesetzes modifiziert werden, hin zu mehr Eigenständigkeit und Selbstbestimmtheit der Menschen mit Behinderung. Das tut das sogenannte persönliche Budget bereits, das es Behinderten erlaubt, über einen bestimmten Geldbetrag selbst ihre Hilfen auszuwählen und quasi einzukaufen und damit als Betroffene mitzuentscheiden anstatt die Leistungen lediglich genehmigt zu bekommen. Das alles klingt kompliziert, ist aber das Arbeitsgebiet von Leuten wie Halbauer. Weil der 32-Jährige auch noch Stadtrat in Fürstenfeldbruck und Kreisrat ist, kennt er nicht nur die komplizierten Verwaltungsvorgänge des Bezirks, sondern auch die Probleme vor Ort. Leute wie Herbert Sedlmeier oder Monika Lampl, Vorsitzende des Behindertenbeirats von Fürstenfeldbruck, leisteten gute Arbeit, lobt er. Auf Bezirksebene will er zusammen mit seiner CSU-Kollegin versuchen, das Amt "zu professionalisieren" und auch neue Themen zu setzen, beispielsweise über regelmäßige Fachveranstaltungen für Bezirksräte und die kommunalen Behindertenbeauftragten. Mehrmals schon luden Halbauer und Hausberger dazu ein, einmal ging es um barrierefreie Bahnhöfe, ein anderes Mal um die Inklusion an oberbayerischen Grund- und Mittelschulen und jüngst, Anfang Juni, um den Stand der örtlichen Teilhabe- und Aktionspläne in den Landkreisen. Vertreter der Sozialverwaltung des Bezirks begleiten die Entwicklung der Aktionspläne über die Steuerungsgruppen in den einzelnen Landkreisen. Es gebe dafür allerdings keine Musterlösung, erläuterten die Fachleute den Bezirksräten, sondern die Landkreise müssten jeweils eigene Schwerpunkte entsprechend ihren Bedürfnissen setzen. Inklusion, das weiß auch Jan Halbauer, ist noch ein langer Weg. Bislang sei zu wenig darüber nachgedacht worden, sagt er: "Das rächt sich jetzt." Auch im Landkreis sei seit der UN-Behindertenkonvention noch nicht viel passiert. Es werden deshalb "noch viele, viele Jahre ins Land gehen, bis wir uns auf die Schulter klopfen können".

Damit Behinderte auch auf Bezirksebene eine eigene Beschwerdestelle finden, wollten Halbauer und die Fraktion der Grünen eine eigene Ombudsstelle für Menschen mit Behinderung einrichten, eine Mehrheit im Sozialausschuss des Bezirkstags lehnte das Vorhaben aber mit der Begründung ab, dies würde keine Verbesserung bei der Bearbeitung problematischer Einzelfälle bringen. Dass man sich aber selbst auf Bezirksebene mit echter Inklusion und Barrierefreiheit bisweilen schwer tut, zeigte jene Klausur im Bezirkskrankenhaus Haar, zu der die Behindertenbeauftragten geladen hatten. Auf die Frage von Teilnehmern, ob in dem Gebäude denn ein Aufzug vorhanden sei, stellte sich heraus, dass der für den Rollstuhl fünf Zentimeter zu schmal war. "Sehr peinlich", erinnert sich Halbauer.

© SZ vom 12.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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