Fürstenfeldbruck:Der Flaschenhals im Rathaus

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Fürstenfeldbruck will den Bau günstiger Wohnungen ermöglichen. Weil die Planung eines einzigen Vorhabens aber nicht selten viele Hundert Stunden Vorbereitungszeit erfordert und das Personal knapp ist, soll eine Prioritätenliste nun größtmögliche Effizienz sicherstellen

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Das Problem wird immer drängender, die Not immer größer: In der Kreisstadt fehlt es an günstigen Mietwohnungen. Weil Fürstenfeldbruck kaum noch über eigene Bauflächen verfügt und zudem das Geld für eigene Projekte fehlt, richtet sich das Augenmerk vor allem auf einen Beitrag privater Grundbesitzer: Die Genehmigung von Mehrfamilienhäusern mit Geschossflächen von mehr als 500 Quadratmetern wird an die Bedingung geknüpft, einen Anteil von 40 Prozent im geförderten Wohnungsbau zu errichten. So etwas fällt unter die Rubrik "sozial gerechte Bodennutzung - wenn ein Acker zu Bauland wird, soll die Allgemeinheit am Wertzuwachs beteiligt werden. Die Zahl der günstigen Sozialwohnungen in Bruck soll dadurch wieder deutlich steigen. Als Flaschenhals erweist sich freilich nun die personelle Ausstattung des Bauamts. Eine Prioritätenliste soll sicherstellen, dass Projekte bevorzugt werden, die der Stadt zu einem möglichst überschaubaren Planungsaufwand einen möglichst großen Zugewinn an günstigem Wohnraum bringt. Weitere städtebauliche Bewertungskriterien sind Entfernung vom Zentrum, Anbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln, bereits vorhandene Infrastruktur sowie das Maß gewünschter Nachverdichtung. Berücksichtigt wird zudem, ob Zeitdruck herrscht, weil Planungen privater Bauherren per Veränderungssperre blockiert werden - wie im Fall des Waldstreifens an der Lärchenstraße oder mit Blick auf die unerwünschte Ballung von Vergnügungsstätten im Gewerbegebiet Hasenheide. Läuft die Frist ab, ohne dass die Stadt eigene Planungen vorlegen kann, drohen Schadenersatzforderungen.

Anhand von Baggern, Baugruben, Arbeitern und hochgezogenen Wänden lässt sich unschwer erkennen, wo neue Quartiere entstehen. Dann freilich hat das Bauamt in der Regel bereits in Hunderten Stunden buchstäblich den Boden bereitet. Ein Beispiel: Auf dem bereits erschlossenen "Hochfeld Mitte" will die Erzdiözese 140 Wohnungen bauen. Die Stadtverwaltung rechnet hier nicht nur mit 1,4 Millionen Euro Folgekosten, etwa wegen benötigter Plätze in Kitas sowie Schulen oder zusätzlich erforderlicher Kapazitäten bei der Feuerwehr, sondern auch mit 1800 Arbeitsstunden. Rein rechnerisch sind das fast 14 Monate Arbeit für eine Vollzeitkraft. Die Unterstützung durch externe Büros ändert daran wenig, müssen diese doch wiederum von der Stadt beaufsichtigt werden.

Im Gegenzug muss der Bauherr im Fall "Hochfeld Mitte" Gebühren erstatten, vor allem aber die Errichtung von 56 Sozialwohnungen zusagen - sofern der Stadtrat erwartungsgemäß beschließt, den Pflichtanteil von 30 auf 40 Prozent zu erhöhen (die Pflicht gilt generell nur für "Baurechtsmehrungen" über das bereits genehmigte Maß hinaus). Kornacher warnte im Planungsausschuss eindringlich vor der Überlastung der Verwaltung durch ein Wunschkonzert der Stadträte. Von seinem Stadtplaner Markus Reize zeichnete er ein anschauliches Bild: Dieser sei "wie ein Koch, der vor 25 Herdplatten steht und mal hier und mal dort in einem Topf rührt, damit nichts anbrennt." Ins gleiche Horn stieß Planungsreferent Christian Stangl, der vor allem CSU und FDP vorwirft, Neueinstellungen zu blockieren, andererseits aber den überlasteten Mitarbeitern nun zu viel abzuverlangen. Jens Streifeneder lehnte, ebenso wie seine Kollegen der BBV-Fraktion, denn auch die ganze Prioritätenliste ab. Es sei Aufgabe der Verwaltung, die richtigen Prioritäten zu setzen. Credo: Statt über die Planung sollte man lieber über die Personalausstattung debattieren.

Gegen die Stimmen der BBV wird dem Stadtrat gleichwohl eine Prioritätenliste empfohlen. Sie enthält Projekte, die im Idealfall innerhalb der nächsten zwei Jahre geplant werden. Mehrheitlich beschlossen wurde, die beiden Projekte "Ortsabrundung Puch West" und "Unfaltstraße" auf später zu verschieben und stattdessen die bereits weit gediehenen Projekte "Aumühle" (auch Bauhofverlagerung), "Cerveteristraße West" (Wohnungen der Igewo) sowie "Am Krebsenbach" bevorzugt voranzutreiben. Sollte die Verwaltung doch noch Zeit finden, dann soll sie sich zudem um Einzelvorhaben in Aich, Puch, Lindach und Gelbenholzen kümmern, für die sich vor allem Markus Droth (CSU) stark gemacht hatte. Droth wollte damit auch ein Signal senden an die etwa 40 Zuhörer. Auch Ulrich Schmetz (SPD) und Hans Schilling (CSU) warnten davor, "die Ortsansässigen zu vergessen".

Konsens ist es, neben Wohnprojekten sowie dem Pflichtprogramm (Fliegerhorst, Viehmarktplatz, Feuerwache, Berufsschule) auch Unternehmen zu helfen. Diese versprechen zwar keine Sozialwohnungen, dafür aber Steuereinnahmen. Innerhalb der nächsten zwei Jahre berücksichtigt werden sollen die Erweiterung von Schleifring am Hardtanger, die Bebauung des Kugelfangs West und des Areals Fraunhofer Straße/Am Kugelfang sowie das BMW-Projekt "Östlich Obi/Neurißfeld".

© SZ vom 04.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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