Fürstenfeldbruck:Der Erzgießer aus Bruck

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Erzgießer Johann Baptist Stiglmaier ist einer der berühmtesten Söhne Fürstenfeldbrucks. (Foto: Stadtmuseum/oh)

Historischer Verein würdigt Johann Baptist Stiglmaier

Von Peter Bierl, Fürstenfeldbruck

Der Erzgießer und Bildhauer Johann Baptist Stiglmaier (1791-1844) ist einer der wenigen berühmten Söhne der Stadt Fürstenfeldbruck. Richtig gewürdigt wird er von der Kommune bislang aber nicht, sieht man von der kleinen Stiglmayrstraße ab, die ihm der Marktgemeinderat in den Zwanzigerjahren widmete. Die unterschiedlichen Schreibweisen sind schon in den zeitgenössischen Dokumenten anzutreffen. Das Stadtmuseum bot außerdem 2006 eine Ausstellung über die Familie Miller, in der allerdings der Neffe Ferdinand im Mittelpunkt stand.

Nun wollte der Historische Verein zum 225. Geburtstag des Kunsthandwerkers eine Stele vor dem kleinen Gebäude in der Schöngeisinger Straße 5 aufstellen. Dort stand einst das Geburtshaus des Erzgießers. Aber das jetzige Haus wird abgerissen und so wartet der Verein mit der Aktion bis der Neubau vollendet sein wird.

Stattdessen hatte die Vorsitzende Ulrike Bergheim am Dienstag Cornelia Saffarian eingeladen. Die Restauratorin promoviert gerade über Stiglmaier, wobei sie sich auf technische Aspekte seiner Arbeit sowie die Abläufe in der Gießerei konzentriert. Ihr Vortrag im Veranstaltungsforum behandelte darum vor allem die Ausbildung sowie die verschiedenen Verfahren, die der Erzgießer anwandte. Für Saffarian war Stiglmaier auch keine herausragende künstlerische Persönlichkeit, sondern vielmehr ein Mann mit organisatorischem und technischem Geschick. Eine Einschätzung, der Bergheim allerdings widersprach. Sie verwies auf Stiglmaiers Zeichnungen.

Bemerkenswert ist an der Biografie des Erzgießers vor allem der soziale Aufstieg in einer immer noch ständisch geprägten Gesellschaft. Denn der berühmte Erzgießer kam als Sohn eines einfachen Hufschmieds in einem Kaff zur Welt. Seine Karriere verdankte er dem Verwalter von Kloster Fürstenfeld. Der ließ ihn in den Jahren 1804 bis 1806 diverse Figuren und Statuen im Kloster zeichnen. Es waren die ersten Objekte, die Stiglmaier künstlerisch inspirierten. Später förderten ihn der Leiter der königlichen Münze in München, Heinrich Joseph Leprieur, und der Kronprinz, der spätere König Ludwig I., der München zur Kunstmetropole ausbauen wollte.

Als sich herausstellte, dass der Junge für den Beruf des Hufschmieds körperlich nicht geeignet war, schickte ihn der Vater nach München in die Lehre als Silberarbeiter. Gleichzeitig besuchte Stiglmaier die Feiertagsschule, wo er sich technisches Wissen aneignete. Irgendwann in dieser Zeit scheint er Leprieur aufgefallen zu sein. Der sorgte dafür, dass er in die Akademie der bildenden Künste aufgenommen und in der Münze angestellt wurde. Schließlich schickte ihn der Kronprinz nach Italien, wo er die Technik des Erzgießens in Neapel erlernte. Von Industriespionage könne keine Rede sein, meinte Saffarian, der gut vernetzte Kronprinz habe ihm überall Zugang verschafft.

Dennoch kam Stiglmaier mit den Behörden in Konflikt. Als er im Keller seiner Wohnung in Neapel experimentierte, riefen Mitbewohner die Polizei, weil sie Angst haben, das Haus könnte abbrennen. Stiglmaier bestach die Ordnungshüter, das Schmiergeld rechnete er als Spesen mit Ludwig ab. Ausführlich beschrieb Saffarian die Entwicklung der Erzgießerei im heutigen Stadtteil Neuhausen, die Experimente Stiglmaiers, weitere Studienreisen nach Paris und Berlin, schließlich den mühsamen Guss des Obelisken auf dem Karolinenplatz sowie die Feuervergoldung der zwölf Ahnenstatuen im Thronsaal der Residenz. Die Experten in Paris hatten mit zwei Toten pro Figur kalkuliert, die Arbeiter in München streikten wegen der Quecksilberdämpfe, so dass Stiglmaier mit Tagelöhnern anheuerte. Er konstruierte einen speziellen Arbeitsraum mit Kamin und Fischluftzufuhr, um die Gefahr zu minimieren.

Ab 1838 übertrug Stiglmaier immer mehr Führungsaufgaben in der Erzgießerei an seinen Neffen Ferdinand von Miller, der auch die Bavariafigur fertigstellte. Stiglmaier starb bereits 1844 an Magenkrebs. "Er war ein Mann von niederer Herkunft, aber feinster Bildung", zitierte Saffarian aus einen Nachruf.

© SZ vom 21.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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