Fürstenfeldbruck:Der Dienende

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Georg Hefferle feiert an diesem Sonntag 90. Geburtstag

Von Gerhard Eisenkolb, Fürstenfeldbruck

Wie sonst im Leben auch, fallen Politikern manchmal Ämter in den Schoß, die sie überhaupt nicht anstreben. So erging es beispielsweise 1984 dem Fürstenfeldbrucker CSU-Stadtrat Georg Hefferle, der sich damals nicht um das Amt des Zweiten Bürgermeisters beworben hatte, aber trotzdem gewählt wurde. Der Grund: Einige in der CSU wollten unbedingt einen anderen, ihnen zu ehrgeizigen CSU-Bewerber verhindern, der mit Lackschuhen und dunklem Anzug im Sitzungssaal den Anspruch auf das Amt untermauerte und sich blamierte. Es würde sich erübrigen, solche Anekdoten zu erwähnen, wenn der ehemalige Kommunalpolitiker, der 24 Jahre und damit einen wesentlichen Teil seines Lebens im Stadtrat und zwölf Jahre im Kreistag saß und in der Hälfte dieser Zeit eine nicht unbedeutende Rolle spielte, nicht an diesem Sonntag in "aller Bescheidenheit", wie er sagt, den 90. Geburtstag begehen würde.

Bereits vor 20 Jahren hat sich der Jubilar aus dem öffentlichen Leben zurückgezogen und schätzen gelernt, dass es noch andere Dinge gibt, die das Leben bereichern, als ein öffentliches Amt. Zum Beispiel die Familie. Der Staatsdienst oder der Dienst an einem Gemeinwesen, wie es eine Stadt ist, war Hefferle gleichsam in die Wiege gelegt. Schließlich erblickte er am 4. September in einer Dienstwohnung des Fürstenfeldbrucker Finanzamts in der Kolpingstraße, an dem sein Vater angestellt war, das Licht der Welt. Damals war Bruck noch ein kleiner Markt mit 4000 bis 5000 Einwohnern. Und gibt es eine bessere, glanzvollere Bühne, um auf Auftritte in der Öffentlichkeit vorbereitet zu werden als das Marienmünster in Fürstenfeld? Dort stolperte der zwölfjährige Messdiener Hefferle aus der Unfaltstraße während eines Gottesdienstes auf den Altarstufen mit dem Evangelienbuch. Wer sich in der Öffentlichkeit engagiert und oben am Altar vor dem Volk steht, riskiert auch mal, sich zu blamieren. Sei's drum, Hefferle hat sich aus der Jugendzeit etwas Lausbübisches erhalten, schwierige Situationen entspannt er mit humorvollen Anmerkungen.

Nach dem Militärdienst, zu dem er als 18-Jähriger 1944 eingezogen wurde, entschied sich der Brucker für den Staatsdienst. Er wurde am Amtsgericht München Rechtspfleger im Konkursbereich. In den Fünfzigerjahren ließ er sich mit den Worten "Wenn solche Leute wie du nicht zur CSU gehen, wer soll dann das Fähnchen hochhalten?" davon überzeugen, dem Brucker Ortsverband beizutreten. Die politische Laufbahn begann mit dem Amt des Schriftführers im CSU-Kreisverband.

Aus der Distanz des Rückblicks trennt sich die Spreu vom Weizen. So ist der Jubilar vor allem auf eine politische Leistung stolz: einen kleinen Beitrag dazu geleistet zu haben, dass aus der dem Verfall preisgegebenen Klosterökonomie in Fürstenfeld ein städtisches Kulturzentrum wurde. In den Achtzigerjahren war das angesichts der "wahnsinnig zerstrittenen Diskussionen im Stadtrat", wie Hefferle sagt, alles andere als selbstverständlich. Zeitweise ging es, was inzwischen unvorstellbar ist, um die Frage, das Gemäuer abzureißen.

Eines dürfte sich in der Brucker Politik nicht geändert haben. Hefferle bezeichnet seine Jahre als Vorsitzender der damals 24-köpfigen CSU-Stadtratsfraktion, die über die absolute Mehrheit verfügte, als die schwierigste Zeit. Galt es doch, die zerstrittene und widerborstige Fraktion zusammenzuhalten. Das Amt des Bürgermeisterstellvertreters lag ihm da schon mehr, Georg Hefferle und Bürgermeister Max Steer verstanden sich fast wie Zwillingsbrüder und arbeiteten meist Hand in Hand. Auch hier war Hefferle, der einen Zwillingsbruder hatte, wie am Altar der Dienende.

© SZ vom 03.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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