Fürstenfeldbruck:Das zweite Silvester im Pandemiemodus

Lesezeit: 4 min

So ganz auf Feuerzauber wollte Alfred Welz zum Jahreswechsel nicht verzichten, und so entzündete er in seinem Hof in Puchheim-Ort ein Feuer in der Schale. Was vor einem Jahr wie ein Feuer der Hoffnung wirkte, könnte, wo es möglich ist, Beispiel für ein Silvesterfest ohne Knallerei, aber mit viel Lichtzauber sein. (Foto: Leonhard Simon)

Die Rahmen­bedingungen sind zwar etwas anders als beim vergangenen Jahreswechsel. Allerdings ist der Verkauf von Feuerwerk ebenso verboten wie das Feiern mit mehr als zehn Personen. Viele Betroffene rechnen deshalb erneut mit einer ruhigen Nacht

Von Ariane Lindenbach, Fürstenfeldbruck

Es hat wohl niemand gehofft, trotzdem wird der Jahreswechsel ein zweites Mal anders sein als sonst. Die Spielregeln sind etwas anders als im Vorjahr, aber vieles was eigentlich zu Silvester gehört, ist auch diesmal untersagt. Es gibt wieder einen Verkaufsverbot für Feuerwerkskörper und es dürfen sich maximal zehn Personen treffen, sofern sie geimpft oder genesen sind - Ungeimpfte dürfen nur noch zwei andere Personen treffen. Polizei und Rettungskräfte hoffen erneut auf eine ruhige Nacht, Veranstaltungen sind abgesagt, viele Gastwirtschaften geschlossen; sie beklagen ebenso wieder Einzelhandel fehlende Planungssicherheit.

Polizei und Feuerwehr

"Es war für uns ein bisschen ungewiss wie es denn werden wird", erinnert sich Winfried Nassl an das vorige Silvester. Der stellvertretende Leiter der Inspektion in Olching berichtet letztlich "von einer relativ ruhigen Einsatzlage". Ähnliches melden Jürgen Dreiocker und Nina Vallentin, die Chefs von Germering und Fürstenfeldbruck. "Tatsächlich war es verhältnismäßig ruhig für Silvester", sagt Vallentin. Es gab nur vereinzelte Verstöße gegen die Ausgangsbeschränkung und das Verbot von Böllern auf öffentlichen Plätzen sowie einen alkoholbedingten Verkehrsunfall. So hat es auch Kreisbrandrat Christoph Gasteiger in Erinnerung. Wenig überraschend hoffen alle, dass dieser Jahreswechsel ähnlich ruhig bleibt. Trotzdem sei man wie bei jedem Jahreswechsel in erhöhter Einsatzbereitschaft, betonen alle. "Das ist eh klar" unterstreicht Gasteiger. Allerdings kann er sich vorstellen, dass Silvester "heuer vielleicht noch eingeschränkter" ausfallen wird - zumindest für die Feuerwehren. Er vermutet, dass die meisten Vorräte an Raketen und Böllern bereits im Vorjahr verschossen wurden. "Nach- dem man letztes Jahr nichts kaufen durfte", und es auch heuer ausfiel, rechnet er mit weniger Feuerwerk um Mitternacht.

Kreisklinik und Rotes Kreuz

"Sagen wir, es war nicht unbedingt eine typische Silvesternacht", fasst Sylvia Doleschal den letzten Jahreswechsel zusammen. Die stellvertretende Leiterin der Notaufnahme im Klinikum Fürstenfeldbruck spricht von einem "leicht erhöhten Aufkommen, es gab ein paar Fälle, nicht überdurchschnittlich gehäuft". Da die Beschränkungen dieses Jahr weniger streng sind, möchte sie sich aber nicht auf eine ruhige Silvesternacht einstellen. "Das kann man noch nicht abschätzen, wie es dieses Jahr wird", personell sei man aufgestellt wie in jeder anderen Silvesternacht, betont sie. "Bei Notfällen kann man nie sagen, was kommen wird", unterstreicht Klinikvorstand Alfons Groitl. Allerdings rechnet er wegen des Verkaufsverbots für Feuerwerke mit weniger typischen Verletzungen. "Wir erwarten eine vergleichsweise ruhige Nacht", lautet die Prognose von Rainer Bertram. Der Geschäftsführer des Bayerischen Roten Kreuzes in Bruck erinnert den letzten Jahreswechsel ebenfalls als verhältnismäßig ruhig. Es habe vor allem alkoholbedingte Einsätze und "die üblichen Notfälle" sowie einige Verletzungen mit Feuerwerkskörpern gegeben. Ähnlich erwartet er es auch für dieses Jahr. Doch auch beim Roten Kreuz ist man präpariert wie in jeder anderen Silvesternacht.

Der Einzelhandel

"Wir sind es vom letzten Jahr schon gewohnt", erklärt Toni Leich. Der Betreiber des Edeka in Maisach klingt etwas resigniert, wenn er über das Böllerverkaufsverbot spricht. "Das Problem ist die Kurzfristigkeit", er müsse die Silvesterware schon um Ostern herum bestellen. Von der Politik würde er sich wünschen, dass diese ihre Entscheidung über ein Silvesterfeuerwerk wenigstens im September oder Oktober trifft, nicht erst wenige Wochen davor. Für den Marktleiter selber ist es kein großer finanzieller Verlust, die Gewinnspanne sei relativ gering. Aber es bedeutet viel Arbeit für ihn, und für die Produzenten, dass sie Raketen und Böller umsonst hergestellt haben. "Erlaubt ist nur noch diese Kinderbölllerei, Tischfeuerwerke", Luftschlangen, Blei- oder Wachsgießen - dergleichen ist bei Leich längst vergriffen. Hätte er früher vom Verkaufsverbot gewusst, wäre seine Bestellung vermutlich größer ausgefallen. Leichs Kundschaft ist seiner Beobachtung nach "geteilter Meinung; die einen mit den Haustieren, die freuen sich, dass nichts stattfindet", die anderen seien eher enttäuscht oder wütend.

Die Gastronomie

Mehr Planungssicherheit und klare Vorgaben würde sich auch Harry Faul wünschen. Der Wirt des Bräustüberl in Maisach und Sprecher der Wirte im Landkreis kritisiert, dass die Politik immer noch agiert, als hätte die Pandemie gerade erst begonnen. Dabei seien die kalte Jahreszeit oder Weihnachten und Silvester doch jedes Jahr vorhersehbar. Deshalb hat Faul bereits vor einigen Monaten die Entscheidung für den Jahreswechsel im Bräustüberl getroffen. "Wir machen Silvester und Neujahr wegen Corona zu", solche Veranstaltungen könne er nicht in wenigen Wochen planen und organisieren. "Im August muss ich wissen, was ich an Silvester machen will", Art der Veranstaltung, Speisen, Getränke und Personal müssten frühzeitig bestellt werden, erklärt er. "Das Totalversagen der Politik ist seit 20 Monaten tagtäglich zu beobachten." Faul weiß nicht, wie es seine Kollegenhandhaben. Doch die Alte Schule in Gröbenzell beispielsweise oder der Gasthof Hartl in Türkenfeld haben an diesem Abend geöffnet; allerdings ist die Alte Schule ausgebucht und zum Hartl gehört ein Hotel.

Jäger und Vogelpark

"Wir sind nicht unglücklich", sagt Gerhard von Hoeßlin zum Böller-Verkaufsverbot. Wie der Sprecher der Jäger im Landkreis erläutert, kommen die Wildtiere einigermaßen mit dem Feuerwerk zurecht, solange es nicht direkt in freier Natur passiert und sich nicht stundenlang hinzieht. Anders sei es mit Haustieren. Hunde etwa leiden nach von Hößlins Erfahrung sehr darunter. Er empfiehlt, das Tier im Keller oder an einem anderen ruhigen Ort einzusperren, es dort nicht alleine zu lassen und zu beruhigen. "Wenn es einmal kurz laut ist, ist es nicht so ein Problem", sagt auch Sascha Kuchenbauer vom Vogelpark Olching. Der Jahreswechsel fordert stets besondere Maßnahmen, es werden Käfige umgebaut, etwa Sitzstangen entfernt, oder besonders schreckhafte Vögel über Nacht in Transportkisten gesperrt, damit sie sich nicht verletzen können. All das ist in der Silvesternacht schon geschehen, berichtet Kuchenbauer. "Wir hatten verletzte, im Netz hängende und auch schon tote Vögel." Da es aber bereits im Vorjahr etwas ruhiger zuging, hofft der Falkner auch für heuer, "dass es ruhig bleiben wird".

© SZ vom 31.12.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: