CSU im Bierzelt:Das Kreuz mit der Asylunterkunft

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Beim Volksfest-Stammtisch in Bruck liegen nicht alle Parteifreunde auf einer Linie mit CSU-Generalsekretär Markus Blume

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

An der Sache mit dem Kreuz hat die CSU zu knabbern. Da mag der vor sechs Wochen gekürte CSU-Generalsekretär Markus Blume, der zum ersten politischen Samstagsfrühschoppen der Brucker Parteifreunde ins Volksfest-Zirkuszelt gekommen ist, sich noch so selbstbewusst geben und mit sonorer Stimme Kompetenz und Einigkeit der Christsozialen beschwören - am Kreuz scheiden sich auch innerhalb der CSU die Geister. Und so wirkt der Applaus bei manchem der etwa 50 Besucher da auch etwas halbherzig oder bleibt ganz aus. Bei einem anderen Thema geraten Land und Bezirk ebenfalls in die Defensive: bei der Asyl-Erstaufnahmestelle am Fliegerhorst.

Brucks Ortsverbandschef Andreas Lohde druckst später auf entsprechende Nachfragen ein wenig herum, mag Blume und Ministerpräsident Markus Söder nicht allzu sehr in die Parade fahren. Eines aber ist für den studierten Theologen klar: Das Kreuz, das Söder in allen Amtsstuben aufhängen lassen will, sei nicht in erster Linie ein Symbol der Werte, sondern "ein christliches Symbol" - basta. Söder hingegen hatte das Kreuz nicht als Zeichen einer Religion interpretiert, sondern als Symbol für die kulturelle Identität und Prägung Bayerns. Das ist Lohde, der nicht eben als glühendster Söder-Anhänger gilt, zu wenig. Gut, die Kreuze könne man schon aufhängen, findet Lohde. Niemand freilich solle den Eindruck haben, er werde zum Glauben gezwungen. "Ich hätte das vielleicht anders gemacht", sagt Lohde schließlich diplomatisch verbrämt.

Zuvor führt er eineinhalb Stunden launig durch ein abwechslungsreiches, wenngleich manchmal arg vorhersehbares Frage-Antwort-Spiel. Auf der Bühne stehen Aufsteller mit dem offiziell längst ausgemusterten Slogan "Näher am Menschen", den Lohde partout nicht ausmustern will. Darunter sitzt er nah am Landtagsabgeordneten Alexander Dorow. Vis-à-vis am Biertisch sitzen Bezirksrat Josef Loy und eben jener Mann mit Gardemaß jenseits der 1,90 Meter, der rein körperlich auf Augenhöhe mit Seehofer und Söder ist. Um sie herum sitzen vor allem CSU-Mitglieder wie Brucks Oberbürgermeister Erich Raff und einige Stadträte, aber auch ein paar Freigeister wie Philipp Heimerl von der SPD. Kleidungstechnisch wird "der Herr General" (Lohde) ebenso wie der Rest der Runde ganz klar von der JU-Kreisvorsitzenden in den Schatten gestellt: Die Germeringer Stadträtin Thuy Tran trägt, passend zum Volksfest, Dirndl, während den Herren in Trachtenjanker oder Samtweste auf halbem Weg der Mut ausgegangen ist, die Lederhose aus dem Schrank zu holen.

Markus Blume bedankt sich artig, zu diesem Experiment eines Samstagsstammtisches eingeladen worden zu sein, lobt die CSU, der die finanzielle Ausstattung der Kommunen zu verdanken sei, und lässt sich auch durch Lohdes Nur-halb-im-Scherz-Frage, warum Söder gerade päpstlicher wirke als der Papst, nicht aus der Reserve locken. Aus gebotenem Anlass bleibt er dabei: "Wer Kreuze abhängt, der hängt Toleranz und Nächstenliebe ab" - das Kreuz sei "Ausdruck der Werteordnung". Dass die Kirche "das Recht auf Eigentum" bestreite und selbst inzwischen "der Antifa" zuzurechnen sei, wie eine Besucherin dem Quartett da vorne vorhält, das möchte Blume so nicht stehen lassen - und auch Lohde, der Religion unterrichtet, kontert mit dem sachkundigen Hinweis auf einen Briefwechsel der Apostel.

Blume wirft den Kritikern des Polizeiaufgabengesetzes in bester Generalsekretärsmanier vor, sich mit Hamburger Steinewerfern "zusammengerottet" zu haben. Einsilbiger wird er beim Thema Erstaufnahmestelle am Fliegerhorst. Lieber redet er über Abschiebungen oder die Erweiterung des Kreises sicherer Herkunftsländer. Auch Dorow bleibt beim Thema, bei dem Bruck mit Land und Bezirk im Clinch liegt, vage. Bruck übernehme "eine Pufferfunktion", sei an seiner Grenze angekommen und brauche eine Perspektive bis 2023 sowie ein Konzept. Ein "Weiter so" dürfe es nicht geben. Wie es dann aber weitergehen soll, bleibt offen. Für Blume geht es derweil mit fliegenden Autos weiter, von denen er sich beim Thema Verkehr eine Entlastung erhofft. Lohde beweist da mehr Bodenhaftung und kündigt nach dem Stammtisch schon mal an, zum Punkt Asylunterkunft "noch mal nachzuhaken".

© SZ vom 30.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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