Fürstenfeldbruck:Clearingverfahren und Hilfeplan

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Die in Schulcontainern in Olching lebenden minderjährigen Flüchtlinge erhalten vom israelischen Generalkonsul Dan Shaham Winterjacken. (Foto: Günther Reger)

Bevor junge Flüchtlinge in eine Einrichtung kommen, wird ihre Situation geklärt

Anfang Dezember waren im Landkreis 170 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge untergebracht. Zu dieser Gruppe gehören Menschen, die noch nicht volljährig sind und ohne sorgeberechtigte Begleiter in ein anderes Land flüchten oder dort zurückgelassen werden. Viele Minderjährige wurden von ihren Familien nach Europa geschickt oder sie haben ihre Angehörigen im Krieg oder während der Flucht verloren. Sie gelten als besonders schutzbedürftig und werden zunächst vom zuständigen Jugendamt in Obhut genommen.

In einem Clearingverfahren wird der Hilfebedarf des Jugendlichen festgestellt. Dabei wird geklärt, wie alt der Flüchtling ist, in welcher psychischen und körperlichen Verfassung er sich befindet, ob er Familienangehörige hat und ob es möglich ist, die Familie zusammenzuführen? Festgelegt wird auch, welche Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe der Minderjährige benötigt, welche Unterbringung für ihn geeignet ist und wo er wohnen kann. Das Jugendamt bestimmt zudem einen Vormund, in der Regel sind das Mitarbeiter des Jugendamts. Sechs Vollzeitkräfte im Landratsamt kümmern sich zurzeit nur um solche Vormundschaften. Zudem wird für jeden ein Hilfeplan aufgestellt, in dem die weiteren Schritte festgelegt werden. Beispielsweise die Sprach- und schulische Förderung, die medizinische Betreuung und, falls erforderlich, auch die psychologische. Hier geht es um die Perspektiven der Flüchtlinge und um die Frage, wie sich diese nutzen lassen. Die Zuständigkeit des Jugendamts endet in der Regel mit dem 18. Lebensjahr.

Da viele keine Ausweise oder Papiere haben, wird in solchen Fällen häufig als fiktives Geburtsdatum der 31. Dezember des möglichen Geburtsjahres angegeben. Die jungen Erwachsenen sind vom 18. Lebensjahr an in der Regel auf sich allein gestellt. Bis dahin leben sie mit Betreuern in sozialpädagogischen Wohngruppen. Das Brucker Jugendamt versucht, einen gleitenden Übergang in die Selbstständigkeit hinzubekommen und will, sofern entsprechende Wohnungen zu finden sind, die jungen Erwachsenen für eine gewisse Zeit in Wohngemeinschaften unterzubringen.

Viele unbegleitete Flüchtlinge haben keinen festen Aufenthaltsstatus, sondern leben mit einer Duldung in Deutschland. Mit der Duldung ist die Abschiebung nur ausgesetzt. Sie leben daher in der Angst, abgeschoben werden zu können. Dies gilt wegen der langen Bearbeitungszeiten auch für diejenigen, die einen Asylantrag gestellt haben. Minderjährige Flüchtlinge werden nur in Einzelfällen abgeschoben. Das Brucker Jugendamt kennt auch einige Fällen, in denen Heranwachsende aus Sorge um ihre Familie freiwillig gehen.

Im Landkreis leben die minderjährigen Flüchtlinge in folgenden sieben Gemeinschaftsunterkünften: Alveni Jugendhaus der Caritas in Fürstenfeldbruck, 30 Flüchtlinge; Landschulheim in Grunertshofen, 15, und ehemalige Landwirtschaftsschule in Fürstenfeldbruck, 24, Träger dieser beiden Einrichtungen ist der Sankt Vinzentius-Zentralverein München; Wohngruppe in Kottgeisering, 6, Wohngruppe in Gernlinden, 15, Träger dieser beiden Einrichtungen ist die Gesellschaft für Familien- und Jugendhilfe; Wohngruppe in der Schulturnhalle in Maisach, 33, und Schulcontainer vom Gymnasium Olching, 45, Träger dieser beiden Wohngruppen ist das Jugendamt.

Da unbegleitete Minderjährige inzwischen bundesweit nach einem Schlüssel verteilt werden, rechnet Jugendamtsleiter Dietmar König für die nächsten Monate mit keinen neuen Zuweisungen.

© SZ vom 12.12.2015 / eis - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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