Fürstenfeldbruck:Chance auf Zukunft

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Junge Flüchtlinge berichten vom ersten Jahr im Pilotprojekt

Von Ariane Lindenbach, Fürstenfeldbruck

Etwas verlegen stehen Koteba Alabrahem, Yonas Ytesyon, Yohannes Habtemariam und Abdallah Arhem mit Claudia Baubkus, der Leiterin des Jobcenter Fürstenfeldbruck, vor etwa 30 Personen, die sie freundlich und gespannt anlächeln. Die Zuhörer, darunter Arbeitnehmervertreter aus dem Landkreis, Mitarbeiter des Jobcenters und Akteure des Projekts Joblinge-Flucht, wollen von den vier jungen Männern hören, wie es ihnen nach einem Jahr in dem Projekt bei ihrer Suche nach Arbeit in Deutschland ergeht.

Im November 2016 startete das Pilotprojekt als eine Kooperation zwischen der Initiative Joblinge-Flucht und dem Jobcenter Fürstenfeldbruck. Es ist speziell auf junge Flüchtlinge zugeschnitten. Sie sollen zwischen 18 und 25 Jahre alt sein, Hartz IV beziehen, gute Chancen haben hierzubleiben und ein niedriges bis mittleres Bildungsniveau. Über eine Laufzeit von vier Jahren lernen die maximal 20 Teilnehmer pro Gruppe im ersten Jahr in Intensivkursen Deutsch, Mathematik und andere Grundlagen. Begleitend gibt es Kultur- und Sportprogramme. Jeder Teilnehmer hat einen eigenen ehrenamtlichen Mentor, der ihm auch bei der Berufsorientierung und Suche nach Praktika oder einem Ausbildungsplatz hilft. Im Landkreis sind unter anderem Aldi, Coca Cola, das Pflegezentrum Eichenau, die Bäckereien Bömmel und Rackl und der Gerätebauhof Mammendorf Kooperationspartner.

Das Besondere an dem Joblinge-Programm erläuterte Baubkus den Anwesenden. Die Bedingungen sind wie auf dem Arbeitsmarkt, so dass sich die Teilnehmer von Anfang an an die deutschen Gepflogenheiten gewöhnen können. "Früh aufzustehen, pünktlich zu sein, acht Stunden durchzuhalten", das möge den Anwesenden banal erscheinen. Aber viele Arbeitgeber haben laut der Jobcenter-Chefin inzwischen erfahren müssen, dass die Asylbewerber, denen sie eine Stelle gegeben haben, ganz andere Vorstellungen von der Arbeitswelt haben, als sie hier erforderlich sind. "Das alles bringen wir ihnen bei wie in einem echten Betrieb mit Ermahnung und Abmahnung", ergänzt Ilse Schmücker von der Regionalleitung der Joblinge.

Nun, nach einem knappen Jahr stehen die vier 20- bis 24-jährigen Teilnehmer am Pilotprojekt in einem Saal des Jobcenters und sollen den Anwesenden berichten. Die Hände in den Hosentaschen, beantwortet zunächst Abdallah Arhem Baubkus' Fragen. Er habe Abitur, komme aus Syrien und wolle eine Ausbildung zum Elektroniker anfangen, berichtet der junge Mann. "Der spricht schon total gut Deutsch", raunt eine Frau überrascht ihrer Nachbarin ins Ohr. Der nächste, Yonas Ytesyon, kommt aus Eritrea und ist seit zwei Jahren hier. Er hat bereits ein Freiwilliges Soziales Jahr absolviert und will eine Ausbildung zum Altenpflegehelfer machen, da er seinen eigenen Opa gepflegt hat, wie er erzählt. Wohlwollend hören die Anwesenden den Berichten zu, ab und zu wird gelacht. Die gute Stimmung lässt die Anspannung von den jungen Männern abfallen, ihre Berichte werden ausführlicher.

Auch Yohannes Habtemariam kommt aus Eritrea. Zwei Jahre Deutschland, drei Praktika im Lager, "aber ich will etwas Besseres machen", sagt der 24-Jährige, der fünf Sprachen spricht. Derzeit arbeitet er bei Flixbus als Servicekraft. Sein Ziel: ein Ausbildungsplatz zum Einzelhandelskaufmann. Als schließlich Koteba Alabrahem an der Reihe ist, der vor drei Tagen seine Ausbildung zum Veranstaltungskaufmann begonnen hat, betont die Jobcenter-Chefin: "Das ist die große Ausnahme, der Megaerfolg."

© SZ vom 13.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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