Fürstenfeldbruck:Buhrufe für Neonazi-Parolen

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Die rechtsextreme Partei "Der dritte Weg" sieht sich bei einer Kundgebung in Fürstenfeldbruck einer verbalen und zahlenmäßigen Übermacht von Gegendemonstranten gegenüber

Von Katharina Knaut, Fürstenfeldbruck

Die Neonazi-Partei "Der Dritte Weg" hat am Samstagnachmittag mit einer Kundgebung im Zentrum von Fürstenfeldbruck für Aufregung gesorgt. Die Parolen der 15 Anhänger unter dem plakativen Postulat "Stoppt die Asylflut - keine Asylanten in meiner Nachbarschaft" erwiderten rund 80 Gegendemonstranten mit Trillerpfeifen und Protestrufen. Nach eineinhalb Stunden zogen die Rechtsradikalen vor dem Sparkassengebäude wieder ab und die Fürstenfeldbrucker Polizei konnte aufatmen: Es habe keine besonderen Vorkommnisse gegeben, sagte ein Sprecher hinterher.

Gegen 15 Uhr war das nicht unbedingt zu erwarten. Rund 15 Anhänger der Nachfolgevereinigung der mittlerweile verbotenen Partei "Freies Netz Süd" haben sich eingefunden, um gegen Asylbewerber im Allgemeinen und gegen jene in der Erstaufnahmeeinrichtung im Fliegerhorst im Besonderen zu demonstrieren. Über die Flüchtlinge schüttet einer der beiden Redner am Mikrofon buchstäblich braune Soße aus. "Sie verursachen eine enorme Verschmutzung. Sie feiern und pöbeln wie zu Hause, sind aber nur geladene Gäste", hetzt der Neonazi. Und fordert natürlich, dass damit jetzt Schluss sein müsse. Er appelliert an "nationalbewusste Männer und Frauen": "Stoppt die Überfremdung, die in Fürstenfeldbruck wie in ganz Deutschland Einzug gehalten hat." Und erntet dafür Buhrufe und einen Sprechchor mit nur einer Botschaft: "Nazis raus!" Die Rede des Neonazis geht dann auch im Lärm der Gegendemonstranten unter, die zahlenmäßig weit überlegen sind. Unter ihnen befinden sich Mitglieder der Fürstenfeldbrucker Grünen, der Brucker Bürgervereinigung, des Brucker Forums, der Kirchengemeinden und auch Passanten, die sich spontan angeschlossen haben. "Wir haben über Facebook von der Demonstration erfahren", erklärt ein junger Mann, der mit ein paar Freunden gekommen ist. "Wir bleiben so lange, bis sie fertig sind. Präsent sein, das ist die Hauptsache. So überwiegt die Message, die dagegen ist."

Die beiden Seiten könnten in Ansichten wie Auftreten nicht gegensätzlicher sein. Die Anhänger des "Dritten Weges" stehen stoisch vor ihrem Auto, aus dessen auf dem Dach angebrachten Lautsprechern ab und zu Musik ertönt. Außer den zwei ausgewählten Sprechern sagen die Demonstranten nichts, die sonnenbebrillten Gesichter sind regungslos. Die T-Shirts ziert das parteieigene dunkelgrüne Eichenwappen in gedecktem Beige. Dem entgegen stehen 80 bunt gekleidete Demonstranten, die fahnenschwenkend wild durcheinander Protestrufe anstimmen, sobald einer der Redner beginnt, ins Mikrofon zu sprechen. Ihre Meinung unterstreichen sie mit Trillerpfeifen und Gesten, die je nach Alter auch manchmal etwas rüder ausfallen.

"Es war eine sehr spontane Angelegenheit", erklärt Willi Dräxler, Stadtrat der Brucker Bürgervereinigung, Integrationsreferent und Initiator der Gegendemonstration. Donnerstagabend habe er erst von der Kundgebung erfahren, woraufhin er sofort in den sozialen Medien jeden mobilisiert hat, den er im Verteiler hat. "Wir dürfen uns das nicht bieten lassen. Wenn man mit jemandem ein Problem hat, muss man das lösen." So kurzfristig wie die Gegendemonstration war wohl auch die Genehmigung der Kundgebung gewesen. "Donnerstag wurde es wahrscheinlich beantragt und Freitag muss es genehmigt worden sein", meint Dräxler.

Es spreche auch nichts dagegen, so Michael Fischer, stellvertretender Brucker Inspektionsleiter. "Der Dritte Weg ist keine verbotene Partei. Und Meinungsfreiheit ist Teil der Grundrechte." Und das fasziniert auch einige Flüchtlinge, die gekommen sind. Unter ihnen eine Syrerin, die über ihren Yogakurs die Veranstaltung mitbekommen hat und erfahren will, was diese Partei gegen Asylbewerber vorbringt. Deren Parolen lassen sie unbeeindruckt. Viel mehr ist sie fasziniert von dem öffentlichen Austragen von Meinungen. "Ich musste aus meiner Heimat fliehen, weil dort Krieg herrscht", erklärt sie. "Es ist sehr gefährlich. Offene Meinungsäußerung ist dort nicht möglich. Hier sieht man die Freiheit."

© SZ vom 18.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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