Fürstenfeldbruck:Bühnentaugliche Leistung

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Die Juroren Sabine Ostermeier (von links), Alex Naumann, Walter Cordier und die Lehrerinnen Melanie Zäuner und Susanna Auer präsentieren die Finalisten des diesjährigen landkreisweiten Vorlesewettbewerbs. (Foto: Günther Reger)

Die Finalisten des landkreisweiten Lesewettbewerbs können nicht nur gut vortragen, sondern auch schauspielern

Von Katharina Knaut, Fürstenfeldbruck

Wenn ein Theater seine Türen öffnet, erwartet den Besucher normalerweise eine Bühne voller Schauspieler in Kostümierung, oder zumindest aussagekräftiger Kleidung, die mit großen Gesten und charakteristischen Bewegung ihre Rollen spielen. An diesem Nachmittag bleibt die Bühne der Neuen Bühne Bruck die meiste Zeit über jedoch leer. Zu sehen sind zunächst nur das Bühnenbild eines herbstlichen Waldes in der Morgendämmerung, ein ausgehöhlter Baumstumpf , ein darin sitzendes undefinierbares Wesen mit großen Augen und die junge Sophia Nehls von der Kleinfeldschule in Germering mit einem Ordner in der Hand. Dieser enthält das "Drehbuch", ein paar Seiten aus dem Jugendbuch "Das wilde Määah" von Vanessa Walder, in dem ein junges Schaf im Wald ausgesetzt und von Wölfen großgezogen wird, bis es sich schließlich auf die Suche nach seiner wahren Heimat bei den Menschen begibt. Damit allein soll Sophia nun die Bühne mit Leben füllen, ohne große Gestik, ohne Kostümierung, nur mit Hilfe ihrer Stimme.

Darin besteht die erste von drei Aufgaben des landkreisweiten Lesewettbewerbs Thealino, den die Lehrerinnen Melanie Zäuner und Susanna Auer zum neunten Mal initiiert haben. 19 Schulen aus dem ganzen Landkreis haben aus ihren vierten Klassen den Schulsieger ermittelt, aus denen in einem Workshop wiederum die zehn besten ausgewählt wurden. Darin bekamen die Kinder außerdem Unterricht in Schauspiel, dem Vortragen von Texten und der Präsentation auf der Bühne. Außerdem wurden ihnen dort das Buch und die Gedichte vorgestellt, die sie in der Endentscheidung in der Neuen Bühne Bruck vortragen sollen. Eine dreiköpfigen Jury, bestehend aus Alexander Naumann von BR Klassik sowie Sabine Ostermeier und Walter Cordier, Schauspieler an der Neuen Bühne Bruck, ermitteln aus den drei Disziplinen Vorlesen, Vortragen eines Gedichts und Improvisationstheater schließlich den Gewinner, der 100 Euro für die Klassenkasse und ein Spiel erhält. Auch die beiden nachfolgenden Plätze dürfen sich über einen Zuschuss für die Klasse und einen Sachpreis freuen. In diesem Jahr geht der dritte Platz an Jakob Magnus, der zweite an David-Nicolai Schmidt.

Die erste Teilnehmerin, Sophia, ist am Ende diejenige, die den Wettkampf für sich entscheidet. Sie schafft es gleich zu Beginn, nur mit ihrer Stimme den aufgebauten Wald mit Leben zu erfüllen. Auch ohne Schauspieler sieht man es auf der Bühne förmlich von Tieren aller Art wimmeln, die um den Baumstumpf herumstehen und sich darüber streiten, was das seltsame Tier mit dem wolligen Fell wohl sein könnte. Eine Illusion, die auch die anderen Kinder in den fortführenden Szenen weiter aufrechterhalten können, wobei jeder Teilnehmer die Tiere unterschiedlich interpretiert. Auch in der Vortragsart unterscheiden sich die Kinder. Manche sind sehr aufrecht und lesen mit klarer Artikulation, andere sitzen mit überkreuzten Beinen in einer eher lockeren Position und unterstreichen die Handlung mit entsprechenden Gesten. Ein Gebaren, das auch in den anschließenden Gedichtvorträgen wieder zum Vorschein kommt.

Doch gemäß des Namens "Thealino" geht es bei diesem Wettbewerb nicht nur um Literatur und das Vortragen von Texten, sondern auch um das Schauspiel. Diesen Teil deckt vor allem das Improvisationstheater ab, das die letzte Disziplin des Wettbewerbs darstellt. Dazu begeben sich alle zehn Teilnehmer, fünf Junges und fünf Mädchen auf die Bühne. Immer zwei von ihnen stellen eine Szene dar. Möchte einer der anderen eingewechselt werden, klatscht er oder sie in die Hände und die Schauspielenden verharren in ihrer Bewegung, bis einer von ihnen von demjenigen, der geklatscht hat, ausgewechselt wird. Derjenige muss dann mit dieser Bewegung eine neue Szene erfinden. Es geht Schlag auf Schlag. Teilweise im Sekundentakt wechseln die Szenen von einer Ballettstunde zu einem Gespräch zwischen Lehrer und Schüler bis hin zu einem Streit über eine fehlende Gehaltssteuer.

Am Ende sind alle sehr begeistert. "Die Jury hat es nicht leicht heute. Es waren viele sehr gut", heißt es aus dem Publikum. Bei manchen habe man die Nervosität aber auch gespürt, meint Auer. "Das zeigt, dass es schwierig sein kann vor größerem Publikum zu stehen. Manche, die sich im Workshop sehr souverän gezeigt haben, hatten heute Nervenflattern."

Auch die Gewinnerin Sophia gesteht, dass sie nervös war. "Ich bin sehr erleichtert", sagt sie nach der Siegesverkündung. Besonders vor dem Vorlesen mit den vielen verschiedenen Betonungen sei sie sehr aufgeregt gewesen. Die Improvisation zum Schluss sei nicht so schlimm gewesen, die Schauspielerei mache ihr Spaß. Ebenso das Singen. "Später würde ich gerne in Musicals spielen."

© SZ vom 06.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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