Fürstenfeldbruck:Bruck lässt Kreis abblitzen

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Fachausschuss votiert mehrheitlich gegen die Pläne für den Erweiterungsbau des Landratsamts und pocht auf eine Verlegung an die Münchner Straße. Das könnte den Neubau um Jahre verzögern und die Kosten um mehrere Millionen steigen lassen

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Die Kreisstadt blockiert die auf neun Millionen Euro veranschlagte Erweiterung des Landratsamt. Der Bauausschuss hat das Projekt am Mittwoch abgelehnt und einen aus seiner Sicht städtebaulich verträglicheren Standort vorgeschlagen. Gelingt in den nächsten Wochen nicht noch eine Einigung, könnte sich der Anbau um Jahre verzögern und die Baukosten könnten um mehrere Millionen Euro steigen.

Im Brucker Rathaus kam es nach der Vorstellung durch Axel Schuhn zum Eklat. Der Referatsleiter des Landratsamts hatte die Pläne erläutert für den im Westen geplanten Erweiterungsbau, der auf drei Ebenen Parkdecks und auf zwei Ebenen Büros aufnehmen könnte. Durch den Anbau an die terrassenförmig gestufte Westfassade des 1972 errichteten sechsgeschossigen Altbaus sollen ausgelagerte Sachgebiete an den Stammsitz zurückgeholt werden können - möglicherweise auch die Integrierte Leitstelle, die Rettungseinsätze koordiniert. Es würde Raum geschaffen für mindestens 122 zusätzliche Arbeitsplätze und 126 zusätzliche Autostellplätze. Schuhn: "Der Bedarf ist da, wir platzen aus allen Nähten." Die Erweiterung ist bei den Brucker Stadträten weitgehend unumstritten. Deutlicher Widerstand regte sich aber gegen ein an den Westflügel angedocktes Gebäude. Das ist nach Auffassung des Umweltbeirats und von neun Ausschussmitgliedern an dieser Stelle unpassend. Sie überstimmten OB Erich Raff (CSU), Ulrich Schmetz (SPD), Georg Stockinger (Freie Wähler) sowie drei CSU-Stadträte. Den Kritikern zufolge bringt es südlich der Münchner Straße noch mehr Unruhe in den ungeordnet wirkenden Mix aus Bürokomplex sowie Mehr-, Einfamilien- und Geschäftshäusern. Zudem müssten im Park, der teils als Autoabstellfläche genutzt wird, viele Bäume gefällt werden, Radwege würden durch Zufahrten gekreuzt und die Sichtachse zur Erlöserkirche behindert. Die meisten Stadträte wünschen sich aus städteplanerischen Gründen die Verlegung des Neubaus in den Nordwesten als Abschluss zur Münchner Straße. Dieser könnte dann allerdings nicht mehr auf allen Etagen, sondern lediglich über eine Brücke mit dem Altbau verbunden werden. Auch die dortige Fläche wird als Parkplatz genutzt und ist bereits versiegelt. Alexa Zierl (Die Partei und Frei) schlug vor, sich vom Münchner Bauprojekt am Dantebad inspirieren zu lassen, die Stellplätze zu belassen und auf Stelzen zu überbauen. Wer es ernst meine mit dem Klimaschutz, könne auch den einen oder anderen Stellplatz einsparen und Mitarbeitern und Besuchern den Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel nahelegen. Brucks Bauamtschef Martin Kornacher stellte zudem die Reduzierung der vorgeschriebenen Stellplätze in Aussicht.

Strich durch die Rechnung: Von Nebel umhüllt zeigt sich der Westflügel des Landratsamt am Donnerstagmorgen. Am Tag nach der Abstimmung verschwimmen auch die Gewissheiten über die Erweiterung. Im Januar sollen eigentlich die rot markierten Bäume gefällt werden, die dem Projekt im Weg stehen. (Foto: Stefan Salger)

Schuhn warnte vor erheblichen Verzögerungen von bis zu drei Jahren und Mehrkosten von drei bis vier Millionen Euro, falls man bei den Planungen "wieder bei Null" anfangen müsse. Zudem sei ein Bau im laufenden Betrieb mit der vom Landratsamt bevorzugten Variante am leichtesten. Stadträte hielten ihm freilich vor, dass der Kreistag zwar mit 48 gegen 14 Stimmen für den Neubau an dieser Stelle und damit für eine von sechs Varianten votiert hatte, dem Stadtrat aber seit Planungsbeginn vor drei Jahren nichts vorgelegt worden ist. Und nun versuche der Landkreis die Stadträte unter Druck zu setzen, monierten Rolf Eissele (CSU) und Klaus Wollenberg (FDP).

Für Stadtplaner ein Kessel Buntes: Der ums "Service-Ei" an der Münchner Straße (rechts oben) ergänzte fünfflügelige Siebzigerjahrebau. Drumherum ein Mix, vom Geschäftshaus übers Einfamilienhaus bis zur Tankstelle. (Foto: Google Maps)

Umstritten ist, ob Fürstenfeldbruck den Anbau im Westen durch ein Veto nur verzögern oder ganz blockieren kann. Letztlich müsste wohl das Verwaltungsgericht entscheiden, ob die Kreisbehörde auf die Anwendung des Paragrafen 34 Baugesetzbuch pochen könnte, bei dem sich die Bebauung im nicht überplanten Innenbereich an der Umgebung orientieren kann. Oder ob, wie es Stadtjurist Christian Kieser für denkbar hält, die Stadt mit der "Verletzung des Rücksichtnahmegebots" in dem heterogenen Areal argumentieren könnte. In jedem Fall wäre eine Verzögerung erheblich. Und die wolle man gar nicht, betonte Christian Stangl (Grüne). Gemeinsam mit der Stadtverwaltung einigte man sich schließlich mehrheitlich auf die Formulierung des Antrags, der noch Spielraum lässt für Gespräche mit dem Landkreis. Die Verwaltung wurde mit der Erarbeitung einer Veränderungssperre nebst Aufstellung eines Bebauungsplans beauftragt. Einigen sich Stadt und Landkreis doch noch, dann könnten die städtischen Gremien auf die angedrohten Beschlüsse verzichten.

© SZ vom 16.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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