Fürstenfeldbruck:Bruck in Abwehrhaltung

Lesezeit: 3 min

Die Stadt will die Asylaufnahmeeinrichtung im Fliegerhorst nicht weitere zehn Jahre dulden. Sie sieht ihre Bemühungen um die Umwandlung des Geländes in einen neuen Stadtteil gefährdet

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Wird die Entwicklung des Fliegerhorstes zu einem neuen Stadtteil von Fürstenfeldbruck durch die Asylaufnahme dort behindert oder sogar unmöglich gemacht? Solche Befürchtungen hegen Fürstenfeldbrucks Stadträte, seit die Regierung von Oberbayern dort die Aufnahme von Asylbewerbern vielleicht sogar für die nächsten zehn Jahre festschreiben möchte. Entsprechend empört äußerte sich ein Großteil der Stadträte bei der Sitzung des Ferienausschusses am Dienstag. Die Fraktionen von Brucker Bürgervereinigung (BBV), SPD und Grünen fordern deshalb in einem Antrag, dass sich die Stadt gegebenenfalls auch mit rechtlichen Mitteln zur Wehr setzen soll.

Die Stimmung richtete sich einmütig gegen die übergeordneten Behörden von Regierung von Oberbayern und Sozialministerium, nicht gegen die Aufnahme der Asylbewerber selbst. Das wurde mehrmals betont. Die Regierung von Oberbayern möchte, dass die Erstaufnahmeeinrichtung im Fliegerhorst in eine Kurzaufnahme umgewandelt wird - mit 1000 Plätzen, einer Geltungsdauer von fünf Jahren "und einer Verlängerungsoption für weitere fünf Jahre, die die Regierung von Oberbayern bei Bedarf ausüben kann", heißt es in einem Schreiben vom 5. August an die Stadt.

Gebäude der früheren Luftkriegsschule (links; rechts der Bereich rund um das ehemalige Unteroffizierheim, in dem 2014 eine Asyl-Erstaufnahmestelle eingerichtet wurde). (Foto: Stadt Fürstenfeldbruck/Luftbildverlag H. Bertram)

Wenn es diese Option gibt, werde die Regierung diese auch ziehen, vermutete Axel Lämmle (SPD), denn "derzeit herrscht nur Windstille in der Flüchtlingskrise". Der Sturm aber komme noch, das Abkommen mit der Türkei werde kaum von längerer Dauer sein. Dabei hätten Freistaat und Bund in Bayern "unzählige Immobilien" dafür zur Verfügung, so Lämmle weiter. Deshalb sei eine Aufnahmeeinrichtung nur bis 2020/21 zu tolerieren. Es gehe schließlich hierbei auch um Wohnraum und Arbeitsplätze in einem neuen Stadtteil. Lämmles Fraktionskollege Philipp Heimerl erinnerte daran, dass in der Zusage des Regierungspräsidenten ursprünglich von einer zeitlichen Begrenzung die Rede war: "Dahinter sollten wir nicht zurücktreten!" Fürstenfeldbruck habe seine Quote übererfüllt, das sei in Ordnung, ergänzte Klaus Quinten (BBV), aber weitere Zugeständnisse könne man den Brucker Bürgern gegenüber nicht hinnehmen. Viele fragten, warum Fürstenfeldbruck so viele Asylbewerber habe.

"Wir werden jetzt schon massiv eingeschränkt", schimpfte auch die Dritte Bürgermeisterin Karin Geißler (Grüne), die dem Ausschuss gar nicht angehört, der die Stadträte aber Rederecht gestatteten. "Wenn die Offizierschule auszieht, dann muss Schluss sein!" Ihr Kollege von den Grünen, Jan Halbauer, wollte die Angelegenheit "mitnichten als reine Zeitfrage" verstanden wissen. Es gehe hier auch um die Art und Weise, wie die Regierung von Oberbayern mit der Stadt umspringe: "Das kann man sich nicht gefallen lassen!" Die kommunale Planungshoheit werde hier massiv eingeschränkt, deshalb sei dies sogar eine Frage von Verfassungsrang. Halbauer plädierte vehement dafür, dass "wir das notfalls auch vor Gericht ausfechten".

Ein Asylbewerber betritt die Erstaufnahmeeinrichtung. (Foto: Günther Reger)

FDP-Stadtrat Klaus Wollenberg riet dazu, "klar die Interessen der Stadt zu definieren", und sorgte sich, dass die geplante Umwandlung des bis Ende des Jahrzehnts noch militärisch genutzten Areals am Fliegerhorst nun "völlig durchkreuzt" würde. Wollenberg wunderte sich schließlich darüber, dass sich die Vertreter fast aller Fraktionen geäußert hatten, nicht aber die der CSU. Seinen Vorwurf, diese würden "die oberen Instanzen linientreu unterstützen", wies der amtierende Bürgermeister Erich Raff (CSU) sodann lautstark und empört als "Unverschämtheit" zurück. Dennoch griff auch SPD-Mann Lämmle Wollenbergs Worte auf und fragte in Richtung der fünf christsozialen Stadträte: "Warum kippt ihr die Übereinkunft?" Zweifel an der Haltung der CSU hatte deren Ankündigung in einem Pressegespräch eine Woche zuvor geschürt, in dem sich die Partei bereit erklärt hatte, die Kurzaufnahme als Kompromiss annehmen zu wollen.

Nunmehr sahen sich einige CSU-Räte doch aufgerufen, sich zu Wort zu melden. Eine eindeutige Positionierung war jedoch nicht dabei. Franz Höfelsauer vermisste, dass die Diskussion nichts Neues gebracht habe. "Auf die Regierung einzuhauen", mache keinen Sinn, und einen Prozess werde sich die Stadt nicht leisten können, sagte der ehemalige Kreishandwerksmeister und forderte, über Verhandlungen zu Verbesserungen zu kommen. Georg Jakobs (CSU) wollte sich in diesem Ausschuss vor allem "den Stand der Gespräche anhören", und seine Fraktionskollegin Beate Hollenbach ließ beleidigt wissen, dass "die Gesprächskultur hier mich oft abschreckt". Am 13. September wird der Stadtrat in einer Sondersitzung über das weitere Vorgehen entscheiden.

© SZ vom 25.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: