Fürstenfeldbruck:Bronzepferd eingeschmolzen

Lesezeit: 2 min

Amtsgericht verurteilt Pächter von Kunstgießerei wegen Untreue

Von Ariane Lindenbach, Fürstenfeldbruck

Jahrzehntelang stand das lebensgroße Pferd aus Bronze auf dem Gelände der Kunstgießerei in Maisach. Jetzt ist es weg. Der Pächter hat das Kunstwerk eines Bildhauers eingeschmolzen, als er in finanziellen Nöten war und Material benötigte. Inzwischen ist er insolvent, die Gießerei existiert nicht mehr. Doch die Vernichtung des Kunstwerkes hatte nun ein gerichtliches Nachspiel. Der 57 Jahre alte ehemalige Pächter der Gießerei wurde vor dem Amtsgericht Fürstenfeldbruck wegen Unterschlagung zu 400 Euro Geldstrafe und 1750 Euro Schadenersatz verurteilt.

Der Angeklagte räumte sofort ein, die Statue "in einer finanziellen Notlage" eingeschmolzen zu haben. Er habe sich aber vorab bei der Handwerkskammer und einem Rechtsanwalt über die Rechtslage erkundigt hatte. Immerhin sei das Pferd schon 30 Jahre im Weg herumgestanden. Laut dem 57-Jährigen war das Ergebnis, dass er die Skulptur nach so langer Zeit bedenkenlos einschmelzen könne. Auf Nachfrage von Richter Martin Ramsauer gab der Angeklagte zu, den rechtmäßigen Eigentümer des Bronzepferdes, einen Bildhauer, zu kennen. Auf die Idee, ihn vor dem Einschmelzen zu fragen, sei er aber nicht gekommen. Und er hatte noch ein weiteres Argument: "Er hat das Pferd ja nie abgeholt." Wie der 57-Jährige erläuterte, hatte er in den 1970er Jahren mit einer Lehre in dem 1908 gegründeten Familienbetrieb angefangen. Als es der Branche mit Beginn des neuen Jahrtausends immer schlechter ging, zog sich die Familie aus dem Unternehmen zurück. 2010 hatte es der Angeklagte gepachtet, fünf Jahre später meldete er Insolvenz an.

Der 73 Jahre alte Bildhauer und Besitzer der Statue hatte über die früheren Inhaber der Gießerei vom Schicksal seiner Skulptur erfahren. Wie er in der Verhandlung berichtete, hatte er daraufhin beim Angeklagten angerufen, "und dann ist er furchtbar erschrocken". Er habe nur seinen Namen genannt, da habe der andere schon begonnen sich für das Einschmelzen des Bronzepferdes zu entschuldigen. Der Zeuge berichtete, dass er das Pferd damals für dessen Besitzer als Auftragsarbeit für 75 000 D-Mark angefertigt hatte. Weil ihm sein Werk so gut gefiel - wie er erzählte, war man auch in der Kunstgießerei ganz angetan von der Skulptur - "habe ich mir selber noch einen Nachguss gemacht". Allein für Material und Aufwand in der Gießerei habe er 15 000 D-Mark bezahlt, so der 73-Jährige. 2006 wollte er das Pferd dann abholen, aber auf Wunsch der damaligen Gießerei-Betreiber habe er es leihweise "zu Werbezwecken" dort stehen gelassen. Und jetzt gibt es das Bronzepferd nicht mehr.

Für die Staatsanwältin steht nach dieser Beweisaufnahme eindeutig fest: Der Angeklagte hat die Statue veruntreut. Sie fordert für den nicht vorbestraften 57-Jährigen, der zurzeit von Hartz IV lebt, 60 Tagessätze zu je 15 Euro. Der Verteidiger versuchte indes, seinen Antrag auf Freispruch mit juristischen Spitzfindigkeiten zu begründen. Er argumentierte, dass das Bronzepferd dem Bildhauer nie gehört habe, weil "es eine Übergabe nicht gegeben hat". Dem folgte der Richter nicht. "Der Angeklagte hat bewusst seine Kompetenzen überschritten", zumindest hätte er vorher beim Besitzer nachfragen müssen, sagte er und verurteilte ihn.

© SZ vom 14.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: