Fürstenfeldbruck:Bikerparks im Schutzgebiet

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Angesichts des Ansturms der Biker gehe die Natur in die Knie, sagt Hartwig Görtler. Dem Jagdpächter sind die illegalen Parcours in der Emmeringer Leite schon lange ein Dorn im Auge. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Nach schweren Unfällen lassen Waldbesitzer illegale Schanzen und Parcours auf der Emmeringer Leite einebnen. Der Jagdpächter hatte das Landratsamt bereits im Herbst zum Eingreifen aufgefordert

Von Peter Bierl, Fürstenfeldbruck

Die illegalen Mountainbike-Parcours im Bereich des Nikolausbergs bei Fürstenfeldbruck wurden laut Landratsamt nun beseitigt. Bei schweren Unfällen waren dort im April ein Biker ums Leben gekommen und ein zweiter schwer verletzt worden. Jäger und Forstleute kritisieren zudem, dass die Biker den Waldboden verdichten und Tiere aufscheuchen würden. Obendrein wurden illegal regelrechte Bikerparks angelegt. Dabei befindet sich das Areal der Emmeringer Leite in Privatbesitz und ist als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen.

Die Emmeringer Leite ist seit Jahren ein Paradies für Mountainbiker, die kreuz und quer durch den Wald fahren, die Hänge hinauf und hinab, beliebt sind die steilen Stellen. "Da geht es zu wie am Stachus", berichtete ein Grundeigentümer der SZ, der anonym bleiben will. Manchmal seien Hunderte unterwegs. Bei dem tödlichen Unfall stürzte ein 69-jähriger Mann aus Emmering mit einem Elektro-Bike auf abschüssiger Strecke und schlug mit dem Kopf auf. Am Ostersamstag blieb ein 60-Jähriger nach einem Sprung mit dem Vorderrad an einer Wurzel hängen. Er wurde schwer verletzt mit dem Hubschrauber abtransportiert, überlebte.

Weil die natürlichen Hindernisse manchen nicht genügen, haben Unbekannte Sprungschanzen und Rampen angelegt. Auf der gesamten Leite entstünden immer wieder regelrechte kleine Parks mit ganzen Systemen aus Schanzen, berichtet der Jagdpächter Hartwig Görtler. Der Brucker Oberbürgermeister Erich Raff (CSU) sagt, dass die Einbauten "schon geraume Zeit" existierten, aber Radler und Fußgänger jahrelang gut miteinander ausgekommen seien. Görtler hatte sich schon vor acht Jahren über eine solche Anlage auf Emmeringer Flur beim Landratsamt beschwert, worauf der Grundeigentümer die Hindernisse beseitigen musste.

Solche Bauten sind illegal und gefährlich, wie die beiden Unfälle zeigen, und die Mountainbiker zerstören die Natur. "Die Wege werden so stark verdichtet, das ist wie Beton", sagt Görtler. Außerdem werden Tiere aufgescheucht. Görtler berichtet, dass der Jagdverband in dem Schutzgebiet wieder Schnepfen, Rebhühner und Kiebitze ansiedeln konnte, dafür hätten sie einen Wildacker angelegt. Aber angesichts des Ansturms der Biker ginge "die Natur in die Knie", klagt er.

"Da wächst nichts mehr", bestätigt der Emmeringer Bürgermeister Michael Schanderl (FW), der die Einbauten ebenfalls rügt. Auf Emmeringer Flur befänden sich derzeit keine, allerdings führen etliche Trails quer durch den Wald. "Schon das Befahren der Waldfläche ist nicht erlaubt", betont Günter Biermayer, der Leiter des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Fürstenfeldbruck. Biker dürften lediglich auf vorhandenen Erschließungswegen fahren. Trotzdem würden immer wieder etwa "Rückegassen" genutzt, das sind Schneisen für Holztransporte. Aufgrund von Bewegungsmeldungen über Smartphones würden kleine Pfade nach einiger Zeit bei Google als Wege angezeigt, erzählt Görtler.

Nach Ansicht Biermayers sollten Waldbesitzer schon aus Eigeninteresse einschreiten, wegen der Schäden und weil Haftungsfragen auftreten können. Die scheinen nichts mitbekommen zu haben. Das Gelände sei zwischen hunderten von Besitzern aufgeteilt, manche Parzellen seien sehr klein, berichtet Görtler. Zu den Eigentümern gehören auch die Kirche und die Posthalterfamilie Weiß aus Bruck. "Die Besitzverhältnisse sind kompliziert, deshalb fühlte sich wohl keiner zuständig", sagt der Pressesprecher der Polizei. Die Kripo schließt ein Fremdverschulden aus. Ermittlungen wegen Unterlassung kämen nicht in Frage, weil die Unfallopfer freiwillig und bewusst auf gefährlichem Gelände unterwegs waren. Die Polizei geht davon aus, dass dort öfter jemand verunglückt, aber nicht so schwer. "Die Dunkelziffer der Verletzten dürfte hoch sein."

Für Naturschutz wiederum ist das Landratsamt zuständig. Görtler berichtet, er habe sich bereits Anfang September 2019 schriftlich an die Behörde gewandt, aber nicht mal eine Eingangsbestätigung bekommen. Erst am 24. Februar sei es zu einem Gespräch im Landratsamt gekommen. Dagegen sagt Simon Bausewein, der Pressesprecher des Landratsamtes, Görtler sei im Herbst telefonisch informiert worden, dass ein Ortstermin mit Grundeigentümern anberaumt sei.

Dieser habe im Januar stattgefunden und der Besitzer, auf dessen Fläche die Hindernisse lagen, sei aufgefordert worden, diese zu beseitigen. Der Abbruch habe sich aber verzögert, weil die beauftragte Firma mit der Beseitigung von Sturmschäden beschäftigt gewesen sei. Auf die Frage, warum nicht früher eingeschritten wurde, erklärte Bausewein, die Behörde verfüge nicht über genügend Personal, um proaktiv alle Schutzgebiete regelmäßig zu kontrollieren.

© SZ vom 02.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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