Fürstenfeldbruck:Bierstadt Fürstenfeldbruck

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Stadtführerin Babette Ball-Krückmann nimmt Interessierte mit zu historischen Plätzen, an denen in Fürstenfeldbruck einst Brauereien standen. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Ein besonderer kulturhistorischer Spaziergang führt die Teilnehmer durch die wechselhafte Geschichte des Brauwesens

Von Svenja König, Fürstenfeldbruck

Lange Zeit war Bier in Bayern ein Grundnahrungsmittel. Brauer waren deshalb oft reiche, einflussreiche Personen. Im Münchner Westen kann Bruck auf eine relativ lange Brauereigeschichte zurückblicken. Kurz nach der Gründung des Klosters 1263 richteten die Zisterzienser eine erste Brauerei ein. In Markt Bruck bekamen sie jedoch nie das Schankrecht. So konnten sich Privatbrauereien ansiedeln. Heute gibt es nur noch eine, alle anderen sind aus dem Stadtbild verschwunden. Doch Spuren von ihnen finden sich überall. Geschichtsinteressierte Feinschmecker bekommen in dem vom Team "Kreativer Leben" organisierten kulinarischen Stadtrundgang "Bruck und das Bier" Einblick in die enge Verbindung der Stadt zum Bier und seine Brauereien.

Bei einem Limetten-Pils-Spritz werden die Teilnehmer von der Stadtführerin Babette Ball-Krückmann auf der sonnigen Dachterrasse des Restaurant "Vierwasser" begrüßt. Die Kunsthistorikern erzählt über die Ursprünge des 1516 erlassenen Reinheitsgebots. Auch wenn Bier im Gegensatz zu Wasser hinsichtlich der Keimfreiheit gesünder war, so gab es auch viele gepanschte Getränke. Deshalb und auch um der Getreideknappheit entgegenzuwirkenden wurde die Bierproduktion auf drei Inhaltsstoffe beschränkt: Gerste, Hopfen und Wasser. Da jedoch lange Zeit niemand wusste, woher der Alkohol kam, war Bier im Grunde ein Zufallsprodukt.

Zum Glück ist das heute nicht mehr so und die acht Teilnehmer können ohne Bedenken ein kühles Pils zur Vorspeise trinken. Während einer deftigen Brezensuppe wird lebhaft über die Zukunft des bayerischen Biers in Abgrenzung zu Exportprodukten diskutiert. Auch in Markt Bruck wurde 1599 eine Bierverordnung erlassen, klärt Ball-Krückmann auf. Demnach sollten Brauereien nicht so viel Bier exportieren, um der Bierknappheit im Ort entgegenzuwirken. Bruck war ein idealer Standort für den Ausschank. Die heutige Kreisstadt gäbe es nicht ohne die Bruck (Brücke) und seinen Durchgangsverkehr. Hinzu kam eine Zollstation, die Reisende dazu zwang, eine Pause einzulegen.

In Markt Bruck gab es neben einigen kleineren, drei Großbrauereien. Um 1600 lassen sich insgesamt sechs Brauereien nachweisen, die anschließend nach und nach fusionierten, berichtet die Stadtführerin. Fünf bis zehn Beschäftigte zählten die größeren Brauereien. Auf dem alten Friedhof zeigt Ball-Krückmann Grabsteine wichtiger Brauereifamilien. Schaufel, Sieb und Schöpfkelle auf einer Tafel der Familie Pruggmayr deuten deren Nähe zum Brauereiwesen an. Dort, wo heute das Sparkassengebäude steht, befand sich im 18. Jahrhundert die Pruggmayr-Brauerei. Nur ein Straßenschild erinnert an diese Zeit.

1833 verkaufte der letzte Erbe das Gebäude und Familie Gerbl wurde zum größten Brucker Brauer. Ihr Gebäudekomplex erstreckte sich von der heutigen Hauptstraße 1 bis hin zu 1a. 50 Jahre hielt sich die Gerbl-Brauerei. Um 1900 setzte jedoch das große "Brauereisterben" ein, berichtet die Stadthistorikerin. Die technischen Neuerungen konnten sich die im Verhältnis zu München kleinen Brucker Brauereien nicht leisten.

Zwischen all den ehemaligen Brauereigebäuden steht das aus dem Stadtbild nicht wegzudenkende Romantik-Hotel zur Post. So alt wie das Reinheitsgebot ist es noch nicht, dennoch kann das seit Generationen von der Familie Weiß geführte Gasthaus 2019 sein 400-jähriges Bestehen feiern. Im grünbewucherten Innenhof bekommen die Führungsteilnehmer nach dem geballten Geschichtswissen zum Hauptgang Schweinsbraten mit Kartoffel-Knödel und Kraut serviert. Nach dieser Stärkung muss die Gruppe nur einen Schritt vor die Tür machen und schon steht sie vor dem ehemaligen Bichler Bräu, das vom 16. bis ins 19. Jahrhundert ausgeschenkt hat. Heute werden hier Brillen verkauft. Anhand anderer Gebäude beschreibt Ball-Krückmann das frühere Stadtbild. Gleich neben dem Bichler Bräu befand sich die Jungbräu Brauerei, die 1900 von Marthabräu aufgekauft wurde.

Die letzte Nachfahrin Juli Mayr übernahm 1916 den Betrieb und führte ihn 44 Jahre lang. Nach ihrem Tod vermachte sie ihn der Kirche, der dann 1980 von der Königlich Bayerischen Bierbrauerei aus Kaltenberg aufgekauft wurde. An der Stelle des ehemaligen Sommerkellers des Marthabräu wird Bier gebraut und im Brauhaus Bruck ausgeschenkt. Hier kehrt die Gruppe nach ihrer vierstündigen Tour bei einem Glas Bierbrand ein.

© SZ vom 27.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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