Fürstenfeldbruck:Bewährungsstrafe für Kindesmissbrauch

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Schöffengericht spricht 53-jährigen Familienvater schuldig, sich vor vielen Jahren an seiner Tochter und Nichte vergangen zu haben. Der Angeklagte gestand, nachdem ihn immer mehr Zeugen belastet hatten

Von Ariane Lindenbach, Fürstenfeldbruck

Für den sexuellen Missbrauch seiner Tochter und seiner Nichte hat das Brucker Schöffengericht einen 53-Jährigen aus dem westlichen Landkreis am Dienstag zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Die Strafe wurde für vier Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Die Richter folgten mit ihrer Entscheidung den Anträgen der Nebenklägerinnen; die Staatsanwältin hatte zwei Jahre und sieben Monate Haft beantragt. Die Taten liegen bereits viele Jahre zurück, die Mädchen waren damals zwischen sechs und 14 Jahre alt.

Der Prozess war ursprünglich für vier Tage angesetzt. Schon am zweiten Prozesstag legte der Angeklagte ein Geständnis ab, nachdem die Zeugenaussagen die Vorwürfe bestätigt hatten. Am ersten Verhandlungstag hatte der 53-Jährige noch alles bestritten. Die Anklage legte ihm zur Last, seine Tochter sowie seine Nichte mehrfach im Intimbereich angefasst zu haben, teils auch unter der Kleidung. Die Anschuldigungen waren Anfang 2014 peu à peu zur Polizei gelangt. Auslöser war damals ein Ermittlungsverfahren gegen den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs an seiner Enkelin, der Tochter seines Sohnes. Dieses wurde allerdings eingestellt, da eine "Tatbegehung möglich, aber nicht hinreichend sicher nachweisbar ist", wie der Vorsitzende Richter Martin Ramsauer am ersten Prozesstag aus den Akten vorgelesen hatte.

Am Dienstag sagten unter anderem der Mann der Tochter und ihr Bruder, also der Sohn des Angeklagten, sowie der Vater der Nichte aus. Alle Zeugen untermauerten mit ihren Aussagen die Schilderungen der Geschädigten; deren Vernehmungen waren bereits auf Video gezeigt worden. Neben den angeklagten Vorfällen schilderte beispielsweise der Sohn noch eine weitere Begebenheit, als sein Vater bei einer Weihnachtsfeier innerhalb der Familie einer Cousine, damals knapp 18 Jahre alt, an den Busen gefasst hatte. Generell meinte der 30-Jährige, "dass mein Vater sexuell nicht ganz normal ist".

Sein Onkel, der Vater der Nichte des Angeklagten, berichtete neben den Erzählungen seiner missbrauchten, älteren Tochter noch von weiteren Vorfällen: So hatte er seinen Schwager einmal dabei erwischt, als der seinen Schritt direkt an den Hinterkopf seiner jüngeren Tochter, damals etwa elf, drückte, als die sich die Schuhe anzog. Und ein anderes Mal, Jahre davor als noch keine Kinder da waren, hatte er den Angeklagten dabei erwischt, wie er unter dem Tisch seiner Frau mit den Füßen unter den Rock wollte. Dieses Erlebnis - und noch einige mehr, die vom Ablauf her auch denen seiner Tochter mit dem Angeklagten ähnelten - hatte seine Frau bereits am ersten Verhandlungstag geschildert.

Angesichts dieser immer erdrückender werdenden Beweise regte der Verteidiger ein Rechtsgespräch der Prozessbeteiligten hinter verschlossenen Türen an. Nach etwa einer Stunde erklärte der Vorsitzende, die Staatsanwältin lehne eine Bewährungsstrafe im Fall eines Geständnisses ab. Die beiden Nebenklägerinnen allerdings, die Tochter und Nichte vertraten, seien damit einverstanden. Sie legten mehr Wert darauf, dass der Angeklagte eine Therapie macht und ein Geständnis ablegt. "Meiner Mandantin ist ausschließlich daran gelegen, dass sie die Wahrheit gesagt hatte", unterstrich die Anwältin der Tochter.

"Hohes Gericht", begann der Anklagte mit gefalteten Händen, als aus der letzten Reihe laut "du Drecksau" geschrien wurde. Der Sohn des Angeklagten war aufgesprungen, wollte sich auf seinen Vater stürzen und wurde nur mit Mühe von den Verwandten festgehalten bis der Wachdienst eintraf, ihn aus dem Saal führte und die Verhandlung fortgesetzt werden konnte.

Inhaltlich schlossen sich die Anwälte dem Plädoyer der Staatsanwältin an. Die hatte die Schilderungen als sehr glaubhaft bewertet. Das Geständnis habe der Angeklagte "relativ spät" in dem seit 2014 laufenden Verfahren abgelegt, rügte sie. Bei der Strafzumessung folgten die Richter der Nebenklage. Als Auflage verhängten sie unter anderem eine ambulante Therapie, einen Bewährungshelfer und 5000 Euro an gemeinnützige Organisationen.

© SZ vom 20.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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