Fürstenfeldbruck:Bevor der letzte Vorhang fällt

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Im Gegensatz zu anderen Bühnen muss sich die Theatergruppe Emmering keine Sorgen machen: Sie setzt auf aktive Jugendarbeit. (Foto: Johannes Simon)

Zahlreiche Laientheater im Landkreis kämpfen um ihre Existenz. Einige wenige machen vor, wie das Genre überleben kann

Von Florian Haamann, Fürstenfeldbruck

Der Zustand der Laientheater und Bauernbühnen im Landkreis ist teils kritisch, aber nicht hoffnungslos. Zwar gibt es einige Vereine die aufgrund von Nachwuchssorgen Aufführungen ausfallen lassen müssen oder Aussetzen, genauso gibt es aber auch Bühnen, die durch eine konsequente und gute Jugendarbeit bestens dastehen. Aber auch Theater, die aktuell nicht um ihre bloße Existenz kämpfen müssen, haben Probleme damit, ausreichend Schauspieler zu finden, um für größere Stück gut aufgestellt zu sein. Dabei fehlen junge Darsteller genauso wie ältere. Und nicht nur auf der Bühne, auch hinter der Bühne ist die Personaldecke häufig dünn. Wie populär die Laienbühnen dennoch sind, verrät ein Blick auf die Homepage des Verbands Bayerischer Amateurtheater: Im Landkreis gibt es noch 21 Laien- und Bauerntheater.

Die Bauernbühne Unterpfaffenhofen musste in diesem Jahr ihre für Oktober angesetzten Vorstellungen in der Stadthalle Germering absagen. Als Grund nennt der Vorsitzende Herbert Sedlmeier berufs- und krankheitsbedingte Ausfälle. "Wir hatten einfach nicht mehr genug Schauspieler, um die Rollen zu besetzen. Ich habe auch bei ein paar anderen Bühnen nach Leihschauspielern gefragt, aber die haben selbst Männermangel und müssen ihre eigenen Stücke besetzen. Wir stehen mit dem Thema also nicht alleine da." Einer der Gründe für das Problem sei, dass die Leute, die den Verein vor über 20 Jahren gegründet haben, ihn bis heute tragen. "Die werden natürlich auch immer älter und können oder wollen irgendwann die großen Rollen nicht mehr spielen". Ein bis zwei zusätzliche Darsteller pro Altersklasse wünscht sich Sedlmeier, woher sie kommen sollen, weiß er nicht. Gleiches gilt für Helfer hinter der Bühne, etwa beim Kulissenbau. "Wir versuchen es über die Öffentlichkeit und hoffen darauf, dass es sich herumspricht." Was passiert, wenn sich nicht bald neue Mitglieder finden? "Wenn wir das Problem nicht lösen können, werden wir uns irgendwann die Frage stellen müssen, ob es noch sinnvoll ist, weiterzumachen", sagt Sedlmeier. Ähnlich wie den Unterpfaffenhofenern geht es auch der Volksbühne Olching. Dort sucht man über die Homepage nach "jungem Blut zwischen 18 und 20".

Bei der Gröbenzeller Heimatbühne hat man sich schon nach der vergangenen Saison darauf geeignet, 2015 eine Pause zu machen. "Viele unserer Mitglieder haben nach acht bis zehn Jahren am Stück gesagt, dass sie einfach eine Pause brauchen", erklärt Max Hartmann, Pressesprecher der Bühne. Der 24-Jährige ist das jüngste Mitglied, der Durchschnitt liegt zwischen 40 und 60 Jahren. Erst im Mai haben sich drei neue Mitglieder gemeldet, Probleme mit der Menge an Darstellern gibt es nicht. "Nur an der Jugend mangelt es eben. Ich habe quasi die Rolle als junger Liebhaber abonniert, denn der ist immer gefragt in Heimatstücken", sagt Hartmann. Er selbst hat das Theater durch zwei Pädagogen kennengelernt, mit denen er in der Schule zusammengearbeitet hat. "Ich habe mir das einfach angeschaut und bin geblieben."

Er glaubt, dass seine Altersgenossen durch die vielen Verpflichtungen, die so ein Engagement mit sich bringt, abgeschreckt werden: Texte lernen, mindestens einmal die Woche proben, Aufbauen, Abbauen, die Aufführungstermine, die Zusammenarbeit mit anderen Generationen. Und natürlich vor hundert oder gar Hunderten von Menschen auf der Bühne zu stehen. Dazu kommt, dass die meisten Laientheater bayerische Stücke in bairischer Mundart spielen. "Ich glaube einfach, dass das Alte, Heimatliche die junge Leute nicht so sehr reizt. Denen gefallen eher zeitgenössische Ansätze, etwas wenn der Faust aufgebrochen und modernisiert wird." Das sehe man etwa bei der Neuen Bühne Bruck, die kaum Heimatstücke spielt und die durch ihre Verbindung zum Graf-Rasso-Gymnasium immer genug Nachwuchs hat.

Max Pförtsch vom Theaterverein Schöngeising hält die massive zeitliche Belastung für das größte Problem bei der Nachwuchsfindung. Er kann zahlreiche Beispiele aus dem eigenen Verein nennen, bei denen Interessenten sich aus Termingründen zurückgezogen haben. "Wir hatten im letzten Jahr zwei junge Schauspielerinnen, 19 und 20 Jahre alt. Beide spielen in diesem Jahr nicht mehr mit. Eine bleibt uns immerhin als Schminkdame erhalten, die andere hat einen Beruf gefunden, bei dem sie Schicht arbeiten muss, regelmäßige Probenbesuche sind deswegen nicht möglich", erzählt Pförtsch. In einem anderen Fall habe ein Schauspieler absagen müssen, weil seine Freundin nicht wollte, dass er drei Abende pro Woche bei Proben verbringt.

Eine Bühne, die über Nachwuchssorgen nur Lachen kann, ist die Theatergruppe Emmering. Dort hat man bereits seit vielen Jahren eine Nachwuchsgruppe für Kinder und Jugendliche zwischen 7 und 15 Jahren. "Vor Weihnachten spielt die Gruppe immer kleine Adventsstücke. Die Kinder sind absolut begeistert davon", sagt Gerda Seethalter. Die Nachfrage sei sogar so groß, dass es eine Warteliste gibt. Auch der Übergang zu den Erwachsenen funktioniere, mehrere Mitglieder der "Springinkerl", wie die Gruppe heißt, seien mittlerweile Teil des "großen" Ensembles. Den Erfolg führt Seethalter auch auf das Engagement der Jugendleiterin zurück. "Sie behandelt die Kinder wie richtige Schauspieler und die merken natürlich, wenn man sie ernst nimmt. Deswegen bleiben sie dabei". Mittlerweile achte man bei der Stückauswahl extra darauf, dass von jung bis alt genug Rollen vorhanden sind. "Aktuell proben wir unser Jubiläumsstück, das wir im November aufführen, und wir haben Schauspieler aus drei Generationen auf der Bühne", sagt Seethalter. Dass Nachwuchsarbeit mit dem richtigen Engagement funktionieren kann, zeigt sich aber nicht nur in Alling. Auch Das Brucker Brettl und "D'Henaberger Bühne" in Althegnenberg haben jeweils eine eigenen Jugendgruppe.

Dass ein gutes Klima innerhalb des Vereins entscheidend ist, betont Walter Lang von der Laienbühne Sankt Max in Gröbenzell. Mit 90 Mitgliedern sei das Theater so groß wie nie zuvor. "Damit man sich nicht nur in den sechs Wochen Probenzeit sieht, veranstalten wir regelmäßig Ausflüge und Feste. Ob ein Verein funktioniert und Nachwuchs findet, hängt meiner Meinung nach vom Menschlichen innerhalb des Vereins ab." Aber Sankt Max hat noch einen anderen Vorteil: Die Bühne gehört zur Pfarrei Sankt Johann Baptist. "Die Kinder kommen mit ihren Eltern in die Kirche und wachsen so in die Gemeinde hinein, davon profitieren wir in unserer Jugendarbeit natürlich auch", sagt Lang.

"Theater verbindet. Es ist nicht altmodisch. Wenn man es pflegt, dann lebt es. Es ist attraktiv für alt und jung", schreibt Lang in seinem Vorwort der Festschrift zum 30-jährigen Bestehen der Bühne. Dass aktive Leben in seinem Verein zeige, dass es auch in Zeiten von Facebook möglich ist, Menschen mit klassischen Aktivitäten zu erreichen. Dass er damit recht hat, zeigen die positiven Entwicklungen einiger Vereine. Laientheater ist nicht überholt, es muss sich in Zeiten zahlreicher alternativer Beschäftigungsmöglichkeiten nur aktiv um den potenziellen Nachwuchs bemühen.

© SZ vom 25.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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