Fürstenfeldbruck:Besondere Betreuung

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Arbeitsmarktprobleme erörtern Claudia Baubkus vom Jobcenter, Abgeordneter Herbert Kränzlein und Hans-Jürgen Lohe, Bundesagentur für Arbeit. (Foto: Johannes Simon)

Arbeitsagentur und Jobcenter wollen neues Anreizsystem für Arbeitslose schaffen und erfolgreiche Projekte fortsetzen

Von Erich C. Setzwein, Fürstenfeldbruck

Arbeitslosigkeit ist längst kein Problem mehr von Randgruppen. "Es ist der Schnitt der Gesellschaft, den wir betreuen", sagt Claudia Baubkus, die Geschäftsführerin des Jobcenters Fürstenfeldbruck. Sie und der Geschäftsstellenleiter der Agentur für Arbeit in Bruck, Hans-Jürgen Lohe, hatten den Eichenauer SPD-Landtagsabgeordneten Herbert Kränzlein zu Gast, um zum einen dessen Fragen zu beantworten und zum anderen über arbeitsmarktpolitische Maßnahmen und den Alltag in ihrer Behörde zu sprechen. Wie Kränzlein nach seinem Besuch der örtlichen Presse erzählte, habe er erfahren, dass sowohl die Bezieher von Arbeitslosengeld als auch die, die Leistungen nach Hartz IV erhalten, in besonderen Projekten intensive Betreuung erfahren würden.

"In Bruck wird viel Gutes gemacht", lautet das Urteil Kränzleins nach seinem Besuch. Es würden neue Modelle ausprobiert, von denen "man durchaus Erfolge erwarten kann", wie Kränzlein es zusammenfasste. Freilich gebe es "allgemeine Vorwürfe", wie etwa ungerechtfertigte Streichungen oder schikanöse Leistungseinschränkungen". Diese Vorwürfe hätten sich aber nicht bestätigt.

Die Arbeitsvermittler gaben Herbert Kränzlein aber auch einige Forderungen und Wünsche mit auf den Weg. Diese will Kränzlein über die Landes- auf die Bundesebene weitergeben. So ist etwa ein Förderprojekt für Langzeitarbeitslose ausgelaufen, das in Fürstenfeldbruck sehr gut angenommen wurde. Baubkus berichtete, dass sich zeitweise je ein Betreuer um einen Arbeitslosen kümmern und in eine dauerhafte Beschäftigung bringen konnte. "Das zahlt sich aus", sagte Baubkus. Für 106 Menschen, die zum Teil länger als zehn Jahre ohne Beschäftigung gewesen seien, habe man Stellen finden können. Und zwar dauerhaft, wie sie betont.

Möglich gewesen ist dies auch, weil im Landkreis rein rechnerisch Vollbeschäftigung herrscht und die Zahl der Arbeitslosen deutlich zurückgegangen ist. Die Betreuer können sich laut Hans-Jürgen Lohe intensiver um die verbliebenen Arbeitslosen kümmern. Baubkus bestätigt das für das Jobcenter. Doch bemängelt sie auch, dass Arbeitsmarktinstrumente, die bei ihrer Einführung vor vielen Jahren gut funktioniert hätten, heute nicht mehr greifen und deshalb angepasst werden müssten.

Da die Anforderungen des Arbeitsmarktes wachsen, sollte laut Lohe der Qualifizierung von Arbeitslosen mehr Wert beigemessen werden. Dafür sollten die Anreize geändert werden. Ein Arbeitsloser, der eine Familie unterhalte, greife derzeit lieber zu einem unqualifizierten Job, der ihm mehr Geld bringe als das Arbeitslosengeld, als sich in Schulungen und Programmen für einen besseren auszubilden. Es sollten deshalb finanzielle Anreize für diejenigen Arbeitslosen geschaffen werden, die bereit für eine Qualifizierung, sagte Lohe.

Da sei die Politik gefordert, sagte Kränzlein verständnisvoll. Der Landtagsabgeordnete unterstrich nach seinem Gespräch mit dem Vertretern der Arbeitsvermittlung die besondere Situation in der Region München. Viele Menschen in einem Arbeitsverhältnis könnten mit ihrem Gehalt allein nicht mehr ihren Lebensunterhalt bestreiten. Damit werden sie zu Kunden des Jobcenters, von dem sie finanzielle Unterstützung bekommen. Die Zahl derer, die darauf angewiesen sind, um zum Beispiel ihre Miete bezahlen zu könne, steige.

Ein besonderes Augenmerk richtete die Jobcenter-Chefin auf die Flüchtlinge. Baubkus kritisierte, dass für alle Flüchtlinge "von dem Siebenjährigen bis zur 70-jährigen Oma" Deutschkurse Pflicht seien. Dabei seien vielmehr individuelle Angebote wichtig. Baubkus hält es auch für wichtig, dass den Arbeitgebern eine Sicherheit bei der Beschäftigung von Flüchtlingen gegeben werde. Dass sich die Politik darüber schon Gedanken gemacht hat, belegte Kränzlein mit dem in den Sondierungsgesprächen von CDU und SPD formulierten "Fachkräftezuwanderungsgesetz".

Das, findet Kränzlein, komme einem Einwanderungsgesetz gleich. Damit solle die Zuwanderung von qualifizierten Arbeitskräften auf den deutschen Arbeitsmarkt geregelt werden. Derzeit, so Baubkus, könnten Flüchtlinge mit einer geringen Bleibeperspektive kaum vermittelt werden.

© SZ vom 31.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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