Fürstenfeldbruck:Bedrohung aus den sozialen Medien

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Expertin Sabine Kögel-Popp erklärt den Eltern unter anderem, welche unterschiedlichen Funktionen das Smartphone im Alltag von Kindern und Jugendlichen übernimmt und macht Vorschläge, wie die Nutzung sinnvoll reguliert werden kann. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Sabine Kögel-Popp spricht am Elternabend des Graf-Rasso-Gymnasiums über das Thema Cyber-Mobbing.

Von Zoe Englmaier, Fürstenfeldbruck

Durch die wachsende Beliebtheit sozialer Netzwerke ist in den vergangen Jahren eine neue Form des Mobbings entstanden: Das Cybermobbing. Im Internet können Täter zeit- und ortsunabhängig in das Privatleben ihrer Opfers eingreifen und dabei anonym bleiben. Zudem sind die Hemmschwellen geringer, wenn der persönliche Kontakt fehlt. "Wir haben kaum noch einen geschützten Rückzugsort, da die Medien überall sind", erklärt Sabine Kögel-Popp vom Referentennetzwerk Bayern der Stiftung Medienpädagogik bei einem Elternabend des Graf-Rasso-Gymnasiums. Dort findet zusammen mit dem Familienstützpunkt der Brucker Elternschule einen Infoabend zum Thema Cybermobbing statt.

Gerade Kinder zwischen 10 und 14 Jahren seien gefährdet, Täter oder Opfer zu werden, da sie noch keine ausreichende Medienkompetenz erlernt haben. Aber "ohne Medien gibt es kein Aufwachsen mehr", erklärt Kögel-Popp den etwa 45 anwesenden Eltern. Laut der "JIM-Studie" des Medienpädagogischen Forschungsverbunds Südwest besitzen 97 Prozent aller Kinder und Jugendlichen zwischen 12 und 19 Jahren ein eigenes Smartphone. "Kinder nutzen Medien zur Entspannung und Unterhaltung", sagt die Referentin. Dies liege vor allem am schulischen Leistungsdruck, für den die Kinder einen Ausgleich benötigten. Zusätzlich gehe es auch um Kommunikation und Orientierung an Vorbildern. Als Beispiel nennt sie die bei Jugendlichen beliebter Youtuber "Die Lochis". Dabei sind die Sozialen Medien Youtube, Whatsapp, Instagram und Snapchat führend als Plattformen der Selbstdarstellung - und genau dort liegt die Gefahr.

Die Machtdemonstration, Steigerung des Selbstwertgefühls und der Wunsch nach Anerkennung sind laut Kögel-Popp Gründe und Auslöser für Cybermobbing. Auch die Absicherung der Gruppenzugehörigkeit, verbunden mit Viktimisierungsängsten, kann zu einem unsozialem Verhalten führen. Gelegentlich kann auch ein ehemaliges Opfer zum Täter werden und es nicht bemerken. Beim Cybermobbing gibt es verschiedene Ausprägungen, von direkter Bedrohung und Belästigung bis hin zu Identitätsdiebstahl und der Preisgabe privater Daten im Namen eines anderen. Oftmals bemerkten die Täter dabei gar nicht, dass sie sich strafbar machen. Zum Beispiel verletzen sie das Recht am eigenen Bild, wenn sie Fotografien verschicken, ohne die Abgebildeten vorher nach ihrer Einwilligung gefragt zu haben. Aber auch Beleidigungen können laut Paragraf 185 im Strafgesetzbuch zu einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren führen.

In einem Video von "Klicksafe.de", das auf einer Leinwand gezeigt wird, erzählt die 13-jährige Elisabeth von ihren Mobbingerfahrungen. Wer Opfer nicht verteidige, mache unbewusst mit. So können auch Außenstehende schuldig werden, findet sie. Von einem geringen Selbstwertgefühl über psychische Erkrankungen, etwa einer geringeren Motivation bis hin zu Depressionen mit Suizidgedanken - die Folgen sind oftmals gravierend. "Es kann wirklich jeden treffen, denn es gibt kein typisches Cybermobbing-Opfer", betont Kögel-Popp.

Die Lösung sieht sie in offenen Dialogen zwischen Kindern und Eltern. "Wir müssen gemeinsam mit dem Kind nach Lösungen suchen, damit es sich nicht verschließt." Zudem sollte ein positives Schulklima gegeben sein, damit sich die Betroffenen freiwillig an Erwachsene, wie Schulpädagogen und -psychologen, wenden. Dafür sei eine Sensibilisierung sowohl bei Kindern als auch bei Lehrern und Eltern notwendig. Besonders die Mediennutzung sollte bewusst und selbstbestimmt sein, vor allem bei der Veröffentlichung von Privatem im Internet. Zusätzlich gelte es, alles kritisch zu reflektieren, zum Beispiel Freundschaftsanfragen. "Kenne ich die Person? Muss ich mit ihr befreundet sein? Benötige ich so viele Freunde, um cool zu sein?" Auch die aktive Gestaltung zum Beispiel von Videoclips, schaffe Medienkompetenz. Denn wer etwas selbst macht, lernt bekanntlich am meisten daraus.

Auch die Eltern sollten ihre Mediengewohnheiten überprüfen und sich bewusst machen, dass sie eine Vorbildfunktionen haben. Helfen können auch "Medienregeln", die gemeinsam vereinbart werden und auf beiden Seiten einzuhalten sind. Der Umgang muss thematisiert werden und es sollte klare Grenzen geben. Wichtig sei außerdem, dass Medien weder als Belohnung noch als Strafe eingesetzt werden. So wird klar: "Die Vermittlung von Medienkompetenz ist zuallererst Familiensache."

Hilfe für Jugendliche unter www.juuuport.de oder in der kostenlosen "Cybermobbing Erste-Hilfe-App" von "klicksafe.de".

© SZ vom 16.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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