Fürstenfeldbruck:Bauamtschef widerspricht OB

Lesezeit: 2 min

Bruck kann Sozialwohnungen wohl doch in Eigenregie bauen

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Dass Martin Kornacher, Leiter des städtischen Bauamts, und OB Erich Raff (CSU) nicht immer auf der gleichen Wellenlänge liegen, ist kein Geheimnis. Kornacher gilt gleichwohl als ausgewiesener Experte - zwar zurückhaltend, aber mit dezidierter Meinung. Am Dienstag im Stadtrat reicht ihm ein kurzer, ruhig vorgebrachter Einwand, um eine Bombe platzen zu lassen. Credo: Die Stadt kann die Am Sulzbogen geplanten Sozialwohnungen im Gegensatz zu Einschätzungen des OB sehr wohl selbst errichten. Als Reaktion darauf ändert die BBV ihre Meinung. Das städtische Grundstück wird nun doch nicht in Erbpacht vergeben, die darauf geplanten 18 Sozialwohnungen werden in Eigenregie errichtet.

Der SPD-Ortsverein spricht am Mittwoch auf seiner Homepage von "Lüge als Geschäftsprinzip", sieht sich in der Meinung bestätigt, dass Raff und die Stadtverwaltung eher gegeneinander als miteinander arbeiten und mutmaßt, dass Raff möglicherweise bewusst die Unwahrheit gesagt hat, um seine Ziele durchzusetzen oder sich Arbeit vom Hals zu schaffen.

Vor gut zwei Wochen hatte die Kämmerei eine Berechnung vorgelegt, die nahelegt, dass es deutlich günstiger wäre, das Grundstück in Erbpacht an einen Investor zu vergeben, der darauf die Sozialwohnungen errichtet. Das schien schlüssig, zumal Raff bereits eingeräumt hatte, die überlastete Bauverwaltung schaffe die Planung selbst gar nicht. Damit widersprach er dem Stadtbaurat, der sich vor drei Monaten optimistisch gezeigt hatte, die Bauabteilung könne diese Zusatzaufgabe schultern.

Eine externe Vergabe erscheint also kostengünstiger und schneller machbar. Deshalb ist am Dienstag absehbar, dass eine Stadtratsmehrheit dem Erbpacht-Modell folgen will. Daran scheint auch der Einwand von Finanzreferent Walter Schwarz (SPD) nichts zu ändern, der in eigenen Berechnungen zum Ergebnis kommt, ein Bau in Eigenregie sei langfristig deutlich günstiger für die Stadt und lasse dieser auch noch freie Hand bei der Belegung. Mehrere Politiker nutzen die Gelegenheit, Raff die Verantwortung dafür zuzuweisen, dass beim Projekt Sulzbogen jahrelang nichts vorangegangen sei und man nun wegen des großen Zeitdrucks wohl oder übel die Sache einem Investor überlassen müsse. Alexa Zierl (Die Partei/Bruck mit Zukunft) spricht von einem "Debakel auf Raten", Tommy Beer (BBV) fühlt sich "veräppelt", Herwig Bahner (FDP) konstatiert, die Stadt habe beim Wohnungsbau "in den letzten Jahren zu wenig bewegt", Christian Stangl (Grüne) klagt über die "geringe Entschlusskraft" an der Stadtspitze und darüber, dass "fünf Jahre nichts passiert" sei. Franz Neuhierl (Freie Wähler) bezweifelt zudem die Kalkulation der Kämmerei - in den meisten Berechnungsvarianten würde die Stadt dieser zufolge mit dem 5,2-Millionen-Projekt nie aus den roten Zahlen kommen.

Eine Stunde lang hat sich Stadtbaurat Kornacher geduldig die Debatte angehört. Dann fragt ihn Mirko Pötzsch (SPD), warum er seine Meinung, die Stadt könne das ganze Bauprojekt zügig selbst schultern, vor ein paar Wochen widerrufen habe - so jedenfalls war die damalige Aussage Raffs interpretiert worden. Kornacher widerspricht dieser Auffassung ebenso ruhig wie nachdrücklich. Er habe nichts zurückgezogen. Ergo: Die Stadt könnte die Sozialwohnungen sehr wohl selbst planen. Möglicher Baubeginn: bereits kommendes Jahr. Raff wirkt angesichts dieses Widerspruchs sichtlich bestürzt. Im Finanzausschuss vom 4. Juni - in der Kornacher nicht anwesend war - habe man doch "eine andere Auskunft" von der Verwaltung erhalten.

Im Lichte der neuen Sachlage entscheidet sich die BBV um und ebnet den Weg für einen Beschluss pro Bau in Eigenregie, der mit 20 gegen 15 Stimmen gefasst wird. Die CSU bleibt bei ihrem Votum fürs Erbpachtmodell. Denn die Kosten seien wichtiger als der Zeitfaktor und man hege Zweifel an der Rentierlichkeit des Projekts, so Fraktionschef Andreas Lohde.

Buchstäblich schockiert äußern sich Vertreter von BBV und SPD über den sichtbar gewordenen Widerspruch zwischen den Aussagen Raffs und des Bauamtsleiters. Er sei 18 Jahre im Stadtrat, sagt Tommy Beer - "und mir reicht's jetzt". Ulrich Schmetz (SPD) sinniert, ob man diese Sache nicht mal von der Kommunalaufsicht prüfen lassen sollte.

© SZ vom 28.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: